Rom – Um die Beschäftigung anzukurbeln und die Anzahl der prekären Arbeitsverhältnisse zu vermindern, ist mit dem Stabilitätsgesetz 2015 (Nr. 190 vom 23.12. 2014) bestimmt worden, dass private Arbeitgeber bei der Einstellung von Mitarbeitern mit unbefristeten Arbeitsverträgen, die heuer erfolgen, drei Jahre lang von der Bezahlung der Sozialabgaben zu ihren Lasten befreit sind, und zwar im Ausmaß von maximal 8.060 Euro pro Kopf und Jahr. Voraussetzung: Es muss sich entweder um die Einstellung von Menschen handeln, die seit mindestens sechs Monaten arbeitslos sind, oder um die Umwandlung von befristeten in unbefristete Arbeitsverhältnisse. Die Kosten für den Staat waren im ersten Jahr mit einer Milliarde Euro veranschlagt, in den Jahren 2016 und 2017, wenn die Maßnahme voll zum Tragen kommt, mit je zwei Milliarden.
Schon von Beginn an wurden Zweifel an der Förderung geäußert. Dabei ging es um deren Wirkung (wie viele Einstellungen werden zusätzlich generiert und wie viele wären sowieso erfolgt?), besonders aber um deren Nebenwirkung. Die Betriebe haben diese deutliche Verringerung der Lohnnebenkosten begrüßt, aber für den Ausfall der Beiträge bzw. die figurative Gutschrift der Rentenbeiträge muss der Staat mit Steuergeldern aufkommen. Noch im Frühjahr war erwartet worden, dass die Regierung die Förderung wegen Erschöpfung der bereitgestellten Mittel stoppen werde. Das ist aber nicht geschehen. Am Montag hat das INPS eine vorläufige Bilanz gezogen: In den ersten acht Monaten (bis Ende August) sind 1,16 Millionen unbefristete Arbeitsverträge registriert worden, 300.000 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Davon sind 790.000 Fixanstellungen in den Genuss der Beitragsbefreiung gekommen. Diese Zahl dürfte bis Jahresende noch weiter ansteigen. Der Kostenrahmen von einer Milliarde ist längst auf mehr als das Doppelte angewachsen. Auch die derzeit veranschlagten 2,4 Milliarden dürften nicht ausreichen, und Experten gehen davon aus, dass die Ausgaben für den Staat in den nächsten zwei Jahren mindestens je 4,8 Milliarden betragen. Insgesamt kostet die Förderung bis 2017 (dann läuft sie aus) also mindestens zwölf, wenn nicht 15 Milliarden.
Im Vorfeld der Erstellung des Staatshaushalts 2016 und des diesbezüglichen Stabilitätsgesetzes hat Finanzminister Pier Carlo Padoan einige Probleme. Es müssen nämlich nicht nur die beschriebenen Beitragskürzungen finanziert werden, sondern auch die Streichung der Steuern auf die Erstwohnungen, die geplante Vorziehung der IRES-Senkung und die ebenfalls ins Auge gefasste Wiedereinführung der Steuerbefreiung für Leistungs- und Produktivitätsprämien. Zugleich muss der Staat massiv Ausgaben kürzen, denn er steht gegenüber der EU in der Pflicht: Das Haushaltsdefizit 2016 muss sinken, denn 2018 soll die berühmte schwarze Null erreicht werden. Regierungschef Matteo Renzi und Padoan verhandeln fieberhaft mit Brüssel, um konjunkturbelebende Maßnahmen wie Steuersenkungen teilweise aus der Berechnung der Neuverschuldung ausklammern zu dürfen. Die Zusage Roms, die Mehrwertsteuer stufenweise bis auf 25 Prozent anzuheben, wenn die Rechnung nicht aufgeht, hängt wie ein Demoklesschwert über dem Haushaltsvoranschlag 2016. In diesem Fall müssten die Bürger und indirekt die Unternehmen Wohltaten wie die Befreiung von den Sozialabgaben teuer bezahlen.
Im Raum steht eine unorthodoxe Lösung, die hoffentlich eine Hypothese bleibt, nämlich die Abgabenbefreiung für 2016 im Nachhinein auf ein Drittel zu beschränken. Dies widerspricht zwar allen Rechtsprinzipien und kippt die letzten noch verhandenen Vertrauensreste der Unternehmen in den Staat, aber der Verfassungsgerichtshof hat schon öfter grundsätzlich festgestellt, dass solche Ad-hoc-Maßnahmen zulässig sind, wenn es um die finanzielle Rettung Italiens geht.