Blumau – Handwerker*innen haben es nicht immer leicht. Nur zu gut kennen die meisten gängige Vorurteile. „Handwerker kommen nie pünktlich.“ „Handwerker erkennt man an der schmutzigen Kleidung.“ „Handwerker haben nicht studiert.“ Wie so viele Klischees ist auch an diesen wenig dran. Das beste Beispiel: Lukas Auer.
Mit blauem Sakko, Hemd und heller Hose bekleidet sitzt er an seinem Schreibtisch am Firmensitz von Auluma in Blumau. Hier verbringt er mehr Zeit, als ihm lieb ist, denn eigentlich packt er gerne mit an in der Werkstatt. „Baustellenbesuche und Büroarbeit werden immer mehr“, sagt Auer. Kein Wunder, sein Unternehmen wächst seit der Gründung 2014 kontinuierlich. Die ursprüngliche Idee: eine Landmaschine zu entwickeln, die eine effiziente Gülleverteilung ermöglicht. „Da ich noch keine großen Investitionen tätigen konnte, wollte ich eine relativ einfache Maschine bauen.“ Auer begann mit der Arbeit am Prototyp, in der Zwischenzeit erhielt er Anfragen, ob er nicht auch Aufträge im Metallbau annehmen würde. Heute steht die Maschine im Keller, zur Marktreife fehlen Kleinigkeiten, während der Metallbau zur Haupttätigkeit von Auluma wurde. Das Unternehmen fertigt verschiedenste Stahlbaukonstruktionen von Geländern und Zäunen über Einrichtungen und Treppen bis hin zu Überdachungen, Hallen und Brücken, aber auch weiterhin Maschinen wie ein Schleifgerät für Doppelmesser.
Kaum passende Immobilien
Bei der Gründung arbeitete Auer noch von Kardaun aus. Die Suche nach einer geeigneten Immobilie für sein Unternehmen hatte ihm da bereits einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Zuerst wollte er einen alten Stadel mieten. Doch bald musste er feststellen, dass in einem solchen die Vorschriften für die Arbeitssicherheit kaum einzuhalten sind. Mal war ein Gebäude zu klein, mal zu groß, dann wiederum zu teuer. Schließlich stellte der damalige Karneider Bürgermeister Albin Kofler den Kontakt zu Thomas Seeber her. Seeber bot dem jungen Gründer einen flexiblen Mietvertrag für seine Halle an, die Auer eigentlich zu groß war. „Ich nutzte zunächst in etwa ein Drittel und nahm dann kontinuierlich eine immer größere Fläche in Anspruch. Bis heute bin ich Herrn Seeber sehr dankbar für diese Chance“, erklärt Auer. Irgendwann wurde die Halle schließlich doch zu eng, und Auer fand nach erneut langer Suche jene Immobilie in Blumau, die er heute sein Eigen nennt. „Für Handwerker ist es nicht einfach, etwas Passendes zu finden. Es braucht hohe Räume, einen Zugang im Parterre und in meinem Fall auch genügend Außenflächen“, fasst Auer zusammen.
Seine Schilderungen sind präzise formuliert, man merkt, dass Lukas Auer ein Pragmatiker ist. Er gerät nicht ins Stocken, hält nur inne, wenn das Handy klingelt. Auer ist keiner, der die Zügel gerne aus der Hand gibt. Vielleicht war für ihn auch deshalb schon früh klar, dass er eines Tages selbstständig sein würde. Nach dem Abschluss seines Maschinenbaustudiums an der Technischen Universität München arbeitete er für ein halbes Jahr bei TechnoAlpin. „Abends war mein Kopf müde, mein Körper aber nicht“, blickt der 28-Jährige zurück. „Jetzt habe ich zwar eine 70-Stunden-Woche, und die Freizeit geht gegen Null, aber zum ersten Mal verspüre ich eine innere Zufriedenheit.“ Die physische Arbeit tut ihm gut, schon als Kind hat er im Baubetrieb seines Vaters „herumgebastelt“. „Handwerk“, sagt Auer, „hat Zukunft“.
Handwerk im Wandel – früher verpönt, heute gefragt
Als er die Mittelschule besuchte, sei das Erlernen eines Berufs kaum eine Option gewesen. Nun merke man langsam einen Wandel in der Gesellschaft. Es werde anerkannt, dass im Handwerk sehr wohl eine Karriere möglich sei. „Meine Gesellen verdienen mehr als mancher Akademiker. Außerdem gibt es allerorts Nachfolgeprobleme. Gute Handwerker werden also immer gefragter“, zeigt sich Auer überzeugt. Den Weg von der Mittelschule direkt in die Lehre sieht er dennoch nicht als optimal an. Er plädiert vielmehr für den Besuch einer Oberschule und dann für die Lehre als Alternative zur Uni. Auer selbst möchte sein Studium nicht missen. Im Berufsalltag helfe es ihm, denn er könne die meisten Berechnungen selbst abwickeln.
