Burgeis/Glurns – „Wenn an ein jedes böse Maul / ein Schloss gehängt müsst werden / dann wäre wohl die Schlosserei / das schönste Gschäft auf Erden.“ Dieser Spruch ziert den Erker des Heimathauses von Hans Moriggl im Dorfzentrum von Burgeis. Es scheint, dass es im oberen Vinschgau einst wenig böse Mäuler gegeben hat oder kaum Schlösser für diese bestellt worden sind, denn Vater Moriggl hat das Schlosserhandwerk nach und nach an den Nagel gehängt und sich zusammen mit seinem Sohn Hans auf Installationen vor allem von Bädern verlegt. Die Firma Moriggl hat sich prächtig entwickelt und zählt mit ihren Leistungen im Bereich Haustechnik (Sanitär- und Elektroinstallationen, Fotovoltaik, Automatisierung und Rohrsanierungen) zu den bedeutenden Unternehmen im oberen Vinschgau. An die 60 Mitarbeiter:innen akquirieren die Aufträge und führen sie aus – im näheren Einzugsgebiet ebenso wie im benachbarten Ausland.
Hans Moriggl wurde am 14. Juni 1943 in Burgeis als drittes von sechs Kindern geboren und wuchs zusammen mit vier Schwestern und einem Bruder auf, der später sein Geschäftspartner wurde. Hans besuchte die Grundschule in seinem Heimatdorf, und da es damals noch keine Pflichtmittelschule gab, holte er diese in Abendkursen nach. Vater Josef war Schlosser, und so hat auch Hans dieses Handwerk erlernt. Aber zu Beginn der 1950er-Jahre wurde der Reschensee gestaut, und in der Folge gab es jede Menge Arbeit beim Bau von Wasserleitungen (Burgeis musste neu versorgt werden), und im neu entstehenden Dorf Graun bestand eine große Nachfrage nach der Installation von Bädern und WCs. Josef Moriggl bewies Geschick im Ausführen der ersten diesbezüglichen Aufträge und wuchs so allmählich in ein neues Gewerbe hinein.
Dann musste sein Sohn zum Militär. Ausgebildet wurde er in Cuneo, dann folgten Stationen in Bruneck und Bozen. Diese Zeit war geprägt von einer Atemwegserkrankung, die er sich beim Schweißen zugezogen hatte. Den Wehrdienst beendete Hans als Trompeter und Fanfarenbläser seiner Kompanie. Er war nämlich damals schon seit mehreren Jahren Mitglied der Musikkapelle Burgeis.
Vom Schlosser zum Installateur
Einige Jahre später begann er eine Lehre als Hydrauliker und trug damit der veränderten Auftragslage Rechnung. „Ich bin mir als damals 27-Jähriger schon ein wenig deplatziert vorgekommen in einer Klasse mit 16-Jährigen“, erzählt er, „aber für mich war es fundamental wichtig, den Gesellenbrief und später auch den Meisterbrief zu erwerben.“ 1967 gründete er seine eigene Firma, die bei vortrefflicher Auftragslage rasch wuchs. „Wir waren dann so acht bis zehn Leute im Unternehmen, als ich feststellte, dass das keine betriebswirtschaftlich optimale Größe ist. Wir mussten entweder schrumpfen – oder wachsen. Und ich habe mich fürs Wachsen entschieden“, erinnert sich Moriggl. Er nahm einen Glurnser Elektriker, einen Hydrauliker und seinen Bruder Josef, allgemein Peppi genannt, in die Hans Moriggl & Co. OHG auf. Peppi war eigentlich Lehrer, hatte aber schon zuvor verschiedene Verwaltungsaufgaben für Hans erledigt. Mit dem Unternehmen ging es rasch aufwärts, und als er es später an seinen Sohn Gunnar übergab, beschäftigte es an die 70 Mitarbeitende.
Betriebssitz in Glurns
In der Zeit davor war aber viel geschehen. Moriggl baute im Gewerbegebiet von Glurns einen neuen Betriebssitz. „Das Geld dafür, wir benötigten 350 Millionen Lire, mussten wir von der Bank leihen, was ein schwieriges Unterfangen war. 1982, als wir eingezogen waren, passierte dann etwas Unvorhergesehenes. Die Inflationsrate stieg auf über 20 Prozent, die Zinsen ebenfalls. Wir sind damals haarscharf an der Zahlungsunfähigkeit vorbeigeschrammt und hatten lange Zeit Schwierigkeiten, die Raten pünktlich zu zahlen. Die Raiffeisenkasse Prad mit ihrem damaligen Direktor ist uns aber immer so gut es ging entgegengekommen“, erzählt er. Am Ende überlebte das Unternehmen und entwickelte sich weiter. Die beiden Partner schieden aus der OHG aus, als „unsere Jungen in die Gesellschaft eintraten“.
