Buchungsportale
Preishoheit wieder beim Unternehmer
Wenn Reisende ihre Unterkunft über Buchungsplattformen wie booking.com, Expedia oder HRS reservieren, werden dem Beherbergungsbetrieb nicht nur Vermittlungsgebühren in Rechnung gestellt. Die bekannten und damit mächtigen unter den Portalen lassen sich zudem von ihren Partnern vertraglich Bestpreise zusichern, also dass die „eigenen“ Gäste keine besseren Konditionen erhalten als jene, die über die weltweit agierenden Buchungsportale reservieren.
Diese sogenannten Bestpreisklauseln werden in Italien aller Voraussicht nach demnächst fallen: Die Regierung hat im Senat Anfang Mai die Vertrauensfrage zum vorliegenden „Markt- und Wettbewerbsgesetz“ gestellt, das verschiedene Liberalisierungsmaßnahmen in unterschiedlichen Sektoren beinhaltet – unter anderem die Nichtigkeit der Bestpreisbindung zugunsten der großen Buchungsportale, einen Änderungsantrag, den die Senatoren der Autonomiegruppe eingebracht hatten.
Detail am Rande: Der Gesetzestext war in der Abgeordnetenkammer bereits im vergangenen August verabschiedet worden, seine Behandlung im Senat hat sich jedoch vor allem aus politischen Gründen verzögert.
„Die Buchungsportale, die noch dazu in Italien keine Steuern zahlen, haben ihre Marktposition missbraucht, indem sie den Beherbergungsbetrieben eine hohe Provision aufzwingen und sogar die Preisbildung durch eine ‚Bestprice‘-Klausel beeinflussen. In den Vertragsbedingungen gefangen, sehen sich deshalb viele Betriebe gezwungen, Provisionen und Stornierungsmöglichkeiten im Endpreis zu akzeptieren. Mit der durchgesetzten Änderung wollen wir einen freien Markt ermöglichen, in dem die Beherbergungsbetriebe die Preise frei nach den herkömmlichen Marktregeln festlegen können“, schreiben die Senatoren Hans Berger und Karl Zeller (SVP) sowie Francesco Palermo (SVP/PD) in einer Aussendung.
Auch HGV-Präsident Manfred Pinzger ist zuversichtlich, dass die bisherige „nicht zufriedenstellende Situation“ überwunden werden wird und die „restriktiven Vertragsklauseln“ zur Bestpreisbindung schon bald nichtig sein werden. „Es ist zu erwarten, dass die Abgeordnetenkammer das Gesetz in Kürze in dritter Lesung genehmigen wird, womit es in Kraft treten kann“, sagt Pinzger und fügt an: „Auch wenn booking.com mittlerweile natürlich eine gewisse Position in unserem Markt einnimmt und schon im Zuge der Umwandlung des Dekrets in ein Gesetz alle Muskeln hat spielen lassen.“
Doch was wäre, wenn booking.com und Co. nach der Verabschiedung des Gesetzes einfach Anbieter von ihren Portalen streichen würden, die ihnen keine Bestpreise garantierten? „Dass auf diese Art und Weise Druck auf einzelne Beherbergungsbetriebe ausgeübt werden wird, kann ich mir nicht vorstellen. Denn bei der neuen gesetzlichen Regelung in Italien handelt es sich ja um keinen Einzelfall“, so Pinzger. „Es ist eine koordinierte und abgesprochene Vorgangsweise mehrerer europäischer Staaten.“ So hätten sich beispielsweise die Parlamente Frankreichs, Deutschlands und Österreichs schon gegen die Bestpreisklauseln ausgesprochen und den Beherbergungsbetrieben damit ihre Preishoheit wieder zugesprochen. Und auch bei einem Treffen des Exekutivausschusses von HOTREC, dem europäischen Dachverband des Hotel- und Gaststättenwesens, an dem er kürzlich teilgenommen habe, sei das Thema eines der wichtigen gewesen.
