Bozen – Marc Zebisch, Leiter des „Center for Climate Research and Transformation“ von Eurac Research, kennt zahlreiche Studien zum Klimawandel und dessen Folgen. Trotzdem schockieren ihn die Meldungen über das schmelzende Eis in der Arktis, den Golfstrom, der zu kollabieren droht, und über ständig neue Temperaturrekorde immer wieder aufs Neue, wie er in der neuesten Folge des SWZ-Podcasts sagt: „Es war immer schon klar, dass Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels zunehmen. Aber die Ereignisse, die wir heute sehen, sind extremer als die Vorhersagen in den Szenarien.“ Es gehe heute nicht mehr darum, den Klimawandel in den Griff zu bekommen oder gar rückgängig zu machen. „Es geht um die Frage, ob wir die Folgen des Klimawandels noch managen können, oder ob das alles unkontrollierbar wird.“
Europa sollte dabei mit gutem Beispiel vorangehen, findet er. Das Argument, dass es global gesehen kaum Auswirkungen habe, wenn zwar Europa seine Hausaufgaben macht, der Rest der Welt aber nicht, lässt Zebisch nicht gelten. Warum, das erklärt er im Gespräch mit der SWZ.
Die Rolle der Unternehmen
Beim Meistern der Klimawende spielen Unternehmen eine wichtige Rolle, weiß der Klimaforscher. „Es geht jetzt darum, Dinge anders zu machen. Unternehmen sind darin geübt, Innovation zu betreiben.“ Für Betriebe hat Zebisch zwei Ratschläge: Sie sollten eine Klimarisikoanalyse durchführen und sich gegen die Risiken absichern, auch sollten sie ihre Emissionen analysieren. Das Ziel solle sein, klimaneutral zu werden. „Bei der Klimaneutralität setzen immer noch viele Unternehmen auf Zertifikate zur CO2-Kompensation. Dabei weiß man heute, dass diese in den meisten Fällen keine Wirkung haben“, unterstreicht Zebisch. Entweder sei das Versprechen, dass Bäume gepflanzt werden, eine Lüge, oder die Bäume würden zwar gesetzt, dann aber nicht gepflegt und die Wälder trocknen infolgedessen aus.
Jede:r kann etwas tun? Jein
Im Gespräch mit der SWZ geht es auch um die Frage, wie die Gesellschaft von der Dringlichkeit der Reduzierung der Treibhausgasemissionen überzeugt werden kann. „Wichtig ist, dass die Menschen ihren Handlungsspielraum wahrnehmen und nicht in Fatalismus verfallen“, findet Zebisch. Die Botschaft, jede:r könne etwas gegen den Klimawandel tun, findet er nicht ganz zielführend, denn das eigene Handeln fühle sich bald einmal wirkungslos an. „Entscheidend ist, dass die Leute in kleinen Gemeinschaften wie ihrer Gemeinde sehen: Da tut sich was.“
Der dritte Themenblock neben der Wirtschaft und der Gesellschaft, um den sich die Podcastfolge dreht, ist die Rolle der Politik: Braucht es mehr Förderungen für nachhaltigere Lösungen? Reichen die Maßnahmen des Klimaplans? Und wo steht Südtirol schon gut da?
Darüber hinaus verrät Zebisch, welches Wort, oder besser gesagt welche Frage, er nie mehr hören möchte und mit wem er gerne einmal zu Abend essen möchte.
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Das Gespräch kann über den Player unten angehört werden oder unter swz.it/podcast sowie über Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts. Neue Folgen gibt es jeden zweiten Mittwoch. Alle bisher erschienenen Folgen gibt es hier.