Brixen – Das Handwerk liegt Jasmin Fischnaller am Herzen. Sechs Jahre lang war sie Obfrau der Junghandwerker im Landesverband der Handwerker lvh, heute sitzt sie im Vorstand des lvh und begleitet als offizielle Delegierte von Euroskills für das Team Italy Junghandwerkerinnen und -handwerker zu Berufswettbewerben in ganz Europa. „Das Handwerk ist ein schöner Beruf, der häufig unterschätzt wird“, findet die gelernte Tapeziererin und Raumausstatterin. Dabei führte sie ihr Lebensweg nicht direkt zum Handwerk.
Von der Uni zur Lehre
Nach dem Besuch der Handelsoberschule in Brixen begann Jasmin Fischnaller ein Wirtschaftsstudium an der Universität Verona. Zu einem Studium hatten ihr die Lehrpersonen an der Oberschule geraten: „Ich war gut in der Schule und lernte wirklich gerne“, erinnert sich die heutige Juniorchefin des Tapezierer- und Raumausstatterbetriebs Fischnaller in Brixen. Schon nach einem Semester an der Uni stellte Fischnaller fest, dass das Studium doch nichts für sie war. „Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas machen, etwas schaffen wollte.“ Also brach sie das Studium ab und kehrte nach Brixen zurück.
Davon waren nicht alle in ihrem Umfeld begeistert. Ihre Eltern seien überrascht gewesen, hätten ihre Entscheidung aber akzeptiert. „Ein Lehrer an der Oberschule war hingegen ganz und gar nicht von meiner Entscheidung begeistert, Handwerkerin zu werden. Das verstehe ich bis heute nicht“, sagt Fischnaller.
„Fähigkeiten in den Vordergrund rücken“
Die zunehmende Akademisierung, die auch sie zu spüren bekommen hat, sieht sie kritisch: „Die Jugendlichen und ihre Eltern sollten sich überlegen, wo die Talente, Interessen und Fähigkeiten der Kinder liegen und sich davon ausgehend für den Weg nach der Mittelschule entscheiden“, sagt die Handwerkerin. Dann werde auch das Handwerk wieder genügend Nachwuchs haben.
Die Generation Z, die in diesen und den kommenden Jahren Teil des Arbeitsmarktes wird, sei eine Chance für das Handwerk, meint Fischnaller: „Die Generation Z könnte wieder zum Handwerk zurückfinden.“ Ein naturverbundenes Leben sei dieser Generation wichtig. Diese Bedürfnisse könnten viele Handwerksberufe erfüllen, findet Fischnaller.
Was muss sich ändern?
Gleichzeitig weiß sie, dass sich das Nachwuchsproblem nicht von allein lösen wird, auch wenn es derzeit Besserung gebe, wie sie sagt. Was also muss sich ändern, damit sich wieder mehr junge Leute für einen Beruf im Handwerk entscheiden? Einerseits liege der Ball bei den Eltern und Kindern, andererseits aber auch bei der Schule. Die Frage nach den Kompetenzen der Jugendlichen müsse bei der Berufswahl stärker in den Vordergrund gerückt werden, zeigt sich Fischnaller überzeugt. „Denn Talente können der Motor für den Erfolg sein.“
Auch die Handwerksbetriebe müssen Fischnaller zufolge ihre Hausaufgaben erledigen, um attraktiv für den Nachwuchs zu sein. „Berufe im Handwerk zeichnen sich durch viele Wochenstunden aus. Das müssen wir in den kommenden Jahren angehen“, sagt sie. Andererseits seien Jobs im Handwerk attraktiver, als oft bekannt sei: „Im Handwerk gibt es Benefits wie Firmenwagen, -handys oder das bezahlte Mittagessen schon seit vielen Jahren. Nur werden sie nicht ausreichend beworben.“
Im Gespräch mit der SWZ geht es auch um das Familienunternehmen Fischnaller. Was tut die Juniorchefin, um Fachkräfte anzuwerben? Worauf achtet sie bei der Führung der Mitarbeitenden? Und wie steht sie zur Viertagewoche?
Das Gespräch kann hier nachgehört werden, ebenso über Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts. Neue Folgen gibt es jeden zweiten Mittwoch.
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