Bruneck – Jana und Thilo Mazzarol treten überhaupt nicht wie die archetypischen Unternehmer auf und noch weniger wie Chefs. Das wollen die beiden Geschwister auch gar nicht. Sie sind einfach zwei junge Leute, die versuchen, im Arbeitsleben ihr Bestes zu geben. Freilich tun sie es in einer Rolle, die in ihrem Alter nicht alltäglich ist: Sie tragen Verantwortung für über 100 Mitarbeitende. Oder anders: Sie trauen sich, das zu tun, und sie trauen es sich zu, trotz ihres jungen Alters. Heuer haben sie von ihren Eltern Sonja Schmidhammer und Bruno Mazzarol die Leitung des Familienunternehmens Schmidhammer mit Sitz in Bruneck und Filiale in Bozen übernommen, das ihr Opa Josef vor bald 70 Jahren gegründet hat und das auf „gebäudetechnische Anlagen“ – so heißt es auf der Website – für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber spezialisiert ist (siehe Info). Jana, 27, ist die Präsidentin des Verwaltungsrates, Thilo, 31, der Vizepräsident.
Die Eltern haben sich komplett aus dem Unternehmen zurückgezogen. Sie lassen den Jungen freie Hand, „stehen uns aber beratend zur Seite, wenn wir sie brauchen“, sagt Jana Mazzarol. Sie schätzt, genauso wie ihr Bruder, das große Vertrauen, das ihnen die Eltern entgegenbringen. Ein bisschen beeindruckt sie das sogar: „Nach so vielen Jahrzehnten, in denen unsere Eltern die Firma gestaltet und entwickelt haben, war dieser Schritt sicher nicht einfach.“
Dass sie, die Jüngere, als Präsidentin firmiert, und er, der Ältere und zugleich deutlich Berufserfahrenere, als Vize, habe keinen bestimmten Grund. Das habe sich einfach so ergeben und „können wir jederzeit ändern, wenn wir merken, dass es für das Unternehmen besser wäre“, sagt Jana Mazzarol. Ihr Bruder nickt. Vorerst führen die Geschwister fort, was schon bei ihren Eltern so war: Die Frau war die Präsidentin, der Mann der Vize.
Irgendwie bestanden nie Zweifel an der Unternehmensnachfolge
Wie Jana und Thilo Mazzarol im Besprechungsraum so dasitzen und sich immer wieder gegenseitig anschauen und ergänzen, wenn sie erzählen, machen sie den Eindruck, ein äußerst gut harmonierendes Duo zu sein. Er ist der Techniker, Tüftler und Innovator, sie kümmert sich mehr um das Wirtschaftliche und die Menschen im Unternehmen. Einmal pro Woche treffen sie sich zum Austausch, aber in Kontakt sind sie ständig.
Die Unternehmergeschwister strahlen Bescheidenheit und eine unkomplizierte Offenheit aus. Vielleicht liegt es an ihrem jungen Alter, jedenfalls ist gut vorstellbar, dass sie ihrem Team auf Augenhöhe begegnen. „Wir legen Wert auf ein familiäres Klima“, bestätigt Jana Mazzarol und ihr Bruder Thilo fügt hinzu: „Wenn Menschen eine neue Arbeitsstelle antreten, dann verabschieden sie sich von ihrem gewohnten Umfeld und beginnen einen neuen Lebensabschnitt. Die Firma muss daher so etwas wie ihre neue Familie sein, es muss menschlich zugehen.“ Die Chefbüros, so sagt er, stehen daher immer für alle offen.
Thilo Mazzarol redet mehr als seine Schwester. Es ist ihm anzumerken, dass er die Firma in- und auswendig kennt und schon länger im Unternehmen arbeitet. Genau genommen könne er auf eine über 30-jährige Betriebszugehörigkeit zurückblicken, schmunzelt er, denn die Mama sei bald nach der Geburt wieder an den Arbeitsplatz zurückgekehrt – und er sei eben dabei gewesen, in der Babyschaukel. In der Oberschulzeit absolvierte er die Sommerpraktika stets bei Schmidhammer, mal auf Montage, mal im Magazin oder in anderen Abteilungen. Das Studium in Umwelt- und Verfahrenstechnik am MCI besuchte er berufsbegleitend. Das Familienunternehmen gehört zu seinem Leben, seit er denken kann: „Es hat mich einfach immer interessiert.“
„Wir hätten auch etwas anderes tun dürfen. Nur Pfarrer hätte ich nicht werden dürfen.“
Jana Mazzarol ist weniger lang dabei, und das liegt nicht nur daran, dass sie vier Jahre jünger ist. Bei ihren Sommerpraktika schnupperte sie lieber in andere Firmen hinein. An die Universität mussten sie die Eltern ein bisschen schubsen. „Ich wollte eigentlich arbeiten gehen.“ Dann absolvierte sie in München das Studium in Wirtschaftspsychologie. 2019 stieg sie ins Familienunternehmen ein, zunächst in der Buchhaltung und in der Personalabteilung.
