In der vergangenen Woche sorgten zwei Nachrichten für Schlagzeilen:
1. Die Einnahmen des Staates reichen hinten und vorne nicht, und deshalb erhöht die Regierung die Steuern weiter (die Mehrwertsteuer soll auf 23 Prozent steigen) und streicht Zuweisungen an Gemeinden und Regionen. Viele Menschen sind erbost, weil sie blechen wie die Weltmeister und weil auch das Land inzwischen sparen muss und dazu übergeht, Leistungen zu beschränken. Kurz: wir kriegen immer weniger für unser wachsenden Steuergelder.
2. Im Eisacktal hat ein Autofahrer einen Jungbären überfahren, der den Zusammenprall nicht überlebt hat. Das Tier wurde schneller identifiziert als manches menschliche Opfer, denn die Bären werden rundum überwacht – auf Kosten der öffentlichen Hand, also auf unsere Kosten.
Irgendwie passt das alles nicht zusammen, das Schimpfen über die Steuern und die Tatsache, dass wir die Bärenbewachung unfreiwillig mit unserem Geld finanzieren, mit den Steuern auf Lohnarbeit und Unternehmensgewinn, auf Heizöl, Gas, Diesel und Bankzinsen, auf Warenkonsum und Versicherungsverträge.
Natürlich dürfen Natur- und Tierschutz etwas kosten, genauso wie Kunst und Kultur oder die Geschichtsforschung. „Reichtum“ ist nämlich mit Sicherheit nicht einzig eine ökonomische Größe, und eine Gesellschaft, die kein Verständnis und kein Geld hat für jene Dinge, die diesen Reichtum jenseits des Einkommens bedingen, ist eine arme Gesellschaft. Allerdings muss die Schuldenkrise der Staaten auch Anlass sein, manche Ausgaben zu überprüfen und – um ein Beispiel zu nennen – nicht bloß lapidar festzustellen, dass Demokratie kostet, sondern einzugreifen, wenn sich im Namen der Herrschaft des Volkes die Maden im Speck laben. Die Geschichte rund um die Wiederansiedlung der Bären ist ein solcher Stein im Mosaik fragwürdiger Kosten; jeder Stein für sich ist eine finanzielle Lappalie, aber alle zusammengenommen belasten uns diese Ausgaben mehr als uns lieb sein kann.
Begonnen hat alles mit der Freilassung von zwei Bären aus Slowenien im Naturpark Adamello-Brenta. Aber Wildtiere halten sich nicht an Parkgrenzen – und sie verhalten sich zuweilen nicht so, wie es erwartet wird. Die Geschichte des „Problembären“ Bruno, der schließlich in Bayern erlegt wurde, was zu diplomatischen Verstimmungen führte, steht exemplarisch für alles, was die noch wenigen Ursidae bisher so angerichtet haben. Manche von ihnen verlieren nämlich ihre natürliche Menschenscheu, sie reißen Schafe und andere Zuchttiere, brechen in Hühnerställe ein, plündern Bienenstöcke und haben schon manchen Menschen bei Begegnungen einen ziemlichen Schrecken eingejagt (mehr gottlob noch nicht). Aber keine Klagen, bitte: Das Land Südtirol ersetzt den betroffenen Eigentümern den Schaden. Aber dieses Südtirol, das sind wir, die Steuerzahler. Und die öffentliche Hand sorgt dadurch für Kontrolle, dass die Tiere mit Sendern ausgestattet und praktisch rund um die Uhr überwacht werden. Deshalb wissen wir, dass M 14 einen Bruder hat (M 13), der sich zuletzt in Graubünden aufhielt, und einen weiteren (M 12), der in Nordtirol gesichtet wurde. Mehrere Personen sind ganz oder teilweise mit der Betreuung und Überwachung der Bären befasst, und jetzt solle eine genetische Untersuchung gemacht werden, um endgültige Gewissheit über die Identität des im Eisacktal überfahrenen Bären zu erhalten. Stell dir vor, bei dem Toten handelt es sich gar nicht um M 14, sondern um M 12 – und M 14 streift quietschfidel durch den Obervinschgau! Unsere Lebensqualität würde leiden – oder etwa nicht?
Scherz beiseite: Sind alle diese größeren und kleineren Ausgaben gerechtfertigt? Was kostet so eine DNA-Untersuchung, um am Ende etwas zu wissen, was uns weder gesellschaftlich noch kulturell oder ökonomisch nutzt? Da ist es ja noch interessanter zu wissen, dass Özti vor seinem Tod noch Steinbockfleisch gegessen hat oder im Saldurbach im Vinschgau ein Ringelwurm der Gattung Troglochaetus entdeckt worden ist.
Immer wieder höre ich, dass wir Menschen uns zurücknehmen und wieder mehr Natur zulassen müssen! Ich bin mir nicht sicher, ob und in welcher Form dies in einem hoch entwickelten Land wie Südtirol richtig ist. Aber ich frage mich: Was ist das für eine Natur, in der die Tiere mit Peilsendern ausgestattet sind und von der öffentlichen Hand überwacht werden? Nein, es gibt nur zwei Lösungen: Entweder man lässt die Bären wilde Bären sein (mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen) oder man entfernt sie wieder aus einem Gebiet, in dem sie Probleme bereiten.
Der Dienst an den Bären ist allerdings nicht der einzige Bärendienst, für den wir Steuerzahler aufkommen müssen. Den Vogel rund um die Töpfe offensichtlich unsinniger Förderungen schießt immer wieder die EU ab, mit deren Geldern teilweise Projekte gefördert werden, die nichts bewirken oder die – wenn es sich um Infrastrukturen handelt – unnütz in meist südeuropäischen Landschaften stehen. Aber auch Staat und Land lassen sich nicht lumpen und geben – um im Tierreich zu bleiben – Geld für die Katz aus. Gibt es da nicht die Schulbetreuerin, die am Morgen die Bars abklappert, um Schulschwänzer dazu zu überreden, am Unterricht teilzunehmen?
Ich weiß: In Sachen Bären wird nichts geschehen, weil die Verwaltungen die Zuständigkeiten hin und her schieben. Ich aber fordere: Wenn ich schon für die Bären bezahle, dann möchte ich endlich einen sehen! Oder muss ich dafür nach Kanada reisen?