SWZ: Thomas Widmann Landtagspräsident, Dieter Steger SVP-Fraktionssprecher: Hat die SVP zwei ihrer drei Wirtschaftsexponenten im Landtag auf Positionen wegbefördert, die zur Neutralität verpflichten und es damit schwierig machen, sich speziell für die Anliegen der Wirtschaft einzusetzen?
Dieter Steger: Die Antwort auf diese Frage wäre in fünf Jahren einfacher. Ich werde als Fraktionsvorsitzender ganz sicher Wirtschaftspolitik betreiben, wenn auch nicht nur. Ich werde mich nach bestem Wissen und Gewissen in den Entscheidungsprozessen einbringen, sicher mit meiner eigenen Handschrift. Die Rolle des Fraktionsvorsitzenden ist äußerst komplex, und anders als ein Landesrat mit spezifischen Zuständigkeiten muss sich ein Fraktionsvorsitzender mit der gesamten Palette an Themen auseinandersetzen …
… weshalb Dieter Steger in erster Linie Fraktionssprecher und erst in zweiter Linie Wirtschaftspolitiker sein wird.
Ich bin zwar Vorsitzender der SVP-Fraktion, aber genauso Abgeordneter. Als solcher werde ich meine Ansichten einbringen, so in den beiden Gesetzgebungsausschüssen, denen ich zugehöre.
Wie wollen Sie als SVP-Fraktionssprecher Wirtschaftspolitik betreiben, ohne ihre Moderatorenrolle zu vernachlässigen?
Wirtschaftspolitik hin oder her, am Ende hat ein Politiker das Allgemeinwohl im Blick zu halten. Das werde ich tun, weil es meinem Charakter entspricht. Das schließt aber nicht aus, dass man den eigenen Blickwinkel in die Diskussion einbringt – und dieser mein Blickwinkel ist geprägt durch eine 20-jährige berufliche Erfahrung mit Wirtschaftsthemen. Wenn es um Wirtschaftsagenden geht, werde ich meine Meinung zum Ausdruck bringen. Es wird in der Landespolitik in den kommenden Jahren eine neue Kommunikationskultur geben. Daher werden die Meinungen von Fachleuten aus den unterschiedlichen Bereichen umso wertvoller. Meines Erachtens wird eine gute Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Landtag – und dort zwischen Mehrheit und Opposition – entscheidend sein, wenn wir die anstehenden komplexen Problemstellungen lösen wollen.
Welche konkreten Themen möchten Sie vorantreiben?
Ganz sicher werde ich mich in der Wirtschaftspolitik einbringen, ganz sicher gehören auch Themen wie die Reform der öffentlichen Verwaltung, die Haushaltsgebarung, Bildung und Sprachen sowie ein leistungsfähiges, kosteneffizientes Gesundheitswesen dazu. Das sind nur einige Themen.
Die SVP hat bei der Landtagswahl nur drei der fünf Wirtschaftsvertreter durchgebracht. Müssen vor diesem Hintergrund Thomas Widmann, Dieter Steger und Christian Tschurtschenthaler enger zusammenrücken?
So schlecht war das Landtagsergebnis der SVP Wirtschaft im Vergleich zu 2008 nicht – es war einfach Pech, dass zwei der fünf Kandidaten ganz knapp gescheitert sind. Aber abgesehen davon, bin ich der Meinung, dass wir diese strikten Zuordnungen aufbrechen müssen. Da die Wirtschaft, dort der Sozialflügel, da die Frauen, dort die Jugend, da die Bauern, dort die Senioren – das bringt uns nicht weiter. Diesbezüglich muss sich die SVP ändern, denn die Gesellschaft ist komplexer geworden und das Politikmachen somit auch.
Also weg vom Schubladendenken?
Ja, und ich wiederhole: Das Gemeinwohl hat im Mittelpunkt zu stehen, und daran ist ohne Scheuklappen und auch ohne Berührungsängste mit der Opposition zu arbeiten. Schauen Sie, selbst wenn die drei SVP-Wirtschaftsvertreter eng zusammenrücken, sind sie im 35-köpfigen Landtag schwach.
Somit sehen Sie also auch kein Problem darin, dass nur drei SVP-Wirtschaftsvertreter im Landtag sitzen und zu allem Überfluss zwischen zwei davon – Ihnen und Widmann – die Chemie nicht wirklich stimmt.
Ich kann alle beruhigen: Der Landtagspräsident und der Sprecher der größten Fraktion werden problemlos zusammenarbeiten. Ideologisch stehen wir uns nahe, und wenn es Unterschiede in der Art gibt, Politik zu interpretieren, dann muss das erlaubt sein.
Sie haben die Zusammenarbeit mit der Opposition angesprochen. Wird sich Dieter Steger ganz besonders darum bemühen?
Niemand hat die Weisheit gepachtet. Es wäre arrogant zu meinen, selbst immer die beste Lösung zu haben. Deshalb macht es Sinn, alle Meinungen im Entscheidungsprozess zu berücksichtigen. Das erhöht meines Erachtens die Qualität der Lösung. Es wird niemandem ein Zacken aus der Krone fallen, wenn einmal eine gute Idee aus dem anderen Lager unterstützt wird.
Die Opposition wird diese ganz neuen Töne ungläubig vernehmen.
