Bozen – Hotspot-Management heißt ein Zauberwort, das in Südtirol immer stärker an Bedeutung gewinnt. Es dient dazu, die Besucherströme zu überlaufenen Sehenswürdigkeiten zu regulieren. Hierzulande wird dies an immer mehr Orten zur Notwendigkeit.
Bestes Beispiel ist der Pragser Wildsee, wo vor wenigen Jahren die Reißleine gezogen und eine Zufahrtsbeschränkung eingeführt wurde. Von Mitte Juli bis Mitte September braucht es zwischen 9.30 und 16 Uhr eine Onlinereservierung oder eine Durchfahrtsgenehmigung, um mit dem Auto ins Pragser Tal fahren zu dürfen. Ansonsten ist das Pusterer Seitental nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Rad oder zu Fuß erreichbar.
Jetzt folgen weitere Südtiroler Hotspots dem Beispiel Prags. Im diesjährigen Tätigkeitsprogramm des öffentlichen Wirtschaftsdienstleisters IDM Südtirol, das vor Kurzem die Grundlage für den heurigen Finanzierungsbeschluss durch die Landesregierung war, heißt es: „Nachdem das Hotspot-Management am Pragser Wildsee bereits zwei Jahre erfolgreich eingesetzt wurde, kann es nun auch in anderen Gebieten angewendet werden. Das Hotspot-Management wird in Villnöss, am Karersee, auf der Seiser Alm und auf dem Ritten implementiert und an die jeweilige Situation angepasst.“
Parkleitsystem für Karerseegebiet

Während das Projekt rund um die Seiser Alm noch in den Kinderschuhen steckt und erst einmal ein Mobilitätsbeirat installiert wurde, der sich nun mit der Thematik beschäftigt, ist man andernorts schon weiter fortgeschritten. Etwa am Karersee.
„Wir hatten im Hochsommer schon immer problematische Verkehrssituationen, weil der Karersee jahrzehntelang auf jeder Südtiroler Werbebroschüre zu sehen war. In den Jahren vor Corona spitzte sich die Lage zu. Bereits im Juni und teilweise noch im September und Oktober gab es Staus“, schildert Markus Dejori, Bürgermeister von Welschnofen, das Problem.
Die Welschnofner behalfen sich im Hochsommer mit Hilfspolizisten, die vorübergehend angestellt wurden, um den Verkehr am Karersee händisch zu regeln. Und in der Nähe des Sees wurden zusätzliche Parkplätze organisiert. Zukunftstauglich dürften diese Lösungen aber nicht sein, auch weil im Winter ebenso die Verkehrsprobleme zugenommen haben.
Seit mittlerweile zwei Jahren laufen in Welschnofen die Planungen für ein Hotspot-Management. Dessen Herzstück ist ein Parkleitsystem, das die bisher händische Verkehrsregulierung automatisiert. „Wenn alles glatt läuft, soll es 2024 bereitstehen“, sagt Bürgermeister Dejori. Erst einmal übernahm die Gemeinde Welschnofen vor einem Jahr im Einvernehmen mit der Agentur Landesdomäne die Führung des Karersee-Areals.
Das geplante digitale Parkleitsystem soll den Auto- und Motorradfahrenden ab Welschnofen bzw. auf der anderen Seite vom Fassatal kommend die Verfügbarkeiten der verschiedenen Parkplätze anzeigen. „Damit werden die Gäste frühzeitig informiert. Ist etwa der Parkplatz direkt am Karersee voll belegt, kann man in Welschnofen parken und von dort über die Bergbahnen zum Karersee gelangen“, erklärt Markus Dejori.
Onlinebuchung für Parkplatz am See
Am Karerpass oberhalb des Sees wird zudem ein neuer Großparkplatz mit 400 Plätzen gebaut, der zehn bis 15 Gehminuten vom Karersee entfernt ist und ebenfalls ins Parkleitsystem integriert wird. Der Parkplatz wird mit Geldmitteln aus dem nationalen Wiederaufbauplan PNRR finanziert. Der Bürgermeister spricht von einem Umweltprojekt, da der Parkplatz bepflanzt und die Landschaft somit aufgewertet werde. Bisher sei das Areal ein wenig beschaulicher Schotterparkplatz gewesen.
Eine weitere Maßnahme im Rahmen des Hotspot-Managements: Das Karersee-Areal wird demnächst mit Breitband verbunden. Dadurch soll der Parkplatz, der sich direkt am See befindet, in Zusammenarbeit mit IDM online gebucht werden können. „Die Onlinebuchung ist vorerst nur für diesen Parkplatz vorgesehen“, so Markus Dejori.
Er sagt, die bestehenden und neu zu realisierenden Parkplätze würden laut den Erfahrungswerten der vergangenen zehn Jahre ausreichen, um die Besucher:innen aufzufangen. Zugleich wolle man verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel setzen und für deren Nutzung sensibilisieren.
Pilotprojekt am Rittner Horn
Auch am Ritten ist Hotspot-Management ein Thema. Das Rittner Horn kann zwar nicht als Hotspot wie etwa der Pragser Wildsee oder der Karersee bezeichnet werden, allerdings soll Nachhaltigkeit ein wesentlicher Bestandteil der Marke Ritten werden. Entsprechende Maßnahmen wurden und werden gesetzt.
