Bozen/Rom – Innerhalb von fünf Tagen war in Südtirol nichts mehr, wie es war. Donnerstagabend stufte das Robert-Koch-Institut in Berlin das beliebte Urlaubsland als Risikogebiet ein, woraufhin es Buchungsstornierungen hagelte. Montagmittag beschlossen die Skigebiete und Hotels das abrupte Ende der Wintersaison, trotz traumhafter Schneeverhältnisse. Am selben Abend erklärte die Regierung Conte ganz Italien – und Südtirol – zur geschützten Zone mit empfindlichen Einschränkungen für den Alltag.
Die Stimmung im Land, das eben noch zwischen Geschäftigkeit und Dauerstress pendelte, ist seither gedrückt. Telefone, die eben noch pausenlos schellten, stehen in vielen Unternehmen still. Mailordner, die überquollen, verzeichnen nur noch tröpfchenweise Posteingänge. Aufträge, die dringend waren, sind storniert. Einnahmen bleiben aus. Verschuldete Unternehmen bangen plötzlich um ihre Existenz. Bei Beratern und Verbänden informieren sich Arbeitgeber, wie sie Kurzarbeit und Lohnausgleich beanspruchen, Zwangsurlaube verhängen und befristete Arbeitsverträge vorzeitig beenden können. Saisonkräfte (vorerst nur sie) stehen ohne Löhne da, mit denen sie gerechnet hatten. Die Arbeitsämter und Patronate rüsten sich für den Ansturm auf das Arbeitslosengeld.
Dem Coronavirus ist gelungen, was weder die Dauerstagnation in Italien, noch die letztjährige Konjunkturschwäche in Deutschland geschafft haben, nämlich Südtirols Wirtschaft zu bremsen und eben noch brennende Themen wie Overtourism, Fachkräftemangel, Bauboom, Verkehrskollaps, Lohndebatte unwichtig zu machen. Südtirol schien seit dem letzten (leichten) Dämpfer 2014 unverwundbar. Entsprechend mutig (und zum Teil übermütig) wurde investiert. Und entsprechend heftig entbrannte die Lohndebatte. Jene, die den Arbeitgebern eben noch vorwarfen, die Gewinne nicht an die Mitarbeiter*innen weiterzugeben, beschwören jetzt den Zusammenhalt und fordern die Arbeitgeber auf, zu den Mitarbeitern und ihren Familien zu stehen. Darum bemühen sich die meisten Arbeitgeber*innen durchaus, so wie die meisten Arbeitnehmer*innen die Bedürfnisse der Unternehmen berücksichtigen. Aus diesem Grund wird sich Südtirol wieder aufrappeln, vielleicht schneller als andere Regionen. Vorerst aber ist klar geworden, wie vergänglich die wirtschaftliche Blüte sein kann.