Bozen – Freitag ist Messe-Tag für Greti Ladurner. Vier Tage pro Woche arbeitet sie von Eppan aus oder ist bei der Kundschaft zu Besuch, am Freitag bzw. Freitagnachmittag ist die neue Präsidentin der Messe Bozen in der Landeshauptstadt. Auf diese Weise plant sie zumindest bislang ihre Wochen. „Wie zeitaufwendig diese neue Aufgabe tatsächlich wird, muss ich erst sehen. Vielleicht komme ich auch öfter her“, sagt sie.
So ist es auch ein Freitagnachmittag, an dem die 50-Jährige die SWZ in den Büros der Messe Bozen empfängt. Sie lädt in einen Besprechungsraum mit großem Tisch und dunklen Stühlen ringsherum, ein eigenes Büro hat sie hier nicht. Ein solches hat sich die selbstständige Beraterin in ihrer Wohnung in St. Michael (Eppan) eingerichtet. „Am Anfang meiner Selbstständigkeit“, erzählt Greti Ladurner, „teilte ich mir ein Büro mit jemand anderem. Mittlerweile habe ich hingegen eines zu Hause So kann ich, wenn ich eine Idee für eines meiner Projekte habe, schnell an den PC und mir alles notieren.“ Dass sich auf diese Weise Arbeit und Privatleben vermischen, stört sie nicht. „Ich liebe meine Arbeit“, meint sie ganz selbstverständlich.
Buchungsanfragen per Post
Greti Ladurner ist als Strategiecoach in den Bereichen Markenbildung und -führung sowie der strategischen Weiterentwicklung von Unternehmen und Regionen tätig. Zu ihrer Kundschaft zählen Betriebe genauso wie Gemeinden, Bezirksgemeinschaften und Regionen. Viele Projekte stehen im Zusammenhang mit dem Tourismus, aber nicht alle, erläutert Ladurner, die sich in Südtirol und darüber hinaus als Tourismusexpertin einen Namen gemacht hat.
Ihre Karriere begann nämlich dort, im Tourismus. Nach der Matura am wissenschaftlichen Gymnasium in Bozen besuchte sie die zweijährige „Internationale Schule für alpinen Tourismus“, die als Vorgängerin des Universitätslehrgangs Tourismusmanagement der Uni Bozen gilt. Ihren ersten Job trat sie im Tourismusverein Eppan an, ihrer Heimatgemeinde. Dort arbeitete sie sowohl im Front- als auch im Backoffice mit. Eine Erinnerung an diese Zeit bringt sie zum Schmunzeln: „Die Gäste schickten damals Buchungsanfragen noch auf dem Postweg, die Antworten tippte ich mit Schreibmaschine und verschickte sie ebenfalls im Briefumschlag.“
Müsste sie ihre Persönlichkeit in eine Marke gießen, dann wäre es wohl ein Modelabel, sagt die neue Präsidentin der Messe Bozen nach kurzem Überlegen. „Eines, das die Rohstoffe und Ressourcen lokal bezieht und nur wenige Stücke produziert. Stücke, die lange halten.“
Mit Hirn und Herzblut
Nach dieser Erfahrung arbeitete sie eine Zeit lang im Sekretariat eines Hotels („Das war mir aber zu wenig. Ich wollte mein Know-how nutzen“, sagt sie rückblickend) und übernahm dann die Leitung zweier Angebotsgruppen: der Belvita Hotels und der Familienhotels.
Sorge, dass sie als Anfang 20-Jährige der Aufgabe nicht gewachsen sein könnte, habe sie nicht gehabt. „Ich mache mir vor Herausforderungen keine Gedanken darüber, was alles schiefgehen kann, sondern denke stets, dass ich die Aufgaben meistern werde, wenn ich mit Hirn und Herzblut bei der Sache bin. So war ich schon immer“, so Ladurner. Mit dieser Einstellung habe sie sich immer wieder getraut, in große Fußstapfen zu treten. „Wenn wir uns nichts zutrauen, geht auch nichts weiter“, unterstreicht die 50-Jährige. Ihr berufliches und persönliches Wachstum verdanke sie nicht nur dieser Einstellung, sondern auch vielen Menschen, die ihr vieles zugetraut hätten.
„Kaltes, nein, eiskaltes Wasser“
Nach vier Jahren als Leiterin der Belvita Hotels und Familienhotels entschied sich Greti Ladurner 2001 für einen neuen Job: Sie wurde Pressesprecherin bei Südtirol Marketing (SMG). Der Arbeitsweg blieb derselbe wie zuvor: SMG und ihr ehemaliger Arbeitgeber waren im selben Gebäude in Bozen angesiedelt. Ladurner musste nur in eine andere Etage umsiedeln.
Die Zeit bei SMG war für Ladurner eine „harte, aber gute Schule“, wie sie sagt, und sie kommt bald auf ihre ersten Arbeitstage zu sprechen: „Mittwoch war mein erster Arbeitstag und am Freitag fand ein Event für Touristiker statt. Christoph Engl, mein damaliger Vorgesetzter, sagte zu mir: ,Das moderieren Sie.‘“ Eineinhalb Tage und zwei schlaflose Nächte später stand sie auf der Bühne. „Das war wie ein Sprung ins kalte, nein, eiskalte Wasser“, erinnert sich Greti Ladurner.
2003 übernahm sie die Leitung des Bereichs Unternehmenskommunikation, später des Bereichs Marktmanagement. In diesen Jahren war sie maßgeblich am Aufbau der Marke Südtirol beteiligt. Das war gleichzeitig die erste Marke, mit der sie sich eingehend beschäftigte.
