Bozen – Die Vergabestellen der öffentlichen Verwaltungen in Südtirol schrieben im Jahr 2022 sage und schreibe 63.775 öffentliche Aufträge aus. Deren Gesamtwert: 3,2 Milliarden Euro.
Wie aus dem Jahresbericht der Landesagentur für öffentliche Verträge (AOV) hervorgeht, wuchs der Gesamtbetrag gegenüber 2021 um ein gutes Drittel an. Die Anzahl der Verfahren hingegen nahm leicht ab. Die öffentlichen Verwaltungen vergaben somit zwar weniger, aber dafür größere Aufträge.
Der Anstieg des Gesamtbetrages ist unter anderem auf einige große Verfahren im Gesundheitssektor und auf Kreditnahmen im Energiebereich zurückzuführen. Im Bereich der Bauarbeiten war die Gesamtsumme hingegen leicht rückläufig. „Die starken Turbulenzen bei den Materialpreisen haben die Vergaben öffentlicher Arbeiten beeinträchtigt und die Abwicklung der Ausschreibungsverfahren verlangsamt“, begründet die AOV.
82,6 Prozent der Aufträge blieben im Land, aber nur 44,7 Prozent der Beträge
Weitere interessante Daten und Fakten aus dem Jahresbericht: Fast die Hälfte der Verfahren kam von den Gemeinden und Bezirksgemeinschaften (wobei es sich meist um Klein- und Kleinstaufträge handelte). Der Anteil des Landes lag nur bei 17 Prozent. Der Rest entfiel unter anderem auf Forschungseinrichtungen und Sanitätsdienste.
Mit 82,6 Prozent ging der Großteil der öffentlichen Aufträge im Vorjahr an Südtiroler Wirtschaftsteilnehmende. Ein über die Jahre konstanter Wert. Bei den öffentlichen Bauaufträgen waren es sogar 92 Prozent.
Völlig anders stellt sich die Lage bei der Geldsumme dar: Nur 44,7 Prozent des Gesamtbetrages entfielen im Vorjahr auf Südtiroler Zuschlagsempfänger. Etwas mehr als die Hälfte ging an Wirtschaftsteilnehmende aus anderen italienischen Provinzen, ein kleiner Prozentanteil an solche aus dem Ausland. Nur im Bereich der öffentlichen Bauarbeiten blieb mit 85,5 Prozent der Großteil der Summe im Land.
Laut AOV hat dieser Unterschied wiederum mit den Beschaffungen im Gesundheitswesen und mit Kreditnahmen zu tun. Im Gesundheitsbereich etwa sind die Hauptlieferanten für pharmazeutische Produkte und Medizintechnik nun einmal nicht in Südtirol angesiedelt.
Nationale Banken sind die Spitzenreiter
Im Jahr 2021 waren noch mehrere Busunternehmen – allen voran Simobil (Silbernagl) und Pizzinini – die größten Zuschlagsempfänger. Das hatte mit der Neuvergabe der außerstädtischen Busdienste für zehn Jahre zu tun. Es handelte sich also um einen Sonderfall, der voraussichtlich erst wieder Anfang der 30er-Jahre eintreten wird.
Allerdings gab es auch im Vorjahr eine wesentliche Besonderheit: Nicht etwa Bauunternehmen, Lieferanten und Dienstleister waren die größten Zuschlagsempfänger von öffentlichen Aufträgen, sondern zahlreiche, vorwiegend nationale Banken.
An erster Stelle liegt die Großbank Intesa Sanpaolo. Sie erhielt Zuschläge im Wert von 175 Millionen Euro. Praktisch gleichauf ist die Mediobanca. Mit 115 Millionen Euro ist die Credit Agricole Friuladria an dritter Stelle gelistet. In den Top Ten folgen weiters die Unicredit, die Banca Nazionale del Lavoro (beide 100 Millionen Euro), die Südtiroler Sparkasse und Banco BPM (beide 75 Millionen) sowie auf dem elften Platz die Raiffeisen Landesbank (50 Millionen Euro).
Hintergrund sind Darlehen der Landesenergiegesellschaft Alperia, die 2022 aufgenommen wurden – eben bei verschiedenen Banken. In Summe sind es 875 Millionen Euro, die der Stärkung der Liquidität dienen sollen. Die Gesamtfinanzierung seitens eines Bankenpools, die im Vorjahr von Alperia bekanntgegeben wurde, beträgt 1,4 Milliarden Euro.
Die 1.000 Euro, die beim Spitzenreiter Intesa Sanpaolo für eine unrunde Summe sorgten (siehe Grafik), betreffen übrigens die Erneuerung eines Schatzamtsdienstes.
Strabag die Nummer 1 am Bau
An der vierten Stelle in der Rangliste der größten Zuschlagsempfänger 2022 liegt der Baukonzern Strabag. Er erhielt im Vorjahr öffentliche Aufträge in Höhe von knapp 110 Millionen Euro. Den Löwenanteil machte der Bau der Umfahrung von Percha mit über 77 Millionen Euro aus. Hinzu kam die Umfahrung von Branzoll mit knapp 32 Millionen Euro.
Mit Carron Bau ist ein weiteres Bauunternehmen in den Top Ten vertreten. Es konnte sich über Zuschläge in Höhe von 63 Millionen Euro freuen. Rund die Hälfte machte der Bau des übergemeindlichen Seniorenzentrums Elisabethsiedlung in Vahrn aus, weitere 21 Millionen Euro der Umbau und die energetische Sanierung der Bozner Mittelschule Ada Negri.
Die Nummer 3 unter den Bauunternehmen war „Generale Costruzioni Ferroviarie“ (25,7 Millionen Euro), das für die Elektrifizierung der Vinschgerbahn zuständig ist. Dahinter folgen bekannte Namen wie Unionbau (20,8 Millionen Euro – unter anderem Bau eines Sozialzentrums und einer geschützten Werkstatt in Toblach), Plattner AG (16,7 Millionen – Errichtung des neuen Sitzes der italienischen Schulen Marconi und Levinas in Meran) und Mair Josef & Co. (11,9 Millionen – mehrere mittelgroße Arbeiten).
Viel Geld für die Pharmakonzerne
Auf dem zehnten Platz der Rangliste ist das Konsortium der Südtiroler Mietwagenunternehmer (KSM) zu finden. Es ging dabei um den Zuschlag für die Schülertransportdienste im Ausmaß von insgesamt 53,9 Millionen Euro.
In den Top 50 der Zuschlagsempfänger scheinen ansonsten zahlreiche Pharma- und Medizintechnikriesen auf, die den Südtiroler Sanitätsbetrieb beliefern. Der höchste Gesamtbetrag entfiel im Vorjahr mit 47 Millionen Euro auf Janssen-Cilag, einem zum amerikanischen Konzern Johnson & Johnson gehörendes Unternehmen. Der Großteil des Betrages betrifft die Lieferung von verschiedenen Medikamenten für die Dauer von 45 Monaten.
Dahinter folgt in dieser Branche MSD Italia, Teil der deutschen Merck-Gruppe, mit 23,8 Millionen Euro. Auch hier ging es im Wesentlichen um die längerfristige Lieferung von Medikamenten.
Weitere große Zuschlagsempfänger in der Gesundheitsbranche waren Alexion Pharma Italy (Astrazeneca), Astrazeneca selbst, Roche Diagnostics, Sanofi und Pfizer.
Dieser Artikel ist in der gedruckten SWZ mit folgendem Titel erschienen: „Kreditgeber an der Spitze“