Bozen – Wenn von Digitalisierung die Rede ist, geht es zumeist um sehr komplexe Zusammenhänge: Industrie 4.0, autonomes Fahren, künstliche Intelligenz. Der Begriff beschreibt heute gemeinhin auf verkürzte Weise nicht weniger als die sogenannte „digitale Revolution“, die in Anlehnung an die vorangegangenen arbeitstechnischen Revolutionen (Erste industrielle Revolution der Mechanisierung, Zweite Industrielle Revolutionierung durch das Fließband, Dritte industrielle Revolution durch IT und Elektronik) die Veränderung der Hightech-Produktion durch Software und sogenannte künstliche Intelligenz.
Doch der Begriff in seiner ursprünglichen Verwendung bezeichnet weitaus profanere Prozesse. Es geht um die Umwandlung von analogen Werten in digitale Formate. Digitalisierung geschieht also – auf den konkreten Alltag der Südtiroler Unternehmen heruntergebrochen – wenn etwa ein Betrieb seine Werbung über E-Mail-Newsletter verschickt, wenn er seine Daten in einer Cloud abspeichert oder wenn er eine Website erstellt und diese entsprechend pflegt. In einer „Standortbestimmung“ ist die Handelskammer Bozen der Frage nachgegangen, wie Südtirols Unternehmen zu diesen recht unspektakulären Aspekten des „Megatrends Digitalisierung“ stehen. Dabei hat das Wifo im Herbst 2017 2.200 unterschiedlich große Unternehmen aus den verschiedenen Sektoren (Landwirtschaft, Industrie, Handwerk, Baugewerbe, Groß- und Einzelhandel, Gastgewerbe und Dienstleistungen) befragt. Bei einer Rücklaufquote von 75 Prozent ist laut dem Wifo ein repräsentatives Abbild des Digitalisierungsgrades der Südtiroler Wirtschaft entstanden.
Dieses Abbild birgt zum Teil überraschende Ergebnisse. Neben der allgemeinen Erkenntnis, das sich nur ein kleiner Teil (vier Prozent) der Firmen bereits als „digital hoch entwickelt“ einschätzt und sich der Großteil der heimischen Wirtschaft angesichts der Digitalisierung keine wesentlichen Änderungen der Geschäftstätigkeit erwartet, überraschen auch die Details der Erhebung, die im Anhang der Wifo-Studie zu finden sind. Etwa dort, wo es um den „Einsatz digitaler Technologien und Instrumente“ geht. So gaben 21 Prozent aller befragten Unternehmen an, einen eigenen Webauftritt für „nicht relevant“ zu erachten. Bei Betrieben mit maximal fünf Mitarbeitern steigt die Quote auf 23,8 Prozent an. Nimmt man jene mit sechs bis 9 Mitarbeitern hinzu, steigt die Zahl auf fast 35 Prozent. Auch auf das Thema Datensicherung geben die heimischen Firmen nicht besonders viel. Zwar gaben 62,2 Prozent aller Befragten an, in diesem Bereich bereits tätig geworden zu sein. 18,7 Prozent aber halten das Thema für „nicht relevant.“
Noch höher steigt diese Rate, wenn es um den Einsatz von Social Media und Cloud Services geht. 35,7 Prozent der befragten Betriebe gaben an, dass sie über Kanäle wie Facebook, Instagram oder Blogs bereits im Internet vertreten sind. 27,6 Prozent hingegen erachten entsprechende Aufritte für „nicht relevant“, 25,8 Prozent haben im Moment keine entsprechenden Aktivitäten geplant. Auffallend: Mit zunehmender Betriebsgröße steigt der Einsatz von Social Media markant an. Während 31,7 Prozent der Unternehmen mit maximal fünf Angestellten in den sozialen Medien unterwegs sind, nutzen sie in der Kategorie 250+ gleich 86,5 Prozent der befragten Firmen. In der Unterscheidung nach Sektoren erzielt das Gastgewerbe mit 46,9 Prozent hier die höchste Quote; Schlusslicht ist der Transport mit 23,0 Prozent. In der Frage der Anwendung von Cloud Services gaben 17,7 Prozent aller befragten Unternehmen an, diese bereits zu nutzen. 40 Prozent erachten dieses Instrument für „nicht relevant“.
Was die Auswirkungen der Digitalisierung auf Dinge wie Umsatz, Produktqualität oder Investitionsbedarf betrifft, gibt sich die Südtiroler Wirtschaft sehr zurückhaltend bzw. skeptisch. So sind 63,9 Prozent der Unternehmen der Meinung, dass die Digitalisierung keine wesentliche Änderung des Umsatzes mit sich bringt. 23,8 Prozent können die Entwicklung diesbezüglich nicht abschätzen, 10,6 Prozent erwarten eine deutliche Zunahme des Umsatzes, 1,6 Prozent hingegen eine deutliche Abnahme des Umsatzes. Hinsichtlich der Produktion erwarten 11,4 Prozent der heimischen Unternehmen, dass sich die Fertigung künftig flexibler gestalten lässt. 59,8 Prozent sind der Meinung, dass die Digitalisierung keine wesentlichen Änderungen bei der Produktion bringen wird. Diese Haltung drückt sich auch in der Frage zum Investitionsbedarf aus. 12,6 Prozent der befragten Betriebe erwarten, dass sie infolge der Digitalisierung deutlich investieren müssen, 59 Prozent sehen „keine wesentliche Änderung“ beim Investitionsbedarf. (hp)