Bozen – Der Südtiroler Wirtschaftsring swr-ea, 1976 gegründet und somit bald 50 Jahre alt, ist die Dachvereinigung der Südtiroler Wirtschaftsverbände. Wenn er zu seiner Generalversammlung lädt, dann trifft sich folglich alles, was in den heimischen Wirtschaftsverbänden und darüber hinaus Rang und Namen hat. Gestern Abend im Noi Techpark war zum Beispiel die halbe Landesregierung anwesend.
Was Sandro Pellegrini sagt
Präsident Sandro Pellegrini bot im Schnelldurchlauf einen Querschnitt durch die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, damit Südtirol nach dem Aufstieg von einer ärmlichen Berggegend zu einer der reichsten Regionen Europas nicht einen Wohlstands-Abstieg erleiden muss. Er warnte: „Früher sagte man: ‚Ich möchte, dass es meinen Kindern besser geht als mir.‘ Heute sagt man: ‚Ich hoffe, meine Kinder haben das Glück, dass es ihnen so gut geht wie mir.‘“ Und dass sich diese Hoffnung bewahrheitet, sei gar nicht mal so selbstverständlich.
Eine der großen Baustellen ist laut Pellegrini die Bürokratie. Sie nehme den Unternehmen die Luft zum Atmen. „In kleinen Unternehmen kann sich der Unternehmer nicht mehr seiner Arbeit und Leidenschaft widmen, sondern muss Tage im Büro verbringen, weit weg von der Arbeit, für die er ausgebildet wurde. Dies entmutigt auch junge Menschen“, sagte der Präsident des swr-ea. Pellegrini wählte ein einprägsames Bild: Er zeigte ein kleines Büchlein in die Menge, das 75 Jahre Buchhaltung seiner Vorfahren enthalte, die in der Landwirtschaft tätig gewesen seien.
Positiv überrascht sei er von der SWZ-Umfrage von vergangenem Herbst gewesen, laut welcher die Wirtschaftsgesinnung in Südtirol gar nicht mal so schlecht ist. „Glücklicherweise haben die Südtiroler und Südtirolerinnen eine positive Meinung zu den einzelnen Wirtschaftssektoren und erkennen auch an, dass eine gesunde Wirtschaft die Grundlage dafür ist, sich soziale Dienstleistungen sowie ein gut funktionierendes Schul- und Gesundheitssystem leisten zu können“, so Pellegrini.
Die Fakten von Roland Benedikter
Dass Europa ein Problem mit seiner Wettbewerbsfähigkeit hat, machte Roland Benedikter deutlich. Der Co-Leiter des Centers for Advanced Studies von Eurac Research und dort auch Unesco-Lehrstuhlinhaber für Interdisziplinäre Antizipation und Global-Lokale Transformation, zeigte auf, dass europäische Staaten im internationalen Wettbewerbsfähigkeitsindex durchwegs weiter hinten zu finden sind, Italien etwa auf Rang 44. „Staaten mit anderen Wertemodellen“ seien auf dem Vormarsch und Europa müsse aufpassen, nicht in eine Abwärtsspirale zu verfallen. Europa falle im globalen Vergleich bei der Pro-Kopf-Produktivität zurück, hinke bei der Innovation hinterher, müsse höhere Ressourcenpreise stemmen (zum Beispiel bei der Energie).
„Wir müssen kämpfen, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Benedikter, der – grob zusammengefasst – drei Hebel nannte: Erstens müsse es Europa gelingen, die Innovationslücke zu schließen, denn an der Technologiefront hinke es hinterher. Zweitens müsse es das Streben nach Wettbewerbsfähigkeit mit der Notwendigkeit der Dekarbonisierung unter einen Hut bringen, denn die Dekarbonisierung sei alternativlos. Drittens müssten Abhängigkeiten reduziert werden.
Die Podiumsdiskussion

Antonio Carcaterra, Direktor der Fakultät für Maschinenbau und Luft und Raumfahrttechnik der Universität La Sapienza in Rom, nannte in der Podiumsdiskussion den Wettbewerbsfähigkeitskompass einen Weckruf, der „besser spät als nie“ gekommen sei. Und er mahnte unter anderem zum Bürokratieabbau. Landeshauptmann Arno Kompatscher stimmte zu: Der Wettbewerbsfähigkeitskompass sei ein Weckruf, zugleich würden dort keine großartig neuen Erkenntnisse drinstehen. Vielmehr stelle sich die Frage, ob es der europäischen Staatengemeinschaft gelingen werde, das umzusetzen, was nun auf (geduldigem) Papier stehe. Am Podium diskutierten auch die Landesräte Marco Galateo und Luis Walcher sowie als Vertreterin der Jungen Wirtschaft die Obfrau der Junghandwerker:innen im lvh.apa, Priska Reichhalter.