Bozen – Wer bisher nach Einbruch der Dunkelheit durch die Einkaufsstraßen des Landes schlenderte, den begleiteten zig leuchtende Tafeln und Schaufenster – Mitverursacher der Lichtverschmutzung. Als solche wird jede Art von künstlicher Lichtstrahlung bezeichnet, die außerhalb des vorgesehenen Bereichs, insbesondere in Himmelsrichtung, erfolgt. Das Amt für Energie und Klimaschutz hat kürzlich einen Vorschlag entworfen, um sie zu verringern.
Das Landesgesetz vom 21. Juni 2011 wurde um die Absätze vier und fünf ergänzt, die beabsichtigen, dass „das Land Südtirol die Vorbeugung und die Einschränkung der Lichtverschmutzung und damit die Energieeinsparung zum Schutz und zur Aufwertung der Umwelt sowie zur Wahrung des ökologischen Gleichgewichts und zum Schutz der Gesundheit der Bürger fördert.“ Die Maßnahmen sind Teil der energiepolitischen Ziele, die im Landesklimaplan „Energie – Südtirol 2050“ verankert sind, und legen die technischen Standards für neu installierte Außenbeleuchtungen sowie die Kriterien zur graduellen Anpassung bereits bestehender Anlagen fest.
Als öffentliche Außenbeleuchtung können all jene Beleuchtungsanlagen definiert werden, die sich im Freien befinden und mit künstlichem Licht betrieben werden. Gemeindeeigene Straßenlampen und eventuelle Unterstützungen dieser sind vom Beschluss nicht betroffen.
Zu den öffentlichen Außenbeleuchtungen gehören sowohl selbstleuchtende Schilder und Schriften als auch jene, die von externen Lichtquellen beleuchtet werden. Die Beleuchtungen von Bau- und Kunstdenkmälern, Schaufenstern sowie dekorative Lichter, beispielsweise jene über die Weihnachtszeit, werden ebenfalls miteingeschlossen.
Licht aus von 23 bis 6 Uhr
Konkret sieht die Bestimmung vor, dass alle öffentlichen Außenbeleuchtungen zwischen 23 und 6 Uhr ausgeschaltet werden müssen. Die allgemeine Anpassung an die Richtlinien muss innerhalb 2030 erfolgen, jedoch werden in den einzelnen Artikeln genauere Fälligkeiten angeführt, die je nach Art der Außenbelichtung variieren. Im Falle einer Nichteinhaltung der Richtlinien droht eine Mahnung seitens jener Gemeinde, in der sich die Beleuchtung befindet. Bei weiteren Verstößen folgt eine Geldstrafe von 500 bis 1.500 Euro. Im Beschluss wird allerdings nicht erwähnt, wer die Kontrollen bezüglich der Einhaltung der Vorschriften durchführt.
Andreas Schatzer, Präsident des Südtiroler Gemeindenverbands, erläutert im Gespräch mit der SWZ, dass alle Gemeinden ihr Kontrollorgan selbst ernennen müssten. „Die Kontrolle fällt in den meisten Gemeinden in den Aufgabenbereich der Ortspolizei, jedoch kann sie durchaus auch von Gemeindemitarbeitern oder -referenten, in kleineren Ortschaften sogar vom Bürgermeister selbst durchgeführt werden. Jede Gemeinde regelt das individuell“, fasst er zusammen.
Eine weitere Frage bleibt im Beschluss unbeantwortet: Müssen Unternehmen weiterhin die volle Werbesteuer entrichten, obwohl ihre „Werbeschilder“ über die Nachtstunden nicht im Betrieb sind? Da die Werbesteuer auf Staatsebene geregelt wird, überprüfe man laut Schatzer derzeit staatliche Beschlüsse und vergleichbare Fälle. Konkrete Informationen gibt es dazu noch nicht.
Die Ziele des Plans gegen die Lichtverschmutzung
Der Plan zur Reduzierung der Lichtverschmutzung zielt hauptsächlich auf Vorteile für Mensch und Natur ab, beispielsweise darauf, die Biorhythmen von Tieren und Pflanzen zu wahren und das Wohlbefinden der Bevölkerung zu schützen. Die Landesregierung will insofern nicht nur die Energieeffizienz von Außenbeleuchtungsanlagen verbessern, sondern auch eine universelle Regulierung der südtirolweiten Ausschaltzeiten sowie der Leuchtdichte externer Lichtquellen bewirken. Bezüglich des tatsächlichen Einsparpotenzials der Richtlinien lägen laut Schatzer allerdings keine Daten vor. Auf Gemeindeebene könne man aber durchaus berechnen, wie viel Energie die Beleuchtung benötigt. „Bei der Straßenbeleuchtung kann man den Gesamtverbrauch mit Hilfe von Energiesparlampen oder Steuerungssystemen um rund 50 Prozent reduzieren“, so der Präsident.
