Eigentlich verdient sich die Landespolitik ein Lob: Sie macht den enormen italienischen Steuerdruck für die Südtiroler ein bisschen erträglicher, indem sie bei jenen Abgaben bescheiden bleibt, bei denen Rom Entscheidungsspielraum einräumt. Egal ob bei der Irap, beim regionalen Irpef-Zuschlag oder bei der Kfz-Steuer – in Südtirol sind die Steuersätze durchwegs niedriger als im restlichen Italien.
Das Land verzichtet auf Einnahmen. Allerdings tat es dies bisher aus einer privilegierten Position heraus. Weil das böse Rom mit seinen Steuererhöhungen immer mehr Geld in den Landeshaushalt spülte, konnte das liebe Bozen bei den Landesabgaben großzügig sein. Bozen verzichtete auf Landesabgaben und der Haushalt wuchs trotzdem, zumindest bis 2009. So macht Politik Spaß.
Die große Frage ist, was 2013 und darüber hinaus passiert, wenn der römische Geldfluss tatsächlich im befürchteten Ausmaß eintrocknet. Mario Monti will (und muss) den maroden Staatshaushalt sanieren, und das reiche Südtirol soll – Autonomie hin, Mailänder Abkommen her – in erheblichem Maße dazu beitragen. Im Raum steht, dass Südtirols Haushalt 2013 auf einen Schlag um 500 Millionen abspecken muss, nachdem er von 2009 bis heute „nur“ um insgesamt 340 Millionen dünner geworden ist. Schon bisher gab es aber alljährlich ein zähes Ringen zwischen dem Landeshauptmann und den Landesräten bei der Verteilung von stolzen 5.000 Millionen. Was, wenn plötzlich nur mehr 4.500 Millionen zur Verfügung stehen? Wird das Land, geknebelt von laufenden Ausgaben, seinen Bürgern sagen, dass leider die Landesabgaben erhöht werden müssen? Die Verlockung, die Steuern zu erhöhen, ist mindestens genauso groß wie jene, Ausgaben durch Schulden zu finanzieren oder den „tesoretto“ namens Rotationsfonds anzuknabbern.
Steuererhöhungen: nein! Verschuldung: wehe! Rotationsfonds: Hände weg! Der Weg, den es zu beschreiten gilt, ist vielmehr ein anderer. Die Politik muss genauso wie die Bürger lernen, mit weniger auszukommen, und im Landeshaushalt Posten für Posten hinterfragen, was Südtirol (nicht die Politik!) zum Leben braucht und was nicht. Nie war der Zeitpunkt günstiger als jetzt, liebgewonnene Umverteilungen und aufgeblasene Förderungen zurechtzustutzen oder gar zu streichen, denn die Menschen haben die Nase voll vom Steuerzahlen. Davon zeugen in diesen Tagen und Wochen die einhelligen Aussagen von Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertretern. Folglich gilt es die Gelegenheit zu nutzen, um den Bürgern bewusst zu machen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Steuern und öffentlichen Leistungen existiert. Nicht an eine Erhöhung der Landesabgaben ist zu denken, sondern vielmehr an eine weitere Reduzierung – trotz allem. Spielraum existiert nämlich noch. Wo steht geschrieben, dass der Landeshaushalt so dick sein muss? Und wo steht geschrieben, dass der Staat bzw. das Land in so übertriebenem Maße umverteilen müssen?