Ab 2003 war sie auch Mitglied der SMG-Geschäftsleitung. „Sie war zusammengesetzt aus vielen Menschen mit verschiedenen Kompetenzen und unterschiedlichen Meinungen“, erinnert sich die 50-Jährige. „Diese Zeit hat mir gezeigt, dass es für wirklich gute Entscheidungen verschiedene Blickwinkel braucht.“
Aus SMG wird IDM
Von 2013 bis 2014 stand sie dann an der Spitze der SMG: Sie übernahm, gemeinsam mit Marco Pappalardo, die Geschäftsführung. Bereits damals sei klar gewesen, dass die SMG bald in einen größeren Betrieb, die spätere IDM, übergehen würde. Das Führungsduo sei deshalb angehalten gewesen, vorrangig zu verwalten und wenig Neues einzuführen. „Das war mir zu wenig. Ich hatte Sorge, dass die Marke Südtirol an Strahlkraft verlieren würde, wenn wir stillstehen würden.“ Dass alles langsam vonstattenging, sei kein Vorwurf an die IDM. Aus vier Unternehmen (SMG, TIS, EOS und BLG) eines zu machen, dauere eben. „Mir fehlte aber die Geduld dafür.“
Also traf sie den Entschluss, die SMG zu verlassen, Ende 2014 schied sie aus dem Unternehmen aus: „So, wie ich es angekündigt hatte“, erinnert sich Ladurner. Das sei eine der Eigenschaften, die sie ausmachen: Sie sei sehr konsequent. Einen Plan für das Danach hatte sie noch nicht. Sie habe eigentlich ein paar Monate nicht arbeiten wollen, die Zeit mit ihrer Tochter genießen – diese war 2011 auf die Welt gekommen –, die Gedanken sortieren. Doch daraus sollte nichts werden.
In die Selbstständigkeit hineingerutscht
Schon bald nachdem sie Südtirol Marketing verlassen hatte, ergab sich für die Tourismusmanagerin die Möglichkeit, an mehreren Projekten mitzuarbeiten. „Nach meiner Zeit bei SMG rutschte ich also gewissermaßen in die Selbstständigkeit hinein“, erzählt die 50-Jährige. Seither liegen ihre Schwerpunkte als Strategiecoach auf den Bereichen Markenimplementierung und -führung, Strategieentwicklung, genauso wie Unternehmenskommunikation und Stakeholdermanagement. Gerade Ersteres, die Thematik der Marken, begeistert Greti Ladurner, das merkt man schnell. Immer wieder kommt sie im Gespräch mit der SWZ auf Marken zu sprechen.
„Ich mache mir vor Herausforderungen keine Gedanken darüber, was alles schiefgehen kann, sondern denke stets, dass ich die Aufgaben meistern werde, wenn ich mit Hirn und Herzblut bei der Sache bin. So war ich schon immer.“
„Eine Marke geht viel weiter als das Design oder die Farben, die die Konsumenten sehen“, erklärt sie. Sie müsse stets eingebettet sein in die gesamte Unternehmensstrategie: in die Kommunikation nach außen und innen, in die Entwicklung neuer Produkte, in den Alltag im Unternehmen. Eine Marke müsse klar sein, differenziert und glaubwürdig. Sie selbst sei jemand, der viel Struktur benötige, vielleicht rühre ihre Faszination für dieses Thema daher. Müsste sie ihre Persönlichkeit in eine Marke gießen, dann wäre es wohl ein Modelabel, sagt die neue Präsidentin der Messe Bozen nach kurzem Überlegen. „Eines, das die Rohstoffe und Ressourcen lokal bezieht und nur wenige Stücke produziert. Stücke, die lange halten.“
Wie es nun weitergeht
Nicht nur Marken faszinieren die neue Messe-Präsidentin, sondern auch alles, was mit Kommunikation zu tun hat. „Wenn in einem Unternehmen gute Stimmung herrscht, dann kann man Veränderungen meistern. Und gute Stimmung verbreitet man mittels Kommunikation.“ Ihr Know-how diesbezüglich hat sich Greti Ladurner u. a. in einem Lehrgang für Mediation und Konfliktmanagement sowie einem zu Wirtschaftspsychologie angeeignet.
Der Kommunikation will Ladurner in den kommenden Monaten viel Zeit widmen: Sie möchte sich mit Partnern und Stakeholdern treffen, um zu erörtern, wie die Messe ihre Position noch weiter stärken kann. Als Messe-Präsidentin ist Ladurner überzeugt, so einiges bewirken zu können. Sie möchte, wie sie sagt, mit dem Team die bestehenden Formate genau analysieren und wenn nötig infrage stellen. Sind auch neue Formate denkbar, oder ist alles schon ausgereizt? „Die Messe Bozen fokussiert sich auf Südtirols Exzellenzen, das treibt uns an. Vielleicht gibt es ja noch einen Bereich, in dem Südtirol Vorreiterin ist, und vielleicht gibt es dort noch Möglichkeiten für Neues.“ Was genau das sein könnte, möchte sie nicht verraten.
Eine Frage bleibt: Wie kommt’s, dass eine Tourismusexpertin Messe-Präsidentin wird? Ganz genau weiß das Ladurner selbst nicht. „Interesse habe ich nie bekundet.“ Aber als das Land sie vorgeschlagen habe und nachdem sie sich genauer über diese Rolle, die Aufgaben und den Zeitaufwand informiert hatte, sei sie zum Schluss gekommen: „Wenn andere mich in dieser Rolle sehen, dann sollte ich sie mir auch zutrauen.“
Dieser Artikel ist in der gedruckten SWZ mit folgendem Titel erschienen: „Die Marke Greti Ladurner“