Bozen/ Brüssel – Viele Verbraucher:innen dürften es bereits bemerkt haben: Beim Aufschrauben vieler Wasser-, Saft- oder Milchflaschen lässt sich der Deckel nicht mehr von der Einweg-Getränkeverpackung lösen. Er bleibt mit dem Plastikring am Schraubgewinde verbunden. Reißen bringt nix, der Deckel bleibt dran. Diese Neuerung ist eine von mehreren Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung mit Einwegplastik in der Europäischen Union.
Laut Abfallzählungen an den Meeresküsten der EU sind nämlich, wie die Verbraucherzentrale Südtirol in einer Pressemitteilung wissen lässt, rund 82 Prozent des Meeresmülls Kunststoffe, nur 18 Prozent der Abfälle bestehen nicht aus Kunststoff. Beinahe die Hälfte der Meeresabfälle sind Gegenstände aus Einwegplastik (Getränkeflaschen, Verschlüsse von Getränkeverpackungen, Zigarettenstummel, Wattestäbchen und andere), 27 Prozent sind Kunststoffartikel aus der Fischerei (z. B. Netze), sechs Prozent sind andere Kunststoffe.
An den italienischen Stränden bestehen laut Untersuchungen der Umweltschutzorganisation Legambiente ebenfalls 80 Prozent der Abfälle aus Plastik. Am häufigsten gefunden werden Zigarettenfilter (durchschnittlich 101 Stück auf 100 Metern Strand), Makroplastikteile (67 Teile auf 100 Metern) sowie Deckel und Verschlüsse (47 Stück auf 100 Metern). Auch an der Nordsee wurden über 40 Deckel von Getränkeflaschen auf 100 Metern Strand gefunden. Die allermeisten Kunststoffe sind extrem langlebig und nicht biologisch abbaubar, sodass sie mit der Zeit in immer kleinere Fragmente zerfallen und irgendwann als Mikro- bzw. Nanoplastik enden.
Die Einwegplastik-Richtlinie
Mit der sogenannten Einwegplastik-Richtlinie (Richtlinie 2019/904) haben das Europäische Parlament und der Rat verschiedene Maßnahmen zur Verringerung von Einwegplastikabfällen eingeführt. Einwegplastikartikel, für welche Alternativen aus anderen Materialien existieren, sind bereits seit 3. Juli 2021 vollständig verboten. Dieses Verbot betrifft Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe sowie Wattestäbchen und zudem Fast-Food-Behälter, Getränkebehälter und Getränkebecher aus Polystyrol.
Ab dem 3. Juli 2024 dürfen „Einwegkunststoffartikel, […] deren Verschlüsse und Deckel aus Kunststoff bestehen, nur in Verkehr gebracht werden, wenn diese Verschlüsse und Deckel während der für das Produkt vorgesehenen Verwendungsdauer an den Behältern befestigt bleiben.“ Einwegverpackungen für Getränke mit einem Füllvolumen von bis zu drei Litern, darunter PET-Flaschen für alkoholfreie Erfrischungsgetränke und Milchkartons, müssen also mit festverbundenen Verschlüssen ausgestattet sein. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, dass die Deckel nicht mehr so wie bisher Flüsse, Wälder und Strände verschmutzen, sondern dass vielmehr alle Bestandteile der Getränkebehälter, auch die Deckel, gesammelt und dem Recycling zugeführt werden.
„Auch wenn bestimmte Einwegartikel nun aus anderen Materialien hergestellt werden und Verschlüsse mit den Getränkeverpackungen verbunden bleiben, so handelt es sich immer noch um Einwegprodukte“, wird Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol, in der Aussendung zitiert. „Am effektivsten ist der Verzicht auf Einweg- und der Umstieg auf Mehrwegprodukte.“