Mario Draghi surft auf der Beliebtheitswelle. Laut jüngsten Umfragen liegen seine Popularitätswerte sogar höher als bei seinem Amtsantritt vor drei Monaten. Punkte gesammelt hat Draghi sicher auch mit dem Bekanntwerden seines Lohnverzichts. Er macht den Regierungschef gratis.
Der Verzicht ist ehrenwert und trotzdem falsch. Vorgänger Giuseppe Conte verzichtete in bester M5s-Manier auf 20 Prozent, Draghi erhöht auf 100 Prozent, und was kommt danach? Müssen sich Regierungschef:innen künftig dafür schämen, wenn sie die zirka 6.500 Euro netto pro Monat für diese anspruchsvolle Aufgabe zur Gänze kassieren? Sind nur enthaltsame Leute in der Politik gute Leute? Und wenn schon in einem so verantwortungsvollen politischen Amt Verzicht möglich ist, müssen dann Minister:innen und Landeshauptleute nachziehen?
Vorgänger Giuseppe Conte verzichtete in bester M5s-Manier auf 20 Prozent, Draghi erhöht auf 100 Prozent, und was kommt danach?
Draghi befeuert einen Wettbewerb, den die Politik nur verlieren kann. Einem Mann, der Einkommen in der Höhe von knapp 600.000 Euro in der Steuererklärung stehen hat, ändert die populäre Aktion natürlich nicht das Leben. Genauso wenig ändert sie die Lage des hochverschuldeten Staates.
Es geht ums Prinzip: Arbeit muss entlohnt werden. Das ist nur gerecht und nichts, was jemandem peinlich sein muss. Die Politik zerstört sich selbst, wenn sie die Botschaft vermittelt, dass es mit der Ehre getan sei. In die Politik gehören die Besten und nicht jene, die sie sich leisten können. (cp)