Kurzzeitvermietung
Lediglich Fiskalisches geregelt
9Flats, Wimdu oder Airbnb – Onlineplattformen wie diese machen es möglich, weltweit herkömmliche oder auch ganz spezielle Unterkünfte zu buchen. Ein Teil der Unterkünfte, die über solche Portale angeboten werden, sind solche in gewerblichen Betrieben; besonders kleinere Strukturen wie Pensionen, Garnis oder „Urlaub am Bauernhof“-Anbieter nutzen die Bekanntheit der Onlinevermittler im Verkauf. Ein anderer Teil sind Unterkünfte von Privaten, die ihre Wohnung, ihr Haus, ihre Ferienunterkunft oder Teile davon an Reisende vermieten.
„Es handelt sich bei den Onlineportalen um ein Vermietungsmodell, das großen Erfolg hat, vor allem in Zentren, im Businessbereich und bei besonderen Veranstaltungen wie zum Beispiel Messen“, sagt HGV-Präsident Manfred Pinzger, unterstreicht aber auch: „Ich glaube nicht, dass dieses Modell in der Südtiroler Ferien- und Familienhotellerie überhand nehmen wird. Trotzdem gilt: Neue Vermietungsformen müssen akzeptiert werden, jedoch wenn für alle die gleichen Voraussetzungen gelten!“ Und welche Anbieter dann schließlich überlebten, entscheide der freie Markt und nicht die ungleichen Voraussetzungen.
Von einem großen Teil der Privaten, die Wohnraum über die Onlineplattformen anbieten, wird nämlich angenommen, dass sie sich bei ihren Vermietungen weder an die fiskalischen noch an andere gesetzliche Regeln halten würden, die jedoch für Hoteliers und andere gewerbsmäßige Vermieter sehr wohl gelten. Deshalb klagen viele Tourismustreibende, dass unlauterer Wettbewerb betrieben werde. Diese Kritik gibt es nicht nur in Italien, sondern auch in zahlreichen anderen Ländern. Aus diesem Grund wurden in einigen Regionen bereits Regelungen zur Onlinevermittlung bzw. Kurzzeitvermietung erlassen, zum Beispiel in Amsterdam, Dänemark, New York und Berlin.
Die Vermittlungsportale selbst weisen indes jede Verantwortung von sich. Airbnb beispielsweise unterstreicht, dass Gastgeber, die sich auf der Website als solche registrieren, aufgefordert werden, sich über lokale Bestimmungen und Gesetze zu informieren, da der gesamte Bereich, der Genehmigungen, Steuern usw. betreffe, sehr sensibel sei.
Der italienische Gesetzgeber hat nun im April im Nachtragshaushalt versucht, einen Teil der Angelegenheit zu regeln: Artikel 4 des Gesetzesdekrets DL 50/2017 befasst sich mit Kurzzeitvermietungen von nicht mehr als 30 Tagen Dauer, die von Privatpersonen außerhalb eines Unternehmens durchgeführt werden (die SWZ hat in Ausgabe 17/17 darüber berichtet, zum Nachlesen auf SWZonline oder in der SWZapp). Demnach gilt für Vermietungen die Anwendung der Einheitssteuer von 21 Prozent („cedolare secca“) und der Abzug einer Quellensteuer im gleichen Ausmaß seitens der Vermittler; die Alternative zur Einheitssteuer ist die normale, progressive Irpef-Besteuerung. Internetportale und auch andere Vermittler von kurzfristigen Wohnungsmieten werden verpflichtet, die vermittelten Mietverträge der Einnahmenagentur zu melden.
Auch bisher hätten Nebeneinkünfte aus solchen Vermietungen schon versteuert werden müssen, allerdings wird angenommen, dass das ein großer Teil der Vermieter nicht getan hat. Wird sich durch die neue Regelung in der Praxis etwas ändern? „Wir gehen davon aus“, sagt HGV-Präsident Pinzger, „dass diese gesetzliche Anpassung durchaus Auswirkungen haben wird. Andererseits wurde damit erst ein Aspekt geregelt, nämlich der fiskalische. Andere gesetzliche Vorgaben, an die sich lizensierte Beherbergungsbetriebe halten müssen, dagegen wurden noch nicht geregelt.“ Zum Beispiel dürfe die Meldepflicht nicht vergessen werden, ein Bereich, in dem es um die öffentliche Sicherheit gehe.