Bozen/München – Georg Kofler ist wohl einer der bekanntesten Südtiroler im deutschsprachigen Raum. Er stammt aus Oberrasen im Antholzer Tal und hat in Deutschland Karriere gemacht. Nach dem Studium der Publizistik und Politikwissenschaften in Wien wurde er zunächst Referent des ORF-Generalintendanten, um dann dem Ruf der Kirch-Gruppe nach München zu folgen, wo er mit nur 31 Jahren Gründungsgeschäftsführer von ProSieben wurde. Georg Kofler brachte ProSieben an die Börse, führte erstmals Teleshopping in Deutschland ein und wechselte danach als Geschäftsführer zum insolventen Bezahlsender Premiere, den er sanierte und ebenfalls an die Börse brachte.
2006 verabschiedete sich Georg Kofler aus dem Fernsehgeschäft und gründete Kofler Energies. Heute ist er Hauptaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der börsennotierten Social Chain AG, die auf Social-Media-Marketing spezialisiert ist und im vergangenen Jahr mit rund 1.400 Mitarbeitenden einen Umsatz von über 600 Millionen Euro erzielte – so viel wie nur eine Handvoll Unternehmen in Südtirol. Seit 2017 sucht er überdies als Juror der populären Gründershow „Die Höhle der Löwen“ vor den Augen der Fernsehzuschauer:innen vielversprechende Start-ups. Das Fernsehen zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben.
Georg Kofler im SWZ-Podcast
Am 1. April referiert Georg Kofler beim Südtiroler Wirtschaftsforum in Bozen (siehe beistehenden Beitrag). Die SWZ hat mit ihm vorab ein Gespräch geführt, das unter swz.it/podcast abgerufen werden kann. Auf die Frage, wann der Löwe in ihm brülle, antwortet er: „Der Löwe brüllt in mir, wenn überzeugende Persönlichkeiten ihre Idee vorstellen.“ Denn letztendlich hänge alles von den Menschen ab. Natürlich muss die Geschäftsidee stimmig sein, sagt er, aber er versuche zu verstehen, wie die Gründerin oder der Gründer ticken und ob ihnen zuzutrauen wäre, ein Unternehmen mit mehreren Hundert Leuten zu führen und ihre Belegschaft zu begeistern. Von guten Verkäufern lasse er sich „auch mal elegant über den Tisch ziehen“, witzelt er.
„Wenn du Unternehmer sein willst, dann musst du bereit sein, die Hand auf die Herdplatte zu legen.“
Über sein allererstes Investment bei der Höhle der Löwen sagt Kofler: „Dieses Investment hat sich in der Zwischenzeit sicher mehr als verzehnfacht und ist über meine Erwartungen hinaus ein Riesenerfolg geworden.“ 2017 investierte er 150.000 Euro für zehn Prozent der Anteile an ArtNight, einer Internetplattform, über die sich Menschen zum gemeinsamen Malen verabreden – eine ungewöhnliche Idee.
Georg Kofler ortet „goldene Zeiten für Gründer“. Die Digitalisierung eröffne ungeahnte Chancen und erleichtere es, mit einer guten Idee ein Geschäft zu starten. Gewissermaßen habe das Internet für eine „Demokratisierung der Gründerkultur“ gesorgt.
Die Illusion, Gesetze könnten es richten
Wäre da nur nicht die Bürokratie: „Ich sehe da sehr große Probleme und auch Frustrationspotenzial für junge Leute, die eine Firma mit ganz wenig Geld auf die Beine stellen wollen und sich dann mit so viel Bürokratismus abgeben müssen.“ Kofler kritisiert „die Illusion, dass man mit mehr Gesetzen eine geordnetere Marktwirtschaft hinbekommen könnte“, und ergänzt: „Es wird immer schwarze Schafe geben, aber man kann deswegen nicht jedes Mal ein neues Gesetz machen, denn das beengt jene 99 Prozent der Unternehmer, die sich nach Recht und Gesetz bewegen. Kofler plädiert „für eine Art Sonderwirtschaftszone für junge Unternehmen“ mit Vereinfachungen, die den Start erleichtern.
„Ich sehe Frustrationspotenzial für junge Leute, die eine Firma mit ganz wenig Geld auf die Beine stellen wollen und sich dann mit so viel Bürokratismus abgeben müssen.“
Im Grunde sei die Eindämmung der Bürokratie im allgemeinen Interesse, denn „je mehr Innovationen und Innovatoren wir haben, desto mehr Arbeitsplätze werden geschaffen, desto lebendiger ist die Wirtschaft und desto vielfältiger ist unser Gesellschaftsleben“.
