Kochen ist das neue Wetter, der King der Smalltalk-Themen. Beim wöchentlichen Quarantini mit den Freundinnen wird einiges der gemeinsamen Zeit aufgewandt, um ausführlich über die Nahrungsaufnahme jeder Einzelnen zu sprechen. Die meisten von uns haben unter der Woche mindestens einmal am Tag auswärts gegessen – mich eingeschlossen. Und während man vor dem Lockdown alles Mögliche zu erzählen hatte, werden die Gespräche nun tendenziell immer kürzer, besonders wenn man versucht, das C-Wort zu vermeiden. Weil die Freizeitgestaltung gerade nicht viel hergibt, wird das Kochen für viele zur attività rifugio, bestätigt die Repubblica.
Hefe: der heilige Gral des Quarantänekochs
Zugegeben, irgendwie ist es praktisch, dass uns diese doch essenzielle Tätigkeit bei der psychologischen Bewältigung der Ausnahmesituation hilft. Auf der anderen Seite birgt diese womöglich neu entflammte Leidenschaft für die Speisezubereitung auch Gefahren. Eine davon ist, dass wir alle mit ein paar Kilo mehr aus der Quarantäne kommen. Dafür spricht der Blick in die Einkaufswägen: Die italienische Niederlassung des Marktforschungsunternehmens Nielsen informiert wöchentlich über die Zahlen des Lebensmitteleinzelhandels, woraus sich einiges über unseren Konsum ableiten lässt.
Beliebt sind zum Beispiel, wenig verwunderlich, UHT-Milch und Thunfisch in Dosen. Diese Produkte ordnet Nielsen dem „Lager-Effekt“ zu. Wir hamstern Haltbares wie gemahlenen Kaffee, Tomatensauce, Pasta oder Kekse. Dieser Trend hat sich allerdings seit Beginn der Krise verlangsamt.
Im Laufe der Wochen haben wir uns nämlich dem etwas zeitaufwendigeren Kochen zugewandt. Nielsen nennt das den „Ich-bleibe-zu-Hause-Effekt“. Der Verkauf von Mehl hat sich demnach im Vergleich zum selben Zeitraum 2019 verdreifacht. Gefragt sind zudem Eier, Butter, Zucker und Mascarpone. Der heilige Gral des Quarantänekochs allerdings ist ein anderer, klein und unscheinbar, bis dato kaum beachtet. Hefe steht auf der Verpackung, die plötzlich so viele begehren. In Gruppenchats tauschen sich die Hefejäger aus, in welchem Supermarkt gerade Nachschub gekommen ist. Mit ihrer Beute im Gepäck ziehen sie stolz von dannen, um zu Hause die wohlverdiente Pizza, das frische Brot oder den süßen Zopf zuzubereiten. Wer noch nicht mindestens ein Bananenbrot oder ähnliches gebacken hat, ist noch nicht wirklich in dieser Pandemie angekommen.
Auf die Qualität des Essens achten
Hier tut sich das nächste Problem auf: ein Übermaß an Mahlzeiten mit hohem Kohlenhydrat- und/oder Zuckeranteil. Zwar macht uns dieses Essen glücklich, aber zugleich leider auch dick. Dass wir gerade die volle Kontrolle über unsere Mahlzeiten haben, können wir uns zunutze machen, um qualitativ hochwertige Lebensmittel zu kaufen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Ideen gibt es online wie Sand am Meer, manche sind ernst gemeint andere weniger (die Onlinesatireplattform „Der Postillon“ hat etwa die zehn besten Rezepte für Nudeln mit Klopapier zusammengestellt).
Sollte man wider Erwarten doch einmal völlig planlos sein, kann man sich immer noch aufs nächste Gespräch mit Bekannten, Freundinnen oder Familie verlassen. Kochen ist schließlich das neue Wetter – eine*r redet immer darüber.