Und jetzt sind Jana und Thilo die Chefs, obwohl das Wort für sie noch ungewohnt klingt, denn, so sagen sie: „Wir sind ja nicht alleine die Firma, sondern bilden mit unseren Mitarbeitern ein starkes Team.“ Dass die beiden einen anderen Berufsweg einschlagen, stand nie wirklich zur Debatte, obwohl sie die Eltern zu nichts gedrängt hätten. „Wir hätten auch etwas anderes tun dürfen“, sagt Jana, und Thilo fügt lachend hinzu: „Nur Pfarrer hätte ich nicht werden dürfen.“
Jammern liegt den beiden nicht
Was im Gespräch mit Jana und Thilo Mazzarol auffällt: Jammern liegt ihnen nicht. Spüren sie den Fachkräftemangel? „Zweifelsohne ist der Arbeitsmarkt schwierig. Aber es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir klagen darüber, oder wir machen uns bewusst, dass es da draußen sehr wohl Fachkräfte und junge, lernwillige Leute gibt und es allein an uns liegt, dass sie zu uns kommen und nicht zu einem anderen Arbeitgeber“, sagt Jana Mazzarol. Spüren sie den Druck, das Lebenswerk ihrer Eltern überantwortet bekommen zu haben? „Natürlich stellt man sich die Frage, ob wir den über hundert Mitarbeitenden auch noch in zehn oder zwanzig Jahren einen sicheren Job garantieren können, mit all den Herausforderungen, die zu bewältigen sind. Aber wir lassen uns nicht von negativen Gedanken beirren, und der Fachkräftezuwachs der vergangenen Jahre gibt uns Recht, meint Thilo Mazzarol. Sind die Arbeitstage lang? „Auf einmal ist es Abend“, sagt Jana.
„Unsere Eltern haben uns vorgelebt, dass Arbeit nicht ein unvermeidbares Übel ist, sondern etwas, was uns Menschen glücklich und zufrieden macht.“
Darüber, wie viel sie arbeiten, sprechen die beiden nicht gerne. „Müssen Sie das wirklich schreiben? Wenn man sagt, man arbeite viel und gerne, klingt das immer so, als sei man ein merkwürdiger Mensch“, windet sich Thilo Mazzarol. Er arbeitet oft bis tief in den Abend hinein, denn er sei „eher der Nachtmensch“, auch am Wochenende sei er „so vier Stunden pro Tag“ im Betrieb. Sie hingegen versucht sich das Wochenende freizuhalten. Unter der Woche aber fängt die Frühaufsteherin um sieben Uhr oder auch früher an, Elf- oder Zwölfstundentage sind eher die Regel als die Ausnahme. „Aber ich bin ja gern in der Firma, die Arbeit ist spannend“, schiebt Jana Mazzarol nach. Es gefalle ihr, Verantwortung zu tragen und Lösungen für Probleme zu suchen, gemeinsam mit den Verantwortlichen.
Dass das Unternehmerdasein ihren vollen Einsatz erfordert, nehmen die beiden ganz selbstverständlich hin. „Das liegt wohl daran, dass uns unsere Eltern vorgelebt haben, dass Arbeit nicht ein unvermeidbares Übel ist, sondern etwas, was uns Menschen glücklich und zufrieden macht“, vermutet Thilo.
Die positive Einstellung zur Arbeit ist wohltuend in einer Zeit, in der die gesellschaftliche Diskussion über Arbeitszeitverkürzungen und Viertagewochen allgegenwärtig ist. Überhaupt fällt die optimistische Sichtweise auf, ebenfalls ein Verdienst der Eltern, sind sich Jana und Thilo Mazzarol sicher: Zu Hause hätten die Eltern oft über die Firma geredet, „und da hört man als Kind die Probleme, genauso aber die möglichen Lösungswege“.
Die Eltern haben Jana und Thilo Mazzarol eindeutig geprägt. Gleichzeitig haben sie ihren eigenen Kopf. Zum Beispiel scheuen sie die Öffentlichkeit weniger, wie auch die Bereitschaft zeigt, sich von der SWZ porträtieren zu lassen. „Ich denke, dass Firmen ein Gesicht brauchen, um im Wettbewerb um Arbeitskräfte bestehen zu können“, so Jana Mazzarol. Und Arbeitskräfte wird Schmidhammer weiterhin brauchen, denn „wir streben weiterhin ein moderates Wachstum an“. Ist Wirtschaftswachstum mit dem Nachhaltigkeitsgedanken vereinbar? „Ja“, sagen die Geschwister einhellig. Ihnen liege die Nachhaltigkeit am Herzen, immerhin gehören sie zu jener Generation, die ein verstärktes Bewusstsein für das Thema entwickelt hat. Das bedeute aber nicht, dass sich ein Unternehmen nicht mehr weiterentwickeln solle.
DIE SERIE In der Serie „Jung und hungrig“ stellt die SWZ junge Menschen in und aus Südtirol mit den verschiedensten Lebensläufen vor. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Sie sind jung und hungrig nach Erfolg. Alle bisher erschienenen Artikel aus der Reihe können hier oder über die SWZapp nachgelesen werden.
Info
Das ist Schmidhammer
Schmidhammer wurde 1953 vom gelernten Installateur Josef Schmidhammer, dem Großvater von Jana und Thilo Mazzarol, gegründet. Der gebürtige Passeirer konzentrierte sich anfangs auf die Installation von Zentralheizungen. Heute, so steht es auf der Website, ist Schmidhammer auf „gebäudetechnische Anlagen“ für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber spezialisiert, deckt also die gesamte Anlagentechnik ab, von Heizung/Kühlung über Sanitär bis hin zu Klima, Lüftung, Dampf und Regelung. Lüftungskanäle werden selber produziert. Zu den Kunden gehören Industrieunternehmen und Hotels genauso wie Kliniken, Milchhöfe, Fern- und Blockheizwerke.
Schmidhammer definiert sich als „zuverlässiger Partner für anspruchsvolle Systeme“. Der Hauptmarkt ist Südtirol, ein Viertel bis ein Drittel des Umsatzes wird im deutschsprachigen Ausland erzielt.