Lange dauert’s nicht mehr, dann ist er wieder da: der Valentinstag, der Tag der Liebenden, der romantischste Tag des Jahres – zumindest wenn man den Marketingstrategen von Geschenkartikelherstellern, Touristikern und Floristen Glauben schenkt. Zum Valentinstag wird uns alljährlich vorgegaukelt, dass wir unseren Partnern unbedingt was Tolles zukommen lassen müssen und dass all jene, die solo sind, „orme Hascherlen“ sind. Und all jene, die einen Partner haben, der ihnen aber nichts schenkt, sind erst recht bedauernswert. Man denke nur an die jeweiligen Valentinstag-Folgen der unzähligen US-amerikanischen Serien: Das hübscheste und deshalb auch beliebteste Mädchen der Schule sammelt am 14. Feb- ruar massenhaft Grußkarten kombiniert mit zahllosen Kinoeinladungen für den Abend; und der hässliche, unsoziale Bruder bekommt nur eine Karte – und sogar die stellt sich im Laufe der Sendung als Schwindel heraus, die beliebte Schwester und deren beliebte Freundin konnten es sich nicht verkneifen. Sogar die Simpsons zelebrieren den Tag und auch deutsche TV-Produktionen verklären den 14. Februar als Tag der Liebenden.
Seit Wochen schon wird Werbung gemacht, von Restaurants, Juwelieren, Parfümerien, Blumenläden und Schokoladenproduzenten für das sechsgängige Valentinstagmenü, den funkelnden Valentinstag-Diamantanhänger, das verführerisch duftende Valentinstagparfum, den Riesenstrauß tiefroter Valentinstagrosen und die herzförmigen Valentinstagpralinen. Und in den gängigen Teenie- und Frauenzeitschriften und Internetseiten kann man sich Geschenks- und Überraschungstipps holen oder gar einen „Schmuse-Kuschel-Valentinstagurlaub“ gewinnen. Die ganze Welt ist rosarot und herzförmig. Ich finde es zum Davonlaufen!
Also nicht das Schenken, das Überraschen und das Einladen an sich – das finde ich super. Doch die Fokussierung auf diesen einen einzigen Tag, die gefällt mir nicht. Warum ist ein gemeinsames Abendessen am 14. Februar in einem überfüllten Restaurant romantischer als eines am 14. März? Warum ist die Übergabe eines neuen Armreifs an die Partnerin am 14. Februar romantischer als am 14. April? Warum ist der Heiratsantrag am 14. Februar in einem vor Menschenmassen überquellenden Paris romantischer als am 14. Mai auf dem Ifinger? Warum sind 50 rote Rosen am 14. Februar romantischer als am 14. Juni? Und warum ist der Hubschrauberrundflug am 14. Februar romantischer als am 14. Juli?
Ich plädiere dafür, dass man sich gegenseitig Geschenke machen soll, wann immer man Lust dazu hat und nicht weil es gesellschaftliche Konventionen und geschickten Vermarktungsstrategien so vorgeben. Dementsprechend kann ich auch mit Weihnachten oder viel mehr mit dem ganzen Bescherungsrummel nichts anfangen. Auch den boykottiere ich bereits seit vielen Jahren.
Meine Kollegin, übrigens eine unverbesserliche Romantikerin, ist natürlich ganz anderer Meinung. Sie findet den Valentinstag feiernswert. „So ein Valentinstaggeschenk muss doch nichts kosten. Es soll doch nur zeigen, dass du dir Gedanken darüber gemacht hast, wie du jemandem eine Freude bereiten kannst. Zum Beispiel könntest du ein super Frühstück vorbereiten und dir Zeit für eine gemeinsame Tasse Kaffee nehmen“, schlägt sie mir vor. Sicher, dass könnte ich – aber das kann ich genausogut am 14. August tun.
Doch mein Kollege – offenbar auch romantisch veranlagt – kontert: „So ein Tag wie der Valentinstag erleichtert es dir aber, etwas Besonderes zu organisieren. Denn du weißt das Datum und kannst darauf hinarbeiten bzw. vorbereiten.“ Sicher, so ein fixiertes Datum hat schon was Gutes – aber ich könnte mir ja mein eigenes Datum festlegen und den 14. September zu „Simones romantischstem Tag des Jahres“ machen. Dann hätte ich meinen individuellen Romantik-Tag und müsste mich im Restaurant nicht ärgern, weil sich das Sechsgängemenü ob der unzähligen anderen Romantiker so in die Länge zieht.
Andererseits muss ich zugeben, dass mich der angebliche Ursprung des heute sehr kommerziellen Valentinstages dann doch etwas berührt: Im dritten Jahrhundert nach Chris- tus war Valentin Bischof in Terni. „Einer Überlieferung zufolge traute er mehrere Brautpaare, darunter Soldaten, die nach damaligem kaiserlichem Befehl unverheiratet bleiben mussten. Dabei soll er den verheirateten Paaren auch Blumen aus seinem Garten geschenkt haben. Die Ehen, die von ihm geschlossen wurden, standen der Überlieferung nach unter einem guten Stern. Auf Befehl des Kaisers Claudius II. wurde er am 14. Februar 269 wegen seines christlichen Glaubens enthauptet“, weiß wikipedia.de. Schon romantisch, oder?!