Damit der Erfolg der kürzlich genehmigten Richtlinie auch gemessen werden kann, bräuchte es laut dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol ein landesweites Monitoring zur Lichtverschmutzung. „Aufgrund von Satellitendaten ist die Vermutung naheliegend, dass die Lichtverschmutzung in Südtirol um zwei Prozent pro Jahr zunimmt – trotz effizienterer öffentlicher Beleuchtung. Es müssen daher auch entsprechende Indikatoren erarbeitet werden“, äußert sich der Verband.
Jede Gemeinde muss einen Lichtplan entwerfen
Der Großteil der Arbeit kommt auf die Gemeinden zu: Die Bestimmung legt fest, dass jede Südtiroler Gemeinde im Laufe der nächsten Monate einen sogenannten Lichtplan entwerfen muss. Dieser beinhaltet die Bestandsaufnahme der in der Gemeinde befindlichen Belichtungsanlagen sowie einen Aktionsplan zur Maßnahmenanpassung. Der Plan soll vorrangig den von Außenbeleuchtungen beanspruchten Energiekonsum auf Gemeindeebene überwachen. Damit dies gelingt, muss jede Gemeinde die diesbezüglichen Daten in zweijährigem Abstand dem Amt für Energie und Klimaschutz übermitteln. Jenen Gemeinden, die innerhalb der Frist keinen Lichtplan vorlegen, würden laut Beschluss keine potenziellen Landesbeiträge gewährt. Betreiber oder Eigentümer von Beleuchtungsanlagen mit mehr als 100 Leuchten sind ebenfalls verpflichtet, einen solchen Plan zu erstellen, der innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Richtlinien (5. Juli) dem zuständigen Amt ausgehändigt werden muss.
Schaufenster und Leuchttafeln abends bald finster
Für Schaufenster gilt die allgemeine nächtliche Ausschaltpflicht (23 bis 6 Uhr). Ausgenommen sind die Schaufenster von Geschäften, Unternehmen und anderen Einrichtungen, die in diesem Zeitraum geöffnet sind. Bei genannten Ausnahmen kann das Ausschalten der Beleuchtung bis zur Schließung verzögert, oder das Einschalten bei Tätigkeitsbeginn vorgezogen werden. Die Landesregierung gibt den Kaufleuten rund ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinien, sprich bis 5. Juli 2023, um ihre Anlagen anzupassen.
Für beleuchtete oder selbstleuchtende Schriftzüge und Schilder gilt derselbe Ausschaltzeitraum, wie für alle anderen auch. Ausgenommen sind Beherbergungsbetriebe und jene Betriebe, deren Tätigkeiten außerhalb des angegebenen Zeitfensters durchgeführt werden. Die Leuchtelemente müssen von oben nach unten abgeschirmt sein und die Anpassung spätestens bei der nächsten Wartung und auf jeden Fall innerhalb von 2030 erfolgen. Fluchtwegbeschilderungen sind von der Regelung ausgenommen.
Straßenbeleuchtung – von Lichttemperaturgrenzen zu Bewegungsmeldern
Artikel 5 des Beschlusses beinhaltet die Richtlinien für Straßenbeleuchtungen, allen voran die Regelung der Lichttemperatur, die in Kelvin gemessen wird. Als Lichttemperatur wird lediglich die Farbe des Lichts, nicht dessen Stärke bezeichnet. Die Bestimmung sieht vor, dass Straßenbeleuchtungen das Lichttemperaturlimit von 3.000 Kelvin nicht überschreiten dürfen, wobei eine Toleranz von 20 Prozent gilt. Zum Verständnis: Die klassische alte Glühbirne kommt auf etwa 2.700 Kelvin. In Einzelfällen, zum Beispiel bei Angelegenheiten öffentlicher Sicherheit, darf die Grenze zwar überschritten werden, die Gründe dafür müssen jedoch im Dokument angeführt werden.
Die Leuchten müssen vollständig abgeschirmt sein, sprich bei Notwendigkeit eine spezielle Vorrichtung aufweisen, die den Lichtstrom auf die Straße und weg vom Himmel lenkt. Falls technisch möglich, sollte die Lichtstärke von Straßenlampen im Zeitraum von 23 bis 6 Uhr um 50 Prozent reduziert werden. Neu installierte Beleuchtungsanlagen, die für Fußwege vorgesehen sind, müssen mit Bewegungsmeldern oder Sensoren ausgestattet sein, sodass sie nur bei Bedarf einschalten. Letztere Vorgabe muss bis 2030 erfüllt werden, alle anderen hingegen spätestens bei der nächsten außerordentlichen Wartung.
