Bozen/Helsinki – Es war im Jahr 2017, als der Meraner Simon Sparber das Start-up Angles90 gründete. Ein Jahr später begannen er und sein Team mit dem Verkauf der dynamischen Trainingsgriffe (ein Porträt des Start-ups ein Jahr nach der Gründung gibt es hier). Mit Erfolg, wie es aussieht: Mehr als 150.000 Produkte wurden seit der Gründung den Angaben von Angles90 zufolge verkauft, mehr als 85.000 Kundinnen und Kunden bedient.
Im August vergangenen Jahres, als sich die SWZ unter Start-ups, die vor vier Jahren in der Zeitung vorgestellt wurden, umhörte, wie es ihnen nach den ersten Jahren geht, sagte Sparber: „Ich bin überzeugt, dass es unser Start-up noch lange geben wird – ob unter unserer Leitung oder unter der Führung eines anderen Unternehmens, bedingt durch einen vielleicht bald anstehenden Exit, das wird sich zeigen. Jedenfalls liegen konkrete Angebote vor.“
Nun ist es soweit: Angles90 wurde von eBrands Global, einem finnischen Brand-Aggregator mit Sitz in Helsinki gekauft. Die SWZ hat mit Simon Sparber gesprochen.
SWZ: Herr Sparber, zunächst Gratulation zum Verkauf Ihres Start-ups. Sie haben erst gestern den Deal abgeschlossen. Wie geht es Ihnen heute, so kurz nach dem Exit?
Simon Sparber: Der Deal hat sich sehr in die Länge gezogen, wir haben ursprünglich nicht erwartet, dass er so lange dauert. Ich habe es deshalb noch nicht ganz realisiert, dass das nun abgeschlossen ist. Gestern haben wir aber ordentlich gefeiert.
Warum dauerte die Verhandlung länger als geplant?
Wir hatten geplant, das Ganze in sechs Wochen abzuschließen, gedauert hat es am Ende fünf Monate. Ausschlaggebend bei der Verhandlungszeitspanne ist immer, wie gut eine Firma während der Verhandlungen läuft. Wenn sie schlecht gelaufen wäre, hätten wir versucht, schneller zu verkaufen. Weil sie aber sehr gut lief, haben wir uns Zeit gelassen. Man kann einen Deal optimieren, indem man ihn schnell abschließt oder indem man einen besseren Preis zu verhandeln versucht.
Verraten Sie die Verkaufssumme?
Nein, die verrate ich nicht öffentlich. Ich verrate aber gerne, wie die Summe zustande kommt: Man nimmt den EBITDA der letzten zwölf Monate und multipliziert ihn mit sechs. Ich bin sehr zufrieden damit.
Wie fühlt es sich für Sie an, etwas, an dem Sie jahrelang gearbeitet haben, nun in die Hände eines anderen Unternehmens zu geben?
Die Situation ist sehr emotional, wobei ich sagen muss, dass ich die Emotionen während der Verhandlung zurückgehalten habe. Da war die Wachsamkeit vorrangig, um einen bestmöglichen Deal zu erreichen. Aber ein Start-up ist nicht nur eine Arbeit, sondern viel mehr. Diese Zeit hat mich sehr geprägt, auch in persönlicher Hinsicht.
War der Exit von Anfang an Ihr Ziel?
Nein, im Gegenteil. Ein Exit stand in den ersten vier Jahren gar nicht im Raum. Aus Sicht meiner persönlichen, intrinsischen Motivation hätte ich diesen Job noch mein ganzes Leben lang gemacht. Die Kombination aus Unternehmertum, E-Commerce und Fitness ist genau die richtige für mich. Aber aus finanzieller Sicht muss man irgendwann rational sein und die eigenen Grenzen einsehen. Wir haben gesehen, dass wir nicht viel weiterkommen als dorthin, wo wir gerade sind. Wir waren bei 1,3 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und haben bemerkt, dass wir mit unseren überschaubaren Ressourcen nicht schnell genug wachsen. Wir haben deshalb eingesehen, dass es besser ist, wenn wir das Start-up an jemanden übergeben, der damit mehr Erfolg haben kann.
Welche waren rückblickend Ihre größten Erfolge, die Sie mit Angles90 hatten?
Sicher die Produkterfindung an sich. Wir haben damit einen neuen Markt geöffnet und haben es geschafft, ein Problem zu lösen. Wir wissen aber bis heute nicht, was unseren Erfolg ausgemacht hat. Waren es zu 80 Prozent das Produkt und zu 20 Prozent das Team? Oder umgekehrt? Das wissen wir nicht.
Werden Sie künftig noch in irgendeiner Weise für Angles90 arbeiten?
Nun gibt es eine zweimonatige Transitionsphase, in der wir Gründer dem neuen Team die Prozesse des Unternehmens zeigen. Anschließend werden wir uns zurückziehen, aber nicht ganz. Denn zehn Prozent der Dealsumme sind variabel. Diese sind an den Umsatz der nächsten zwölf Monate gekoppelt. Wir sind also nicht mehr verpflichtet mitzuarbeiten, aber dadurch, dass diese zehn Prozent noch offen sind, werden wir schon noch für Angles90 tätig sein. Aber das ist so üblich.
Was kommt nach Angles90?
Diese Frage höre ich oft. Zunächst will ich im Jetzt ankommen, bevor ich ans Danach denke. Mein Plan ist es jetzt, keinen Plan zu haben. Wie alle Unternehmer bin ich ehrgeizig und als ehrgeiziger Mensch findet man schnell ein neues Ziel. Ich habe keine Angst davor, kein neues Ziel zu finden. Ich darf nur nicht das falsche finden. Deshalb lasse ich mir noch etwas Zeit, bevor ich mich auf die Suche nach etwas Neuem begebe.