„Die Inflationsrate stieg auf über 20 Prozent, die Zinsen ebenfalls. Wir sind damals haarscharf an der Zahlungsunfähigkeit vorbeigeschrammt und hatten lange Zeit Schwierigkeiten, die Raten pünktlich zu zahlen.“
1971 hat Hans Moriggl geheiratet. Mit seiner Frau Emma Zwick hat er drei Söhne, nämlich Joachim (1972), Gunnar (1973) und Matthias (1978). Schon früh schuf sich Moriggl im Tourismus ein zweites Standbein und eröffnete Mitte der 1970er-Jahre in Burgeis ein Garni. Er hatte schon ein fertiges Projekt und ein genehmigtes Projekt zu dessen Erweiterung und Umwandlung in ein Hotel parat, als in den 1980er-Jahren ein Bettenstopp verhängt wurde. Da war rasches Handeln angesagt, und es wurde mit den Arbeiten begonnen, um das Baurecht nicht zu verlieren. Eröffnet wurde das Hotel St. Christophorus nach einigen Verzögerungen wegen Finanzierungsschwierigkeiten 1987. Es wurde zuerst von Moriggls Frau geführt und ging dann an seinen Sohn Joachim über. Das Haus wurde im Laufe der Jahre mehrere Male umgebaut. Heute nennt sich der Drei-Sterne-Betrieb „Apparthotel / B&B Destination“ mit dem Motto „Viele fallen auf, wir bleiben in Erinnerung“.
Ein Musiker und Sänger
An dieser Stelle scheint es angebracht, eine Klammer zu öffnen und ein wenig auf den Lebensweg von Hans Moriggl abseits seiner unternehmerischen Tätigkeiten einzugehen. Er ist nämlich ein Mensch, der sich gesellschaftlich vielseitig engagiert hat. Seit seinem 16. Lebensjahr, also seit 64 Jahren, ist er Mitglied der Musikkapelle Burgeis und hat dabei mit wechselnden Instrumenten von der Trompete über den Bass bis zum Bassflügelhorn gespielt. Obwohl er beruflich viel unterwegs war – in Südtirol, in Norditalien und im benachbarten Ausland –, hat er nur selten bei Proben gefehlt. Auch ist er Mitglied der Obervinschger Böhmischen sowie des Burgeiser Chores und er gehörte einem Sängertrio an, das oft am Südtirol-Stand bei Messen im Ausland aufgetreten ist. Damit nicht genug: Er war Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Burgeis und viele Jahre lang deren Kommandant. Politisch hat er sich in der SVP engagiert. Er war deren Ortsobmann in Burgeis sowie Bezirksobmannstellvertreter und Mitglied des SVP-Ausschusses auf Landesebene. 1992 trat das Unternehmen dem damaligen Industriellenverband bei, dessen Bezirksvertreter er von 1999 bis 2013 war. Im Südtiroler Wirtschaftsring wirkte Moriggl als Vorsitzender des Bezirkes Vinschgau. Auch in der Touristik und Freizeit GmbH, die das seit 50 Jahren bestehende Skigebiet Watles betreibt, hat er sich engagiert. Da scheint es naheliegend, dass Moriggl auch immer gerne Ski gefahren und in die Berge gegangen ist.
Vom Sohn Gunnar bis zum Neffen Thomas
Aus der Firma, die heute in Form einer GmbH geführt wird, hat sich Hans Moriggl nach und nach zurückgezogen. Zuerst übernahm sein Sohn Gunnar die Geschäftsführung. Dieser hat wesentlichen Anteil am Auf- und Ausbau der Abteilung Rohrsanierungen (Moriggl Risan). Zu seinen besten Zeiten beschäftigte das Unternehmen über 100 Leute. „Aber Gunnar wollte dann nicht mehr. Das werde ihm alles zu viel, hat er mir gesagt und seinen Wunsch geäußert, sich zu verändern. Er arbeitet heute in der Schweiz und pendelt nach Hause. Ich habe diesen Entschluss schweren Herzens respektiert. Aber er bedeutete, dass wir als Familie Hans Moriggl das Unternehmen aus der Hand geben mussten, denn mein jüngster Sohn ist beruflich andere Wege gegangen. Schließlich hat Thomas, der Sohn meines Buders und Partners Peppi, die Geschäftsführung übernommen. So ist das Unternehmen doch noch in Moriggl-Hand, und das tröstet mich. Wir jedoch haben unsre Anteile verkauft, Thomas ist heute Alleininhaber“, verrät Hans Moriggl, der dennoch hie und da in die Zentrale nach Glurns fährt, wo noch ein Büro für ihn bereitsteht. Und es beruhigt ihn, dass seine Söhne versorgt sind und alle in einem eigenen Haus wohnen.
Ein Geburtstag „ohne Sorgen“
Zu seinem 80. Geburtstag gab es eine große Feier mit der Familie, Freunden und „vielen lieben Menschen, die ich im Laufe meines Berufs- und Privatlebens kennengelernt habe. Die Ehrenämter, die ich bekleiden durfte, und die Mitgliedschaften in verschiedenen Organisationen waren und sind mir wichtig. Die Beziehungen, die ich dabei aufgebaut habe, ein Netzwerk nennt man das heute, waren persönlich bereichernd, aber auch geschäftlich oftmals nützlich“, resümiert Moriggl, von dem Freunde sagen, dass er ein Mensch mit Handschlagqualitäten ist und jemand, der stets neue Ziele verfolgt und nie stehen bleibt.
Etwas ist dennoch neu in seinem Leben. „Mich plagen“, sagt er schmunzelnd, „keine Sorgen wegen der Bankschulden mehr. Zuvor habe ich in meinem ganzen Berufsleben immer Darlehen abgestottert. Wenn einmal etwas mehr Geld in der Kasse war, habe ich immer investiert oder zumindest das Lager mit Material aufgefüllt. Bares auf dem Bankkonto zu haben, das war nie etwas für mich.“