Rom – Die „Cassa Depositi e Prestiti“, zu deutsch Depositenkasse, tauchte in den vergangenen Wochen regelmäßig in den Medien auf. Unter anderem hieß es, dass die Depositenkasse dem Staat Immobilien im Wert von 500 Millionen Euro abnehmen würde, um sie in der Folge an Private zu verkaufen. Damit, so berichtete Finanzminister Fabrizio Saccomanni stolz, könne der Staat Kürzungen in den Bereichen Bildung, Gesundheitswesen und Forschung vermeiden und trotzdem die von der EU diktierte Drei-Prozent-Defizitgrenze einhalten. Aber wer ist diese Depositenkasse überhaupt? Es handelt sich um ein Kreditinstitut, dessen Aktien zu 80 Prozent dem Wirtschaftsministerium gehören – die restlichen 20 Prozent werden von rund 60 Bankstiftungen gehalten, darunter auch die Südtiroler Sparkassenstiftung. Die Depositenkasse, die im fernen Jahr 1850 gegründet wurde, hat – vereinfacht ausgedrückt – drei Aufgaben: Erstens gewährt sie Investitionskredite an den Staat und andere öffentliche Körperschaften (sie bedient sich dabei der Postspareinlagen der Bürger, die übrigens vom Staat garantiert werden), zweitens verwaltet sie Beteiligungen des Staates (z. B. am Erdölkonzern Eni und am Stromnetzbetreiber Terna), und drittens gewährt sie Unternehmen langfristige Finanzierungen vor allem für Infrastrukturprojekte und gibt dafür Obligationen aus.
Irgendwie macht das eigenartige Gebilde namens Depositenkasse stutzig: Der Staat, dem die Depositenkasse zu 80 Prozent gehört, gewährt sich sozusagen selbst Kredite, und zwar mit den Postspareinlagen der Bürger. Diese wiederum garantiert der Staat, aber was die Garantie im Ernstfall wert ist, sei dahingestellt: Kann der Staat wirklich einmal Kredite der Depositenbank nicht mehr bedienen, dann kann er wohl auch die Ersparnisse nicht mehr garantieren. Stutzig macht auch die erwähnte Immobilienoperation: Der Staat „verkauft“ der Depositenkasse – also sich selbst – Immobilien, um auf Einsparungen in der Höhe von 500 Millionen Euro verzichten zu können. Der Staat ist die Immobilien los, und doch wieder nicht, und finanziert wird das Ganze mit den Postspareinlagen. Solange die Depositenkasse die Immobilien nicht an Private verkauft hat, handelt es sich einzig und allein um Haushaltskniffe, um die EU zu beruhigen – dabei darf nicht vergessen werden, dass Italiens Immobilienbranche eine tiefe Krise durchmacht.
Nichtsdestotrotz scheint die Depositenkasse eine gesunde Bank zu sein und die Postspareinlagen gut zu verwalten. Sie weist Jahr für Jahr Gewinne aus und veröffentlicht auf der Homepage in ungewohnt transparenter Manier Jahres- und sogar Halbjahresberichte zur Geschäftsgebarung. Laut Halbjahresbericht 2013 betrugen die verwalteten Postspareinlagen 236 Milliarden, das Nettovermögen 17,5 Milliarden, der Gewinn 1,6 Milliarden und der Mitarbeiterstand 529. Präsident ist Ex-Regionenminister Franco Bassanini.
In den Medien aufgetaucht ist die Depositenbank auch in einem anderen Zusammenhang, und zwar nachdem Finanzminister Fabrizio Saccomanni mögliche Privatisierungen von staatlichen Unternehmensbeteiligungen angekündigt hatte. Die Privatisierungen sollten Geld in die maroden Staatskassen spülen, um den beängstigenden Staatsschuldenberg von über 2.000 Milliarden Euro einigermaßen in den Griff zu bekommen oder zumindest nicht mehr so unaufhaltsam wachsen zu lassen. Saccomanni ließ im Fernsehen wissen, dass er sich noch innerhalb Jahresende eine Privatisierungsstrategie zurechtlegen wolle. Im Raum steht derzeit die Abstoßung von Anteilen am Rüstungskonzern Finmeccanica und am Stromversorger Enel (das Wirtschaftsministerium hält jeweils zirka 30 Prozent), an der Rundfunkanstalt Rai (99,6 Prozent) sowie am Erdölkonzern Eni, am Stromnetzbetreiber Terna und am Schiffbauunternehmen Fincantieri. Und hier kommt die Depositenkasse ins Spiel, weil sie an Eni, Terna und Fincantieri Anteile hält. An Eni ist das Wirtschaftsministerium darüber hinaus auch direkt beteiligt, und zwar mit etwa vier Prozent. Diese vier Prozent sind 2,6 bis 2,8 Milliarden wert, rechnen Fachleute vor. Zur Erinnerung: Die fünf Privatisierungstranchen von 1995 bis 2001, als der Staat 63 Prozent von Eni verkauft hat, haben über 21 Milliarden eingebracht.
Die Eni-Anteile wecken Appetit, aber auch für die Rai gibt es Gerüchten zufolge einen Interessenten: Es handelt sich um den tunesischen Multimillionär Ben Ammar – er ist Filmproduzent, Miteigentümer des französischen Privatsenders TV Breizh und ehemaliger Geschäftspartner von Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch im Fernseh- und Filmbereich. Allerdings beteuern die politisch Verantwortlichen, dass Rai jedenfalls mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben soll.
Gut möglich, dass die Regierung Letta einen Teil ihres Tafelsilbers verscherbelt. Dabei muss klar sein, dass das Schuldenproblem damit nicht gelöst und höchstens kurzfristig gelindert wird. Die Privatisierungen bringen höchstens ein paar Milliarden ein – Italien sitzt aber auf Schulden von 2.060 Milliarden und muss allein für die Zinsen jährlich knapp 100 Milliarden Euro aufbringen, Tendenz steigend.