Bozen – Niemand schafft sich selbst gern ab, das ist nur menschlich. Naheliegend ist deshalb, dass der übergeordnete Verantwortliche die Entscheidung treffen muss – das ist in diesem Fall Landeshauptmann Kompatscher. Es geht um die mehr oder minder gemeinsame Zukunft der Export Organisation Südtirol, die der Handelskammer gehört, und der drei Landesgesellschaften TIS Innovation Park, Business Location Südtirol und Südtirol Marketing.
Vor etwa einem Jahr hat der damals als SMG-Direktor scheidende Christoph Engl den vier genannten Organisationen ein nur halb ausgebrütetes Ei ins Nest gelegt. Man solle doch genauer prüfen, ob die vier Gesellschaften nicht besser zusammengeführt werden sollten. Überschneidungen und Doppelgleisigkeiten seien vorhanden, und wenn man jetzt sowieso seinen Nachfolger für die SMG suchen müsse, wäre es sinnvoll, diese Frage vorher zu klären. „Südtirol weiterzuentwickeln und nach außen hin zu bewerben, ist eine Gesamtaufgabe“, hatte Engl in einem ff-Artikel gesagt. Es sei nicht sinnvoll, wenn neben der in Sachen Messeorganisation erfahrenen EOS auch die SMG Tourismusmessen organisiere. Bei der Kommunikation sei es hingegen genau umgekehrt – da habe die SMG eine höhere Kompetenz erlangt als die anderen drei Organisationen. Auch die Abteilungen Verwaltung und die EDV könnten gemeinsame sein. Die vier Organisationen treffen sich zwar monatlich, „aber es gibt noch viel Verbesserungspotenzial“, sagte Engl. „Es geht darum, mit demselben finanziellen Aufwand die Schlagkraft zu erhöhen.“ Das Ei war also gelegt, dieses auszubrüten, wollte man aber dem neuen Landeshauptmann überlassen.
Es ist ja nicht so, dass die Zusammenarbeit nicht schon funktionieren würde: Letztes Jahr lief eine gemeinsame TV-Kampagne von SMG und EOS: Nach der Südtirol-Werbung folgte ein Spot mit Südtirol-Produkten, was die Gesamtwirkung natürlich verstärkt und die Kosten der Schaltungen gehörig drosselt. Heuer haben EOS und SMG gemeinsam das Gewinnspiel „Una spesa che cambia la vita“ für Käufer von Südtirol-Produkten organisiert. Was die Organisation von Messen betrifft, erbringt die EOS gleichermaßen für Unternehmen wie für die SMG Logistikleistungen und stellt Messestände für jene bereit, die unter der Dachmarke ausstellen. Zusammenarbeit hat es schon vor Engls Fusionsplänen gegeben – und auch danach. Ergeben sich aber noch mehr Synergien, wenn die vier Organisationen zusammengeführt werden? Kriegen wir bessere Leistungen – und das zu geringeren Kosten?
Genau das wird derzeit geprüft. Im Sommer letzten Jahres stellte sich die Interims-Doppelspitze der SMG, Greti Ladurner und Marco Pappalardo, vor. Ihr Auftrag läuft bis August dieses Jahres, bis dann muss Klarheit herrschen. Im Oktober trafen sich die Präsidentinnen und Präsidenten sowie die Geschäftsführer der vier Organisationen zu Beratungen: Michl Ebner und Hansjörg Prast (EOS), Helga Thaler-Ausserhofer und Ulrich Stofner (BLS), Uli Rubner und Marco Pappalardo (SMG) sowie Nikolaus Tribus und Hubert Hofer (TIS). Man vereinbarte, dass die Geschäftsführer einen Bericht vorbereiten sollen, der die bisherige Ist-Situation der eigenen Tätigkeit samt Überschneidungen mit jenen der anderen drei auf Chancen und Gefahren hin analysiert und bestehende Kooperationen beschreibt. Im Dezember gingen die vier Geschäftsführer in Klausur, um am Bericht zu feilen, und am 19. Februar traf sich die Achterrunde noch einmal, um die Ergebnisse zu besprechen und die letzten Details für die Endversion des Berichts vorzubereiten. Dieser ist letzte Woche Arno Kompatscher zugestellt worden. „Der Landeshauptmann wird den Bericht lesen und dann eine Entscheidung treffen“, versucht Raffael Mooswalder die SWZ zu vertrösten, sagt dann aber doch: „Der Landeshauptmann erwartet sich nicht wirklich von den Betroffenen, dass sie sich für eine Zusammenlegung aussprechen.“ Im Klartext heißt das wohl, dass Kompatscher mögliche Schönfärbereien in Zusammenhang mit einer allfälligen Helmuth-von-Moltke-Strategie („Getrennt marschieren – vereint schlagen“) herausfiltern wird.
Was die Achtergruppe außerdem vorschlägt, ist, sich mit den Trentinern auszutauschen, die ja bekanntlich einen anderen Weg gegangen sind. Die Trentino Sviluppo, die die wirtschaftliche Entwicklung der Nachbarprovinz zum Ziel hat, hat von der ersten Stunde an vergleichbare Tätigkeiten wie jene des TIS, der SMG und der BLS unter einem Dach und einem Verwaltungsrat vereint. Es gibt aber in Trient Menschen, die letzthin immer lauter darüber nachdenken, den „carrozzone“, sprich den unbeweglich gewordenen Wagen aufzusplitten. Auf Frage der SWZ, wie es diesbezüglich steht, will der Präsident der Trentino Sviluppo, Flavio Tosi, nicht antworten, sondern verweist an Landeshauptmann Ugo Rossi (der in dieser Angelegenheit aber über Tage hinweg nicht zu erreichen war).
Auch die Achtergruppe in Südtirol möchte sich nicht zu dem Bericht äußern – ausnahmslos. Vielmehr wundern sich die meisten über den Informationsstand der SWZ, weil ja eigentlich absolutes Stillschweigen darüber herrschen müsste, bis sich Kompatscher beraten hat und seine Entscheidung mitteilen wird. Im Hintergrund hingegen rumort es gehörig: „Im Übrigen gibt es andere Satelliten der Landesverwaltung, wie die Laimburg, auf die ebenso einmal genauer geschaut werden sollte“, heißt es im Dunstkreis der Achtergruppe. Auch wird davor gewarnt, den vier Organisationen einen Deckel draufzusetzen, ohne dass sich drunter etwas verändert. Als Beispiel für eine nicht gelungene Zusammenlegung wird auch der Sanitätsbetrieb genannt. Das aber wird kaum die Lösung sein, die dem Landeshauptmann vorschwebt, außer er will es sich gleich mit der Wirtschaft vertun.
Die Budgetkürzungen für 2014, zumindest für die drei Landesorganisationen, betragen etwa fünf Prozent. Das Prinzip des ehemaligen Präsidenten des TIS, Alfred Guariello, man solle die jungen Leute nur machen lassen, dann würde schon etwas Sinnvolles dabei herauskommen, wird in Zeiten wie diesen als Luxus angesehen. Es heißt also strukturelle Einsparungen durchziehen und Mittel freischaufeln, um Neues angehen zu können, das den Wirtschaftsmotor wieder besser schmiert.