Was haben sie uns in den vergangenen Wochen doch alles versprochen. Jetzt sei Schluss mit der Verschwendung, jetzt werde reformiert und gespart, gelobte Roms Politik. Nur mehr Kleinwagen als Dienstautos, Abbau von Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung, Reduzierung der Parlamentarier, Erhöhung der (lächerlichen) Menüpreise für ebendiese Parlamentarier und und und. Italien werde ein anderes werden, versprachen Silvio Berlusconi und andere hohe Politiker. Bürger und Finanzmärkte blieben ob der schönen Worte skeptisch – leider zu Recht! Ein paar Beispiele gefällig?
Beispiel Menükosten: Im Internet kursiert das Foto eines Kassenbelegs aus dem Senatsrestaurant, ausgestellt am 19. Oktober, also satte zwei Monate nach den Beteuerungen von Senatsquästor Angelo Cicolani, die Spottpreise im Senatsrestaurant anpassen zu wollen. Verspeist wurden Trofie (Nudeln) mit Spargeln und Speck für 0,87 Euro, ein Salatteller mit Spinat und Parmesan für 1,75 Euro, eine „Tagliata“ (geschnittenes Fleisch) mit Rucola, Grana und Balsamessig für 3,41 Euro, und als Nachtisch Ananas für 0,40 Euro und eine „Torta della Nonna“ für 0,77 Euro. Der teuerste Posten ist das Gedeck für 3,91 Euro. Alles in allem ein üppiges Menü für elf Euro, das mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und das mich normalen Bürger im normalen Restaurant um die 40 Euro kosten würde.
Ist es ein Wunder, wenn so viele Parlamentarier mit einem Wohlstandsbäuchlein herumrennen? Und was ist eigentlich aus den versprochenen Preisanpassungen geworden, Quästor Cicolani? „Es hat die Preiserhöhungen tatsächlich gegeben“, bemerkte Wirtschaftsjournalist Sebastiano Barisoni vor Kurzem süffisant auf Radio 24 und rechnete vor: Der Salatteller ist im Vergleich zum vergangenen Jahr um einen Cent teurer geworden, die Ta-gliata um zwei Cent, das Gedeck sogar um gewaltige sechs Cent. Quästor Cicolani, das Wohlstandsbäuchlein lässt sich wegen der paar Cent nicht beeindrucken, da müssen Sie schon mehr Mut zeigen!
Beispiel Aufnahmestopp in der öffentlichen Verwaltung: Genau jener Minister Renato Brunetta – übrigens ebenfalls mit Wohlstandsbäuchlein –, der Anfang Oktober in einem Interview mit der Zeitung „Il Foglio“ den Abbau von mindestens 300.000 Arbeitsplätzen in der öffentlichen Verwaltung bis 2013 angekündigt hatte, setzt seine Unterschrift unter ein Dekret, mit dem für den Chigi-Palast, den Sitz von Regierungschef Silvio Berlusconi, 33 Neuaufnahmen mit unbefristetem Vertrag ermöglicht werden. Aufgedeckt hat dies Sergio Rizzo im „Corriere della Sera“. Zwölf der 33 Neuaufnahmen betreffen Führungskräfte, womit der Chigi-Palast bei 400 Führungskräften anlangt. Nur Führungskräfte! Laut Rizzo stehen auf der Gehalts- liste des Chigi-Palastes 4.600 (!) Personen. Was tun die alle, wo Berlusconi doch stets behauptet, der Regierungschefs sei in Italien eine schwache Figur? Und wo sie wohl essen gehen?
Beispiel Dienstwagen: Wieder im „Corriere della Sera“ lässt sich nachlesen, dass das Verteidigungsministerium 19 gepanzerte Maserati angekauft hat. Wie war das noch mal mit den Kleinwagen? Und wozu Maserati? Geht’s im Maserati in den Krieg? Die Autos seien schon 2008 und 2009 bestellt worden, beeilte sich Verteidigungsminister Ignazio La Russa zu betonen. Als ob das eine Rechtfertigung für 19 gepanzerte Maserati wäre! Ignazio La Russa ist sich jedenfalls keiner Schuld bewusst. Die Maseratis seien günstiger gewesen als die deutschen Autos, führt er ins Feld. Bei allem Respekt, Minister La Russa, günstiger als welche deutschen Autos, günstiger als ein VW Golf oder günstiger als ein Porsche? Was das Kesseltreiben solle, fragt La Russa, ganz Italien solle ihm dankbar sein, dass italienische Fahrzeuge gekauft worden seien. Ist nicht ein Fiat Punto auch italienisch?
Beispiel Luftwaffe: Wer im Appartement eines Generals oder Admirals putzt und kocht, wird dafür mit 63.327 Euro pro Jahr entlohnt – umgerechnet knapp 4.900 Euro brutto pro Monat, 13 Mal. Nicht schlecht! Im Rahmen einer Ausschreibung hat die Luftwaffe nämlich für neun Appartements und vier Jahre 2.279.798 Euro bereitgestellt, weiß Gian Antonio Stella im Corriere zu berichten. Die Ausschreibung zeigt, wie luxuriös logiert, wer es bei der Luftwaffe zu etwas bringt: Im Appartement in Rom etwa wollen 399 Quadratmeter Parkett, 143 Quadratmeter Marmor und 275 Quadratmeter Terrasse gereinigt werden. Vergleichsweise bescheiden fällt das Appartement in Pozzuoli mit seinen 189 Quadratmeter aus. Knapp 44 Arbeitsstunden pro Woche sind in der Ausschreibung für dieses Appartement veranschlagt. 44 Stunden! Was da wohl alles geputzt und gekocht wird? Dafür gibt es 56.748 Euro.
Noch ein letztes Beispiel, jenes der Brücke über die Meerenge von Messina: 250 (!) Millionen wurden bereits allein für Machbarkeitsstudien ausgegeben. Würde das Projekt jetzt gestoppt, was gar nicht so unrealistisch ist, müsste der italienische Staat noch einmal 500 Millionen Euro Strafgebühr drauflegen. Ist eh nur Steuergeld!
So genüsslich und „indigniert“, um ein Modewort zu benutzen, wie nie zuvor breiten die Medien den Verschwendungssumpf aus, in dem Italien zu versinken droht. Die Politikerkaste scheint es nicht zu kümmern. Sie scheint sich – bis auf wenige Ausnahmen – gar nicht einmal dafür zu schämen.