In der Vergangenheit ist es für meinen Geschmack zu oft vorgekommen, dass die Mehrheit Gesetzesinitiativen und Beschlussanträge von der anderen Seite niedergestimmt hat, um einige Monate später selbst eine ähnliche Initiative zu starten. Ich möchte für einen korrekten Umgang miteinander stehen, und ich möchte, dass der menschliche Aspekt nicht vergessen wird. Das Menschliche kommt in der Politik leider oft zu kurz. Da müssen wir gegensteuern, und das geht am Beginn einer Ära leichter.
Nun ist der Fraktionssprecherjob eine undankbare Aufgabe, weil er viel Arbeit nach innen und wenig Profilierungsmöglichkeit nach außen bringt. Ihre unmittelbaren Vorgänger Walter Baumgartner und Elmar Pichler Rolle wurden 2008 bzw. 2013 bei den Wahlen abgewatscht. Haben Sie daran schon gedacht?
So wie das Risiko zum Geschäft eines jeden Unternehmers gehört, so gehört das Risiko auch zur Politik. Ich werde mich bemühen, gute Arbeit zu leisten, und hoffe, dass das auch nach außen sichtbar wird.
Ist der Fraktionssprecherjob ein Vollzeitjob?
Eindeutig. Ein Fraktionssprecher muss in allen Themenbereichen bewandert sein, er muss sich mit allen Gesetzesentwürfen befassen, er muss viel unsichtbare Arbeit hinter den Kulissen leisten. Im Übrigen bin ich nicht nur Fraktionssprecher im Landtag, sondern auch im Regionalrat. An Arbeit fehlt es mir nicht.
Trotzdem verdienen Sie als Fraktionssprecher genauso 5.400 Euro netto im Monat – und zwar 12- und nicht 14-mal – wie ganz normale Abgeordnete, egal, wie groß deren Einsatz ist. Ist das gerecht?
Wenn Sie die Wahlkampfkosten und die Parteiabgaben mitberücksichtigen, kommt ein Abgeordneter nicht auf diese Summe. Der SVP-Fraktionsvorsitzende bekommt in dieser Legislaturperiode erstmals keine Zusatzvergütung. Ob es – gemessen am notwendigen Arbeitseinsatz – richtig ist, dass ein Präsidiumsmitglied mehr verdient als der Vorsitzende einer Fraktion, müssen andere entscheiden. Wenn allein der finanzielle Aspekt betrachtet wird, und wenn dann noch das schlechte Ansehen der Politiker dazugenommen wird, ist ein politisches Amt heute für eine Führungskraft sowieso nicht mehr unbedingt erstrebenswert. Aber Politik ist eine Leidenschaft.
Für Sie persönlich dürfte Ihr politischer Auftrag einen finanziellen Abstieg gegenüber ihrer Führungsaufgabe als hds-Direktor bedeuten.
Davon können Sie ausgehen.
Und bei Ihrem Arbeitgeber hds gehen Sie in den politischen Wartestand?
Ja. So wie es das Gesetz vorsieht.
Laufen wir Gefahr, durch die Hetze auf Politiker und ihre Kosten gute Leute von der Politik fernzuhalten?
Es ist in der Vergangenheit einfach zu viel passiert. Wir dürfen uns über das schlechte Ansehen der Politiker nicht wundern. Natürlich ist das schade, denn Politik ist wichtig. Und wenn die politische Klasse pauschal an die Wand gestellt wird, dann werden sich immer weniger Köpfe – vor allem gute Köpfe – finden, die sich das antun bzw. dann wird die Motivation jener Politiker untergraben, die sich ehrlich bemühen.
War es Ihrer Meinung nach eine gute Entscheidung von Landeshauptmann Arno Kompatscher, die Wirtschaft zur Chefsache zu erklären? Kritiker meinen, ein so wichtiges und arbeitsintensives Ressort wird neben den Landeshauptmann-Agenden ganz schwer zu stemmen sein.
Altlandeshauptmann Luis Durnwalder betreute keineswegs weniger Agenden, als es jetzt Arno Kompatscher tut, nur andere. Sicher, der neue Landeshauptmann hat eine Mammutaufgabe zu stemmen, aber ich bin überzeugt, dass es ihm gelingen wird und dass er auch neue Aspekte in die Wirtschaftspolitik einbringen wird. Alles hängt von der Arbeitsweise ab, und Arno Kompatscher wird delegieren und auf die Hilfe von guten Leuten zurückgreifen – sowohl auf technischer als auch auf politischer Ebene. Der SVP-Fraktionssprecher wird den Landeshauptmann mit seinen Erfahrungen unterstützen, wo immer Arno Kompatscher dies für wünschenswert hält. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zum Landeshauptmann.
Freilich hat diese Entscheidung verhindert, dass Sie selbst Landesrat oder Landtagspräsident geworden sind. Es heißt, Sie seien sehr enttäuscht gewesen, auch weil sich Ihr Wahlergebnis mit gut 11.000 Stimmen sehen lassen kann.
Natürlich hätte es mich gereizt, als Landesrat Verantwortung zu übernehmen oder das Amt des Landtagspräsidenten zu bekleiden, das ich ja bereits bekleiden durfte und als sehr interessantes Amt kennengelernt habe. Aber die Politik ist kein Wunschkonzert, das stelle ich ohne Bitterkeit fest. Ich werde jetzt versuchen, die herausfordernde Aufgabe des Fraktionssprechers so gut wie möglich zu erledigen.