Dekorative Beleuchtung – Weihnachtsbeleuchtung mit zeitlichen Vorgaben
Dekorative Leuchtelemente wie Lichterketten oder Weihnachtssterne bereichern zwar die Atmosphäre eines Ortes, aber belasten auch die Energiebilanz. Deshalb müssen Lichtdekorationen während der Nachtstunden ebenfalls ausgeschaltet werden, inklusive jene der Beherbergungsbetriebe. Die Beleuchtung von Gebäuden, Bau- und Kunstdenkmälern muss so ausgerichtet sein, dass sie sich mindestens einen Meter unter dem Dachsockel befindet und die Außenwände bei einer maximalen Farbtemperatur von 3.000 Kelvin von oben nach unten beleuchtet. Die Bürger und Gemeinden haben ab Inkrafttreten der Bestimmung rund ein Jahr Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Leuchtende Weihnachtsdekorationen dürfen nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums – nämlich vom 15. November bis zum 15. Jänner – in Betrieb genommen werden, und das vor 23 Uhr abends oder nach 6 Uhr morgens, es sei denn, sie sind direkt an den Straßenlichtern angeschlossen. Für diese Art der Beleuchtung gilt eine Anpassungsfrist von maximal drei Jahren.
Sportzonen – Beleuchtung ja, aber unter bestimmten Voraussetzungen
Die Beleuchtung von Sportanlagen muss vollständig nach unten abgeschirmt werden, asymmetrisch angeordnet sein und darf die Grenze von 3.000 Kelvin nicht überschreiten, es sei denn, es liegt ein plausibler Grund wie beispielsweise eine Fernsehübertragung vor. In diesem Fall ist keine Obergrenze gegeben und die Anordnung darf auch symmetrisch erfolgen. Die Richtlinien müssen spätestens bis zur nächsten außerordentlichen Wartung umgesetzt werden.
Welche Beleuchtungen ab sofort verboten sind
Blinkende oder blendende Schilder sowie bewegliche oder fixe Projektionsscheinwerfer, sogenannte „Sky Beamer“, sind untersagt. Das Verbot greift nicht bei Militärgebäuden und -gebieten, bei Anlagen, deren Bau und Verwaltung von spezifischen staatlichen Gesetzen geregelt werden, sowie bei Tätigkeiten der öffentlichen Ordnung, Verteidigung und des Zivilschutzes.
Die Ausnahmefälle
Die drei zuvor genannten Fälle sind nicht die einzigen Ausnahmen: Auch Alarmanlagen, Beleuchtungen zum allgemeinen Einbruchsschutz oder zur Wahrung der Sicherheit von Anlagen und Geräten unterliegen nicht den Richtlinien. Hinzu kommen Lichter zur Verkehrsregelung oder von Baustellen. Zeitlich begrenzte Veranstaltungen oder Feste im Freien, die nicht länger als 30 Tage dauern, werden nur zu den Ausnahmefällen gezählt, wenn deren Belichtungstechnik nicht fix ist.
Es steht jeder Gemeinde frei, einzelne Plätze oder Straßenzüge zu definieren, die auch innerhalb des Ausschaltzeitraums beleuchtet werden sollen. Diese müssen im Lichtplan angeführt und ihre Wahl begründet werden.
Und wie sieht es mit den traditionellen Lauben aus? Präsident Schatzer antwortet darauf: „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es für die Lauben eine Ausnahmeregelung geben wird. Wenn man sich beispielsweise die Bozner Lauben anschaut, fällt auf, dass sie fast ausschließlich von den Schaufenstern beleuchtet werden. Fallen diese aufgrund des nächtlichen Beleuchtungsverbots aus, könnte das auf Dauer zum Sicherheitsproblem werden.“
Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrätin Maria Magdalena Hochgruber Kuenzer versicherten bei einer Zusammenkunft mit dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz, dass die Landesregierung noch weitere Maßnahmen für den Naturschutz im Rahmen dieser Richtlinie setzen werde. Wie viel Energie durch das nächtliche Ausschaltgebot wirklich eingespart werden kann, wird sich erst in Zukunft zeigen.
Karin Inama
DIE AUTORIN studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Wien und absolviert ein Praktikum in der SWZ.