Einer der Kellner in einem Restaurant, wo ich zuweilen mittags esse, kommt aus Bangladesch. Als ich mich einmal bei ihm erkundigt habe, wie die allgemeinen Verhältnisse dort sind, hat er geantwortet, dass die Politiker stehlen. „Aber ihr habt ja eine Demokratie, ihr könnt ja andere wählen“, habe ich eingewandt. Seine Antwort: „Das haben wir ja getan, aber die Neuen stehlen auch.“
Diese Geschichte erinnert an das, was sich derzeit in der italienischen Öffentlichkeit an Meinungsbildung über politische Parteien und Politiker abzeichnet. Seit Jahren folgt ein Skandal dem anderen. Aber statt dass die Verantwortlichen die Konsequenzen gezogen und den Sumpf trockengelegt hätten, geht das Abkassieren fröhlich weiter. Der Regionalrat von Latium hat mitten in der Krise einstimmig (!!) beschlossen, die Mittel für die politischen Fraktionen großzügig zu erhöhen, und diese Mittel wurden dann zum Teil missbräuchlich für Festessen und Hotelaufenthalte verwendet oder privat für einen Villenbau abgezweigt. Das alles wirft wieder einmal ein schiefes Licht auf unsere Volksvertreter, denn vor dem Fall Latium hat es viele andere Missbräuche gegeben. So ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, Politiker seien keineswegs Ehrenleute, sondern geldgierige, unmoralische und nur auf ihren Vorteil bedachte Individuen. Und weil diese ganz offensichtlich in allen Parteien umgehen, zweifeln immer mehr Menschen am Wert der Demokratie. Ihre Haltung: Wen du auch wählst – wenn sie oben sind, vergessen sie das Allgemeinwohl, versorgen ihre Lobbys und bedienen sich an Steuergeldern, indem sie Normen erlassen oder beibehalten, die dies möglich machen. Der bereits lädierte Ruf der Politik befindet sich im freien Fall. Bald könnte die Mehrheit der Wahlberechtigten gar nicht mehr zu den Urnen gehen, da das Gefühl vorherrscht, sowieso nichts bewirken zu können.
Wir Südtiroler müssen gar nicht die Nase rümpfen über diese italienischen Verhältnisse, denn unser System der (doppelten) Fraktionsgelder in Landtag und Regionalrat ist weder inhaltlich noch formal vorbildlich und jeder externen Überprüfung entzogen. Auch hierzulande besteht Kontrollbedarf.
Die Politik muss handeln, sonst gefährdet sie die Demokratie.