Ich muss vorausschicken, dass ich mich selbst weder als Feministin noch als Emanze bezeichnen würde, und dass ich mich in der Vergangenheit auch schon geweigert habe, über „klassische“ Frauenthemen zu schreiben, weil ich nicht in die Ecke „verbitterte Frauenrechtlerin“ gedrängt werden wollte. Heute denke ich mir: Vielleicht wäre es doch nicht so schlecht gewesen, öfter für die Frauen Wort zu ergreifen – denn weiterentwickeln und verbessern tun sich die Dinge meist nur dann, wenn darüber gesprochen wird, aber vor allem, wenn sich „Aktivisten“ dafür einsetzen.
Vorausschicken muss ich außerdem, dass ich zwar mit dem Finger auf das Problem zeige, aber selbst nicht mit konstruktiven Lösungsvorschlägen aufwarten kann.
Vielleicht ist es ja die Weisheit des Alters, die mich zu solchen Gedanken bringt? Vielleicht habe ich in den vergangenen Jahren auch nur einige Male zu oft den Kopf schütteln müssen darüber, wie Frauen mit sich umspringen lassen (müssen), wie Männer sich ihnen gegenüber verhalten?
Inzwischen sind meine Zweifel schon in der SWZ-Redaktion angekommen. Auch wir schreiben männerlastig, obwohl die vierköpfige Redaktion zu 50 Prozent mit Frauen bestückt ist und sowohl in Verwaltung, Werbeverkauf und Grafik ausschließlich Frauen arbeiten. Andererseits: Unsere fixen freien Autoren sind fast ausschließlich Männer, genauso wie Chefredakteur und Präsident des Verwaltungsrates.
Und nun auch noch das: Es ist in den vergangenen Wochen öfter vorgekommen, dass ich am Mittwochnachmittag bei Redaktionsschluss vor den auf dem Boden ausgebreiteten, ausgedruckten Seiten der nächsten Ausgabe der SWZ stand und irgendwie nicht rundum glücklich war mit dem Ergebnis. Denn da lagen vor mir 20, 24 oder auch 28 Seiten, hinter deren Themenmischung und Aufbereitung ich stehen konnte – die aber der Gleichberechtigung Frau/Mann nicht Genüge taten, sondern ganz besonders männer- gepaart mit alterslastig waren. Will heißen: Protagonisten, Befragte und Gastautoren sind nicht nur überdurchschnittlich häufig, sondern in der Regel Männer im sogenannten „besten Alter“ und älter. Gefühlt sind es 80/90 Prozent der Protagonisten, in der Realität sind es sicherlich weniger, denn wir rücken auch jüngere Männer in ein gutes Licht.
Jetzt bitte nicht falsch verstehen: Es handelt sich bei diesen Menschen – bei diesen Männern – meistens um fähige, erfahrene und intelligente Personen, deren Erscheinen in der Öffentlichkeit und damit auch in der SWZ durchaus Berechtigung hat, die interessante Dinge zu erzählen und die beachtliche Leistungen erbracht haben, die Vorreiter, Vordenker, Vorbild sind.
Doch warum nur kommen so wenige Vorreiterinnen, Vordenkerinnen, weibliche Vorbilder zum Zug? Sicher, auch wir in der SWZ haben ab und an „rosarotere“ Ausgaben, aber ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis hatten wir wohl kaum einmal – es kommt nicht mal dann zustande, wenn wir uns bewusst darum bemühen. Und alleine bei sogenannten „Schmuckbildern“ Frauen in den Fokus zu rücken – also zum Beispiel bei einem Artikel über Mitarbeiterführung ein Foto zu verwenden, auf dem zwei Frauen abgebildet sind anstatt Männer –, langt einfach nicht, wenn der Experte ein Mann ist.
Es kommt vor, dass wir intensiv darüber nachdenken, über welche Frau wir schreiben oder welche Expertin wir zu einem bestimmten Thema befragen könnten. Aber manchmal, das muss ich ehrlich zugeben, gestalten sich diese Überlegungen mühsam, denn als Koryphäen gelten in ganz vielen Bereichen – und noch einmal mehr in Wirtschaft und Politik – nun einmal Männer. Führungskräfte sind noch immer zum Großteil Männer, bei Veranstaltungen sind referierende Frauen in der Minderzahl … Und Themen nur deshalb aufzugreifen, weil „irgendeine“ Frau dazu was zu sagen hätte, ist natürlich auch keine Lösung – denn einzig mit der Qualifikation „Frau“ punktet bei der Wirtschaftszeitung und auch andernorts niemand (obwohl – aber das nur als Detail am Rande – als ich damals eingestellt wurde, war man angeblich explizit auf der Suche nach einem weiblichen Redaktionsmitglied zur Abrundung der Ideen und Einstellungen der damals zwei männlichen Redaktionsmitglieder).
Doch ich bin überzeugt davon, dass es die engagierten, fähigen Frauen auch in Südtirol in ausreichender Zahl gibt – dass diese aber das, was sie können, weniger geschickt kommunizieren als die meisten Männer und deren Netzwerke. Deshalb hier nun meine Bitte und mein Aufruf: Wer interessante Frauen kennt oder „Frauenthemen“ im Kopf hat, die wirtschaftlich oder politisch aufgerollt werden könnten – bitte melden!