Bozen – Zwar decken sich die Zahlen, die das Arbeitsförderungsinstitut Afi und das Landesstatistikinstitut Astat auf Basis von Inps/Nisf-Daten präsentiert haben, nicht zu hundert Prozent, die Tendenz aber ist übereinstimmend, und zwar übereinstimmend ernüchternd.
Erstens: Die (Brutto-)Lohnentwicklung in Südtirols Privatwirtschaft ist – gemessen an der Konjunktur – nicht prickelnd. Das Astat stellt für den Zeitraum 2012–2017 ein reales Durchschnittsplus von 1,2 Prozent bei den Vollzeitkräften fest, also bereinigt um die Inflation und die zunehmenden Teilzeitverträge, welche den Lohndurchschnitt drücken. Das ist ein bescheidenes Plus, wenn bedacht wird, dass es Dienstaltersvorrückungen gibt und immer mehr Akademiker ins Berufsleben drängen. Das Afi kommt für die Jahre 2010–2017, also für zwei Jahre mehr, sogar auf minus zwei Prozent.
Zweitens: Für 2016 und 2017 stellt das Astat ein reales Lohnminus von 1,3 Prozent fest, das Afi ein ebensolches von 2,8 Prozent, obwohl die Wirtschaft boomte.
Kurzum, die Statistik stempelt die Arbeitgeber zu Geizhälsen, die ihre Mitarbeiter nicht am Aufschwung teilhaben lassen – und dann über Mitarbeitermangel und Brain Drain klagen. Die Zahlen platzen mitten in die Diskussion darüber, ob es Irap-Erleichterungen künftig nur mehr bei übertariflichen Löhnen geben soll.
Sind Südtirols Arbeitgeber Geizhälse? In mancher Branche tut eine Gewissenserforschung allemal gut. Zugleich sind die unverhältnismäßigen Lohnkosten zu berücksichtigen, die weit über den Bruttolöhnen liegen. Ebenso ist festzustellen, dass große Branchenunterschiede existieren und in mancher Branche nach wie vor die offiziellen Löhne nicht der Realität entsprechen. Und schließlich muss eine Frage erlaubt sein: Ist es schlicht so, dass Südtirols Wirtschaft vor allem in Sektoren mit niedriger Produktivität und entsprechend niedrigen Löhnen wächst? (cp)