Bruneck – Eigentlich ist er überhaupt nicht verrückt darauf, dass in der Zeitung über ihn geschrieben wird, sagt Robert Pohlin im Aufzug auf dem Weg in sein Büro am Firmensitz in der Brunecker Industriezone. Das ist auch der Grund, warum der Elpo-Chef erst nach mehrwöchiger Bedenkzeit zugestimmt hat, mit der SWZ über sein Schaffen und Denken zu reden.
Robert Pohlin gehört zu jener Sorte Unternehmer, die ihre Person nicht gerne in den Mittelpunkt stellen. Entsprechend wenig ist im Internet über ihn zu finden, gemessen an der Tatsache, dass er der Inhaber und Präsident eines der größten Unternehmen im wirtschaftsstarken Pustertal ist: Rund 35 Millionen Jahresumsatz schreibt der Elektroanlagenbauer Elpo und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter.
Öfter als den Unternehmer Robert Pohlin spuckt Google den Eishockey-Präsidenten Robert Pohlin aus. Seit Herbst 2016 steht Pohlin nämlich dem HC Pustertal vor, „sehr zum Leidwesen meiner Frau“, wie Pohlin sagt. „Ich war damals Sponsor und Vater zweier hockeyspielender Kinder, mehr nicht. Dann wurde ich gebeten mitzuhelfen, und ehe man sich’s versah, war ich Präsident“, schmunzelt er.
Dieses Amt hat ihn im hockeyverrückten Pustertal natürlich weit mehr an die Öffentlichkeit katapultiert, als ihm das lieb ist. Als Präsident litt Pohlin heuer im Frühjahr mit, als den Wölfen im Herzschlagfinale der Alps Hockey League gegen Laibach mickrige 24 Sekunden zum ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte fehlten. „Die Play-off-Zeit war ‚heavy‘, da hatte ich teilweise schon zu Mittag den Handyakku leer“, so Pohlin. Überhaupt sei das Präsidentenamt – parallel zum Unternehmerberuf – mit beträchtlichem Aufwand verbunden, sagt er, um sich dann gleich selbst zu korrigieren: „Wir sind im Vorstand ein tolles Team.“
Der im Grunde banale Satz sagt viel über Robert Pohlin aus. Er ist ein Teamplayer, der sich selbst nicht wichtig nimmt. Und er ist einer, der positiv denkt und Chancen sucht, statt sich über Schwierigkeiten zu beschweren. „Was nützt es, zu jammern?“, fragt Pohlin. Vor einigen Jahren war diese Einstellung besonders wertvoll, aber dazu später.
Passend zu diesen seinen Eigenschaften ist Robert Pohlin als Elpo-Präsident zuständig für Strategie und Personal, dazu für den Vertrieb. „Wenn du erfolgreich sein willst, brauchst du gute Leute“, sagt Pohlin, und zu seinem Führungsstil meint er: „Ich bin kein Alleinherrscher.“
Der Teamplayer Pohlin ist um 7 Uhr früh im Betrieb, außer er ist unterwegs zu Kunden. „Wie könnte ich von meinen Leuten verlangen, dass sie um 7 Uhr auf der Matte stehen, wenn ich das nicht tue?“, fragt er rhetorisch und kommt auf die soziale Verantwortung zu sprechen, die er als Firmeninhaber verspürt: „Wenn ein Chef will, dass die Mitarbeiter für ihn durch dick und dünn gehen, dann muss auch er für sie durch dick und dünn gehen.“
2012 verspürte Robert Pohlin diese soziale Verantwortung besonders stark. Der Fotovoltaikboom, der den Elpo-Umsatz 2010 von 28 auf knapp 66 Millionen Euro hatte explodieren lassen, war so schnell abgeflaut, wie er gekommen war. Zusätzlich durchlebte die Baubranche eine tiefe Krise. Pohlins 15-Stunden-Arbeitstage wurden plötzlich deutlich kürzer. „Wir hatten wenig Arbeit“, gibt er unumwunden zu. Pohlin schaute sich in Österreich und Deutschland nach Arbeit um. Tatsächlich klappte es mit einigen Aufträgen. Seither unterhält Elpo in Innsbruck und München eigene Niederlassungen.
Elpo konnte die Durststrecke gut und ohne Entlassungen überwinden. Laut Pohlin war das auch deshalb so, weil 2010 die Entscheidung gefallen war, in Fotovoltaik zu investieren statt in einen neuen Firmensitz. „Zum Glück haben wir nicht unseren geplanten Neubau realisiert“, sagt er rückblickend. War es Glück oder unternehmerischer Riecher? „Glück ist, gut vorbereitet im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein“, antwortet Pohlin sibyllinisch.
Seit 1989, also seit genau 30 Jahren, ist er der Chef – ein Chef mit nicht gerade gängigem Nachnamen. „Das ist ein slawischer Name. Mein Großvater kam im Ersten Weltkrieg als Funker aus dem ex-jugoslawischen Borec ins Pustertal und lernte meine Großmutter kennen“, erzählt Pohlin. Der Name wird übrigens mit dem „h“ nach dem „i“ gesprochen, obwohl das „h“ nach dem „o“ steht.
Nach dem Besuch der Gewerbeoberschule in Bozen und nach einer dreijährigen Tätigkeit für Enel im Pustertal („Ich war der jüngste Netzwerkverantwortliche Italiens.“) trat Robert Pohlin 1981 in den väterlichen Betrieb ein, um zu lernen. 1989 übertrug ihm der Vater die Verantwortung, ihm allein. In ein paar Jahren will es der 61-Jährige genauso machen und die Verantwortung nicht auf mehrere Kinder aufteilen, sondern einem Kind übertragen. Welchem, das werde sich zeigen. Robert Pohlin hat vier Kinder.
Noch aber ist bei Pohlin die Begeisterung für seine Arbeit spürbar. Er sagt zwar, er arbeite weniger als früher, weil das Unternehmen gut organisiert sei (ja, das Team …). Aber neue Herausforderungen gefallen ihm nach wie vor. War es vor zehn Jahren die Fotovoltaik, so sind es jetzt Elektroladestationen. Seit Kurzem ist Elpo Importeur, „damit wir vorbereitet sind, wenn die Elektromobilität aus den Startlöchern kommt“. Als „fanatischer Elektroautofahrer“ weiß Pohlin, wie wichtig Ladestationen sind.
Aus der Stunde, die Pohlin für die SWZ reserviert hatte, ist viel mehr geworden. Bei der Begrüßung war nicht zu erwarten gewesen, dass er so bereitwillig erzählen würde. Auf der Heimfahrt schießt mir ein Satz in den Kopf, den Pohlin beiläufig gesagt hatte: „Ich mag keine halben Sachen. Wenn ich etwas mache, dann ordentlich.“