„Scheitern darf man nicht zu persönlich sehen, sondern als Teil der Reise.“
Immer wieder blitzt durch, dass Auer ein Einzelkämpfer ist – wenn auch ein reflektierter. So sagt er über sich selbst, er nehme nicht gerne Ratschläge an, wolle möglichst viel selbst erledigen und mische sich manchmal zu viel ein. „Ich habe gewiss eine Reihe von Schwächen, aber ich versuche, daraus zu lernen“, schmunzelt Auer. Als der Mitarbeiterstock zu wachsen begann, habe er eingesehen, dass es viele Wege gebe, eine Aufgabe zu erledigen. „Ich lasse den Mitarbeitern seitdem so viel Freiraum wie möglich und versuche, mich möglichst wenig einzumischen.“ Auch sonst denkt Auer intensiv über die Mitarbeiterführung nach. „Mitarbeiter sind tatsächlich das größte Kapital eines Unternehmens. Das ist kein leerer Spruch. Dem Betrieb geht es gut, wenn es den Mitarbeitern gut geht“, sagt Auer. Wenn immer möglich, spricht er deshalb Lob aus und bedankt sich. Umgekehrt hofft er auf ehrliches Feedback.
Für die Zukunft hofft Auer auf ein weiteres Wachstum seines Unternehmens. Angekommen sieht er sich noch nicht. „Ich fahre die Straße weiter und versuche, möglichst unfallfrei voranzukommen.“
Die Serie
In der Serie „Jung und hungrig“ stellt die SWZ junge Menschen in und aus Südtirol mit den verschiedensten Lebensläufen vor. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Sie sind jung und hungrig nach Erfolg. Alle Artikel können auf SWZonline oder über die SWZapp nachgelesen werden.
Drei Fragen an Lukas Auer, Auluma
„Die besten Ratschläge gibt man sich selbst“
SWZ: Sie waren 23 Jahre alt, als Sie Ihr Unternehmen gegründet haben. Hatten Sie Unterstützung?
Lukas Auer: Von außerhalb der Familie hatte ich keine. Meine Eltern haben mir ein Darlehen gegeben, das ich nach drei Jahren bereits zurückzahlen konnte. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Finanzielle Unterstützung vonseiten der öffentlichen Hand ist gerade im Bereich Unternehmensgründung in meinen Augen oft auf Dienstleister zugeschnitten. Ich habe einen Betrieb eröffnet, der Maschinen und Werkzeug ankaufen musste, da ist das benötigte Kapital ein höheres. Mir ist auch aufgefallen, dass einem als Gründer ein gewisses Misstrauen entgegenschlägt, dabei wäre ein Vertrauensvorschuss sehr wichtig. Mein Businessplan wurde vor fünfeinhalb Jahren zum Beispiel negativ bewertet. Heute bin ich aber immer noch da (lacht).
Was haben Sie als größte Hürde empfunden?
Zu Beginn waren die vielen Bestimmungen, besonders was das Arbeitsrecht betrifft, schon ein kleiner Schock. Mit der Zeit bekommt man eine dicke Haut und geht gelassener mit den Hürden um, die sich einem in den Weg stellen. Ich habe von Anfang an versucht, bei der Verwaltung zu sparen und so wenig wie möglich auszulagern. Dafür habe ich mehrere Kurse besucht, zum Beispiel den für den Leiter der Dienststelle für Arbeitsschutz. Ich mache auch die meisten Meldungen im Bereich der Buchhaltung selbst, und spare mir so bei vielen Kleinigkeiten den Wirtschaftsberater.
Die Bürokratie war sicher eine zusätzliche Belastung. Ich habe das Gefühl, in dem Bereich passiert nichts. Aber jammern bringt uns nicht weiter, deswegen muss man die Realität nehmen, wie sie ist, und das Beste daraus machen.
Was würden Sie anderen Jungen raten, die über den Sprung in die Selbstständigkeit nachdenken?
Wenn der Wunsch besteht, sollte man einfach mal machen. Außerdem muss man es sich natürlich selbst zutrauen, es zu schaffen. Sollte der Erfolg ausbleiben, sollte man den Mut haben, zu wechseln. Scheitern darf man nicht zu persönlich sehen, sondern als Teil der Reise. Konkretere Tipps kann ich eigentlich keine geben, denn jeder hat seine ganz eigene Situation. Ich selbst habe mich immer über Ratschläge geärgert. Die besten Ratschläge gibt man sich meiner Meinung nach selbst. Bei der Gründung hat mich ein Berater dazu überredet, das Einzelunternehmen als Unternehmensform zu wählen, obwohl ich für eine GmbH gewesen wäre. Bei der Gründung der GmbH drei Jahre später musste ich eine teure Einbringung durchführen und die Fahrzeuge umschreiben.