Bozen – Wem in diesen Wochen in den Sinn kommt, für die kommenden Sommermonate ein Wochenende auf einer der mehr als 100 Schutzhütten Südtirols zu buchen, dürfte sich damit nicht ganz leichttun, denn so manche Hütte ist jetzt schon an beinahe jedem Wochenende ausgebucht.
Eine davon ist die Büllelejochhütte, gelegen auf 2.528 Metern Meereshöhe in den Sextner Dolomiten. Mit Ausnahme von vier Nächten, an denen noch ein (!) Bett frei ist, leuchtet der Buchungskalender der Hütte den gesamten Sommer über rot – sie ist also vollbesetzt, sowohl an den Wochenenden als auch unter der Woche. „Unsere Hütte ist mit 15 Betten sehr klein und damit schnell ausgebucht. Repräsentativ ist sie deshalb für die meisten anderen der Südtiroler Schutzhütten natürlich nicht, auch wegen der Lage inmitten des Naturparks Drei Zinnen“, erklärt die Jungwirtin der Büllelejochhütte Steffie Rogger.
Zu diesem Zeitpunkt im Jahr sei die Hütte meistens bereits gut gebucht. „Heuer waren die Gäste mit den Reservierungen aber sehr schnell: Im Februar hatten wir schon die Buchungslage, die wir normalerweise Ende April erreichen.“ Auch seien viele Reservierungen von Gästen von außerhalb Südtirols, Italiens und des DACH-Raums eingegangen.
Günstiger Urlaub
Über eine ähnlich gute Buchungslage freut sich der Wirt des Schlernhauses Harald Gasser. Sein Schutzhaus liegt auf 2.457 Metern und ist mit 110 Betten deutlich größer als die Büllelejochhütte. „Die Buchungslage ist bei uns heuer ebenfalls sehr gut – besser als in den vergangenen Jahren“, sagt Gasser. Ausgebucht sei die Hütte, insbesondere an Wochentagen, aber noch nicht.
„Sobald wir im Dezember das Buchungsportal für die anstehende Saison öffnen, gehen Buchungen ein. Wahrscheinlich würden die Leute noch früher buchen, wenn es denn möglich wäre.“
Noch weiter oben in den Bergen als die beiden genannten Schutzhäuser liegt die Schwarzensteinhütte. Sie befindet sich in den Zillertaler Alpen auf 3.026 Metern über dem Meeresspiegel. Vor drei Jahren eröffnete die Wirtin Margit Ainhauser die renovierte Hütte mit 50 Betten.
„Damals sind die Menschen wie in Karawanen zu uns heraufgepilgert. Mittlerweile hat sich die Lage etwas beruhigt“, sagt sie. Für die bald beginnende Saison seien die Wochenenden gut gebucht, unter der Woche seien hingegen noch Betten frei. „Das liegt auch daran, dass es nicht jeder zur Hütte schafft. Man muss schon fit sein“, meint Ainhauser.
Sie beobachtet, dass die Buchungen immer früher eingehen, teilweise schon im Januar. Dasselbe erlebt Rogger von der Büllelejochhütte: „Sobald wir im Dezember das Buchungsportal für die anstehende Saison öffnen, gehen Buchungen ein. Wahrscheinlich würden die Leute noch früher buchen, wenn es denn möglich wäre.“ Hoch am Berg scheint der Trend zu kurzfristigen Buchungen, über den viele Unterkunftsbetriebe im Tal klagen, also eher in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Warum das so ist, können sich die Wirtinnen nicht erklären.
Risikofaktor Wetter
Die große Unbekannte ist das Wetter. Wird es schlecht, hagelt es Stornierungen. Einige Wirtinnen und Wirte verlangen, um die Ausfälle einzudämmen, seit einigen Jahren Akkontozahlungen.
Margit Ainhauser hat sich bewusst dagegen entschieden, wie sie erklärt. Die Stornierungsgebühr sei in der Schwarzensteinhütte nur dann fällig, wenn jemand weniger als drei Tage vor der Ankunft storniert. „Das Wetter ist auch für die Wanderer wie ein Lotteriespiel“, sagt Margit Ainhauser, „aber das ist halt unser Berufsrisiko.“
Nicht nur die Anzahl der Gäste und Wanderer:innen steige kontinuierlich, sondern auch deren Anforderungen, beobachtet Gasser.
Ähnliche Töne schlägt Steffie Rogger an. „Betreibt man eine Schutzhütte, muss man in Fünfjahreszyklen rechnen.“ Von fünf Jahren seien oft drei gut und zwei schlecht, oder vier gut und eines weniger gut. „In weniger guten Jahren denkt man eben an gute Saisonen zurück. Fürs Geld macht man diesen Job ohnehin nicht – zuerst kommt die Leidenschaft für die Berge und die Hütte“, unterstreicht Rogger.
Der Schlernhaus-Wirt begegnet dem Risikofaktor Wetter ebenfalls locker. Seit mittlerweile 45 Jahren verbringt Harald Gasser seine Sommer auf dem Schlernplateau, seit 25 Jahren ist er selbst Pächter des Schutzhauses. Über die Jahre hätte die Anzahl der Wanderer:innen deutlich zugenommen. „Wir befinden uns in einer Toplage – teilweise ist aber schon sehr viel los“, sagt er.
Plumpsklos und Saunas
Nicht nur die Anzahl der Gäste und Wanderer:innen steige kontinuierlich, sondern auch deren Anforderungen, beobachtet Gasser. „Die Betreiber der Hütten sind aber mit schuld. Die Hütten werden immer moderner und gerade die, die mit dem Auto versorgt werden können, bieten mittlerweile beinahe dasselbe an wie die Hotels im Tal.“
Von Sauna über WLAN-Anschluss bis hin zu warmen Duschen: All dies sei vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Gasser entscheidet sich in seinem Schutzhaus bewusst dagegen, sagt er. Die Zimmer seien nicht geheizt, es gebe Etagenklos, und einen WLAN-Anschluss würden Gäste vergeblich suchen.
Auf der Büllelejochhütte wird der Alltag ebenfalls einfach gelebt. „Untertags stehen den Gästen nur Plumpsklos zur Verfügung, Duschen gibt es keine. Denn Wasser ist hier oben am Berg Mangelware.“ Die meisten Gäste würden sich daran aber nicht stören, sagt Steffie Rogger. „Schließlich kommen sie ja genau deswegen zu uns: um einen Gang zurückzuschalten.“