Wir alle sind Realisten. Um Italien steht es schlecht, und die Maßnahmen zur notwendigen Sanierung der Staatsfinanzen treffen auch Südtirol – seine Menschen, seine Unternehmen, seine öffentlichen Verwaltungen. Der Fiskus langt noch tiefer in die Taschen der Steuerpflichtigen und schöpft Kaufkraft und damit Wohlstand ab, und Land und Gemeinden haben weniger Geld insbesondere für Investitionen, worunter das Baugewerbe und verschiedene Anbieter von Produkten und Leistungen leiden. Eine bestimmte Zurückhaltung ist demnach durchaus angebracht, und es ist nur logisch, dass manche Unternehmen ihre Geschäfte konsolidieren, statt sie auszuweiten, und Investitionen vorerst zurückstellen, um besser einschätzen zu können, wohin die Reise geht.
Allerdings ist die Lage nicht so schlecht, wie sie zuweilen dargestellt wird. In Südtirol haben wir nämlich leistungs- und wandlungsfähige Unternehmen (die man gewähren lassen sollte, statt sie bei ihrer Arbeit zu behindern), gut ausgebildete und einsatzfreudige Mitarbeiter, ein hohes Maß an Beschäftigung und eine gesunde Wirtschaftsstruktur mit überwindbaren Schwächen (wie die zu niedrige Produktivität). Und: Das Land liegt am Schnittpunkt zweier Wirtschaftsräume und hat das unverschämte Glück, dass meist einer der beiden Räume zieht, wenn der andere lahmt. Derzeit ist das deutschsprachige Europa eine Lokomotive, während in Italien Sand im Getriebe ist. Unterm Strich können wir davon ausgehen, dass es in Südtirol in nächster Zeit zwar kein Wachstum geben wird, wir aber auch nicht in eine hartnäckige Rezession rutschen, wie sie Italien plagt.
Das Bild der Stimmungslage, das die SWZ derzeit mit einem entsprechenden Fragebogen zeichnet, den Unternehmer ausfüllen, zeigt, dass in Südtirol abseits der Interessenvertretungen niemand Heilung durch Jammern erwartet, sondern ganz im Gegenteil der Wille sehr ausgeprägt ist, die Flinte nicht ins Korn zu werfen, sondern in der Krise eine Chance zu sehen, besser zu werden, Neues zu versuchen, innovative Lösungen zu verwirklichen. Diese Zuversicht lässt hoffen und ist ein Signal an die Landespolitik, die Weichen anders zu stellen und selbst besser zu werden, damit es wieder aufwärts gegen kann.