Was unterscheidet eigentlich Unternehmer:innen und Führungskräfte? Der wesentliche Unterschied sei die Risikobereitschaft: „Wenn du Unternehmer sein willst, dann musst du bereit sein, die Hand auf die Herdplatte zu legen, mit eigenem Geld. Du musst auch bereit sein zu scheitern.“ Er selbst habe natürlich auch Angst vor dem Scheitern, wer habe die nicht. Aber er betrachte die Option, auch mal zu scheitern, „eher als Herausforderung denn als Bedrohung“. Unternehmertum sei nicht nur eine ökonomisch-kapitalistische Beschäftigung, sondern eine Lebensform.
Kann Kofler den Pusterer Dialekt noch?
Im Podcast spricht Georg Kofler auch darüber, welche Art von Chef er ist, welche Bedeutung Glück im Unternehmerleben hat, ob er manchmal Tage hat, an denen er nicht gerne zur Arbeit geht, wie er Südtirol von außen betrachtet und welcher der beste Ratschlag war, den er je erhalten hat. Auch tritt er den Beweis an, des Pusterer Dialekts nach wie vor mächtig zu sein.
Das Gespräch kann – genauso wie die bisherigen Episoden des SWZ-Podcasts – hier abgerufen werden, ebenso über Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts. Neue Folgen gibt es ebendort jeden zweiten Freitag.(cp)
Info
Das Südtiroler Wirtschaftsforum am 1. April
Am Freitag, 1. April, treffen sich Unternehmer:innen, Führungskräfte, Entscheider:innen und Interessierte zum Südtiroler Wirtschaftsforum im Kongresszentrum MEC in Bozen. Fünf Vorträge stehen auf dem Programm, dazu gibt es die Möglichkeit zum persönlichen Austausch untereinander sowie die Gelegenheit, im Ausstellungsbereich ausgewählte Start-ups kennenzulernen.
Nach der kurzfristigen, terminbedingten Absage von Sophie Seiwald, die bei Mercedes Benz die Softwareentwicklungseinheiten sowie rund 4.000 Mitarbeitende verantwortet, wurde ebenbürtiger Ersatz gefunden: Giovanni Palazzo, gebürtiger Römer, baut als CEO und Präsident von Electrify America sowie Präsident von Electrify Canada, ein Netz mit rund 10.000 Schnellladesäulen für die E-Mobilität in Nordamerika auf. Seine Frau stammt aus Levico im Trentino. Palazzo fährt schon seit bald 20 Jahren elektrisch und ist von der Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Elektromobilität überzeugt. Ein Vorabinterview mit Palazzo erscheint in der nächsten SWZ-Ausgabe.
Interviews mit den anderen Vortragenden können auf SWZonline und über die SWZapp abgerufen werden: Lars Carlstrom will in der Nähe von Turin für 3,4 Milliarden Euro eine der größten Batteriefabriken Europas verwirklichen; Lucas Zanotto hat sich als Kreativer mit humorvollen Animations- und Werbefilmen international etabliert; Sindi Mabaso-Koyana gilt als eine der einflussreichsten und vielversprechendsten weiblichen Führungspersönlichkeiten in Afrika; und der Pusterer Unternehmer Georg Kofler gehört spätestens seit seinem Juroren-Engagement bei der populären VOX-Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ zu den bekanntesten Gesichtern Südtirols.
Die SWZ ist Veranstaltungspartnerin des Südtiroler Wirtschaftsforums.
Das Programm des SWF:
12 Uhr: Ausgewählte Start-up-Unternehmen präsentieren sich
13.30 Uhr: Begrüßung durch Landeshauptmann Arno Kompatscher und Sparkassepräsident Gerhard Brandstätter
13.45 Uhr: Giovanni Palazzo, Electrify America: Electrifying America – un’avventura affascinante
14.30 Uhr: Lars Carlstrom, Italvolt: Electrifying the future – New opportunities for Italy and Europe
15.15 Uhr: Kommunikationspause mit Erfrischungen
15.45 Uhr: Lucas Zanotto, Yatatoy: Sit back and relax – Mit kreativer Animation Menschen erreichen und berühren
16.30 Uhr: Sindi Mabaso-Koyana, AWCA Investment Holding: Entrepreneurship in challenging times – The role of leaders in transforming Economies
17.15 Uhr: Georg Kofler, Social Chain: Höhle der Löwen – Raubtiere bezwingen in turbulenten Zeiten
18 Uhr: Ausklang mit Erfrischungen
INFO Anmeldungen unter www.wirtschaftsforum.it oder an office@wirtschaftsforum.it. SWZ-Leser:innen erhalten bei Angabe des Vorteilscodes swz*22 einen zehnprozentigen Rabatt auf den Ticketpreis von 285 Euro + MwSt. Beim Kauf von drei Tickets werden nur zwei verrechnet.