Beim Thema Hotspot-Management geht es um die Parkplatzsituation am Rittner Horn, erklärt Peter Righi. Er ist Nachhaltigkeitsbeauftragter des Tourismusvereins Ritten. Es sei bereits ein Pilotprojekt realisiert worden und im Vorjahr erstmals zur Anwendung gekommen.
Die einfachste Lösung wäre es, schickt Righi voraus, an der Talstation der Bergbahn einen riesigen Parkplatz zu errichten, um die 20 bis 30 Problemtage im Jahr mit sehr hohem Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Das könne aufgrund des Flächenverbrauchs und des Verkehrs am Berg aber nicht die Lösung sein.
Stattdessen wolle man auf öffentliche Verkehrsmittel setzen. Die Herausforderung sei dabei der Abschnitt zwischen dem Rittner Hauptort Klobenstein und der Talstation. „Dort wurde die Buslinie stark potenziert“, so Peter Righi.
Daneben habe man den bestehenden Parkplatz an der Talstation am Rittner Horn reorganisiert und online buchbar gemacht. „Wer unbedingt mit dem Auto fahren möchte – etwa weil er einen Kinderwagen mitführt –, muss einen Parkplatz reservieren, um nahe an der Bergbahn parken zu können“, erläutert Righi das Konzept. Wesentlich sei zudem ein Parkverbot entlang der Straße.
Die Problemtage haben sich laut Righi verringert – insbesondere durch eine sehr gute Annahme der Buslinie. Es gelinge, Staus und Wartezeiten zu verringern und somit das Erlebnis für die Gäste flüssiger und stressfreier zu gestalten.
Eine Art Obergrenze in Villnöss
Ein breites Maßnahmenpaket für ein Hotspot-Management bringt Villnöss auf den Weg. Das idyllische Tal wird von Fototouristen aus aller Welt (Stichwort Ranui-Kirchlein) und Tagesausflüglern im Almgebiet überlastet.
Neben dem Plan eines Besucherlenkungssystems im ganzen Tal wurde eine Art Gästeobergrenze für das Gebiet um die Zanser Alm festgesetzt, dem wichtigsten Ausgangspunkt für Wanderungen. „Wir haben uns die Frage gestellt, wie viele Menschen dieses Gebiet verträgt und eine Marke von täglich 2.750 Personen gesetzt“, erklärt Bürgermeister Peter Pernthaler.
„Die Onlinereservierung ist schon ab heuer nach dem gleichen System wie in Prags machbar“
Es handelt sich freilich um keine strikte Obergrenze, weil nicht kontrollierbar, sondern um eine Richtmarke. Sie setzt sich zusammen aus den Personen, die mit dem Auto am großen Parkplatz an der Zanser Alm parken, die laut Erhebungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden und die laut Erfahrungswerten zu Fuß oder mit dem Rad die Alm erreichen.
Für den Zanser Parkplatz ist ein Online-Buchungssystem geplant. „Ein gewisser Prozentsatz der Parkplätze soll dabei für Einheimische reserviert werden“, betont Pernthaler. Mehr als die 400 bestehenden Parkplätze an der Zanser Alm soll es nicht geben.
Vor St. Magdalena soll ein Mobility Hub, also ein Verkehrsknotenpunkt entstehen, um von dort die Verkehrsströme besser zu lenken. Vorgesehen ist etwa eine Tiefgarage mit 160 Stellplätzen, von wo die Gäste mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Almgebiet weiterfahren können. Weiters ein Verleih von E-Bikes. „Wir planen auch eine Anlaufstelle für Kuriere, die den ganzen Tag im Tal herumfahren“, ergänzt der Villnösser Bürgermeister.
Für St. Magdalena sei es das Ziel, die Fototouristen abzufangen, die teilweise in den Wiesen parken. Es seien geführte Wanderungen von bestimmten Ausgangspunkten zu den Fotohotspots und wieder zurück geplant.
Die Umsetzung des Besucherlenkungssystems hängt laut Peter Pernthaler von der Finanzierung ab. Villnöss hofft auf EU- und Landesgelder. „Es geht nicht alles von heute auf morgen, sondern Schritt für Schritt“, sagt der Bürgermeister.
„Onlinereservierung schon ab heuer machbar“
Eine wesentliche Rolle beim Villnösser Hotspot-Management spielt der Tourismusverein, der Betreiber der Parkplätze im Naturpark ist. „Die Onlinereservierung ist schon ab heuer nach dem gleichen System wie in Prags machbar“, kündigt Direktor Klaus Messner an.
Ebenfalls heuer umgesetzt werde eine digitale Anzeige von freien Parkflächen über grüne bzw. rote Pfeile. „Damit die Gäste nicht wahllos auf der Suche nach einem Parkplatz umherirren“, erklärt Messner.
Eine weitere Maßnahme habe man schon im Vorjahr gesetzt: die Ausweisung von Parkplätzen für Fototouristen, die zur Kirche von St. Magdalena wollen. Die Gäste würden zudem über Karten Informationen erhalten – unter anderem über den Weg, Verhaltensregeln und Einkehrmöglichkeiten.