Bozen – Was, schon 100 Jahre? Diese erstaunte Frage hören wir oft, wenn wir auf die lange Geschichte der SWZ verweisen. Und tatsächlich, der Erste Weltkrieg war erst seit einem Jahr zu Ende, Südtirols Einverleibung in das Königreich Italien längst nicht verdaut, die wirtschaftliche Situation kritisch, als einige Wirtschaftstreibende beschlossen, eine Wirtschaftszeitung mit dem Namen „Industrie- und Handels-Zeitung“ ins Leben zu rufen. Sie sollte einerseits nützliche Fachinformation für die Unternehmen beinhalten, andererseits Sprachrohr sein für deren Anliegen. Ein „kaufmännisches Fachblatt“ in deutscher Sprache in diesem italienischen Staat werde „von der Mehrzahl der deutschen Geschäftsleute Südtirols freudig begrüßt“, hieß es am 20. Dezember 1919 im Leitartikel der ersten Ausgabe. Die Initiative wurde auch damit begründet, dass „die Einverleibung Deutsch-Südtirols durch Italien, ganz abgesehen von den völkischen Belangen, eine Erschwerung der Lebensmöglichkeiten des heimischen Handels und Gewerbes darstellt“. Herausgegeben wurde die Wochenzeitung vom Verlag „Leopold Nemec & Co.“ in Brixen, Schriftleitung und Verwaltung hatten ihren Sitz in der Kapuzinergasse 12 in Bozen.
Die „Industrie- und Handels-Zeitung“ bewährte sich, doch waren die Zeiten des Faschismus keine einfachen – auch nicht für die Zeitung. In den 1930er-Jahren zeigten die faschistische Unterdrückung und Zensur Wirkung – kritische Töne gegen das Regime waren keine mehr zu lesen. Und selbst die gezähmte Zeitung wurde von den Faschisten irgendwann nicht mehr geduldet. Am 27. Oktober 1935 erschien die letzte Nummer. Das behördliche Verbot muss ohne Vorankündigung erfolgt sein, denn es findet sich in den Ausgaben zuvor überhaupt keine Notiz über das bevorstehende Ende. Präfekt Giuseppe Mastromattei begründete die Einstellung der Zeitung offiziell damit, dass wegen des Äthiopienkrieges Papiereinsparungen notwendig seien.
Gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der faschistischen Schreckensherrschaft wurde die Zeitung wiederbelebt, nun unter dem neuen – und heute geläufigen – Namen „Südtiroler Wirtschaftszeitung“. Chefredakteur Luis Santifaller, der gleichzeitig als Herausgeber der Zeitung firmierte, unterstrich im Leitartikel der ersten Ausgabe vom 5. Dezember 1945, dass man nahtlos an die 1935 verbotene Zeitung anknüpfen wolle. Demonstrativ wurde im Zeitungskopf – ungeachtet des neuen Namens – der 17. Jahrgang angeführt und nicht der erste Jahrgang. Santifaller selbst war Ausdruck dieser Kontinuität, denn er war von 1921 bis zum Verbot 1935 bereits Schriftleiter der „Industrie- und Handels-Zeitung“ gewesen. Santifaller schrieb: „Heute, nach zehn Jahren, sind wir nun auf Grund der endlich wieder hergestellten Pressefreiheit in der Lage, die Herausgabe des lange entbehrten Blattes als ‚Südtiroler Wirtschaftszeitung‘ wieder aufzunehmen.“ Kurzum: Der Name war ein neuer, die Zeitung war die alte. Sie umfasste wöchentlich vier Seiten. Die Einzelnummer kostete 10 Lire, das Jahresabonnement 530 Lire.
Als Chefredakteur und Herausgeber Luis Santifaller 1961 – nach 40-jährigem Engagement für „seine“ Zeitung – aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand trat, vermeldete die Zeitung am 8. September 1961 die Gründung des „Neuen Südtiroler Wirtschaftsverlages“. Dieser trat an die Stelle des bisherigen Herausgebers und verankerte die Zeitung dank verbreiterter Eigentumsbasis noch stärker bei den Wirtschaftstreibenden. Der Verlag ist bis heute der Herausgeber der SWZ geblieben.
Südtirol hat sich in den vergangenen 100 Jahren stark verändert, aber die damals gewollte Wirtschaftszeitung ist geblieben. Die SWZ sieht ihren Auftrag darin, über wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklungen kritisch, aber fair zu berichten – beseelt von liberalem und pluralistischem Gedankengut. Sie will informieren und gleichzeitig unterhalten. Und sie will in der modernen Informationsflut ein vertrauenswürdiger, verlässlicher und seriöser Anker sein, anstatt mit sensationsheischendem Journalismus Aufmerksamkeit zu generieren.
Bisher ist die SWZ damit gut gefahren. Sie hat sich bei weltoffenen, kritisch mitdenkenden Unternehmern, Führungskräften, Entscheidern und Bürgern etabliert, egal, ob diese die SWZ traditionell „auf Papier“ lesen oder lieber im Digitalangebot als SWZapp oder auf SWZonline (www.swz.it).
Oft wird uns die Frage gestellt, wem die SWZ gehört. Der Handelskammer? Dem Unternehmerverband? Gar der Athesia? Nichts von alledem stimmt. Nüchtern betrachtet gehört die SWZ niemandem. Der „Neuer Südtiroler Wirtschaftsverlag“ ist eine GmbH mit gut 100 Gesellschaftern, zum Teil Unternehmen, zum Teil Privatpersonen. Die größten Teilhaber sind Eccel Decorona (6,14 Prozent), Oberrauch Zitt (4,56 Prozent), die IFI Group von Verlagspräsident Franz Staffler (3,90 Prozent) und die Sportler-Gruppe (3,51 Prozent).
Das Fehlen eines bestimmenden Gesellschafters und stattdessen die breite Streuung der Gesellschaftsanteile ist eine große Stärke – erstens weil dies der Redaktion jene Unabhängigkeit garantiert, die sich jeder Journalist wünscht, zweitens weil erwirtschaftete Gewinne mangels Interesse an einer anteilsmäßigen Ausschüttung (für jeden einzelnen Teilhaber kämen nur bescheidene Beiträge heraus) im Unternehmen bleiben. Dies hat es dem Verlag in den vergangenen Jahren unter anderem ermöglicht, den heutigen Sitz im Kampill Center in Bozen zu erwerben und ein beruhigendes finanzielles Polster zu erwirtschaften.
Die SWZ finanziert sich zu hundert Prozent aus den Erlösen aus Abonnement- und Inseratenverkauf. Hingegen kommt die SWZ gänzlich ohne Beiträge von Staat oder Land aus, so wie es sie für Tagesmedien, für Fernseh- und Radiosender sowie für Onlineportale gibt. Auch das macht die SWZ unabhängig.
Wir leben ausschließlich davon, eine Zeitung zu machen, welche interessant ist für Leser und Werbekunden. Darauf sind wir stolz, genauso wie auf die Tatsache, in unserer Leserschaft eine hohe Dichte an Leistungsträgern und Meinungsführern zu haben. Wir gehören zwar niemandem, aber diesen Lesern fühlen wir uns verpflichtet.