Bozen – Im Jänner wurde am Bozner Landesgericht durch eine telematische Versteigerung das Vier-Sterne-S-Hotel „Der Weinmesser“ in Schenna einem neuen Eigentümer zugeschlagen. Dieser hat für das 2019 renovierte Haus mit rund 90 Betten 6,75 Millionen bezahlt. Für 27. Februar dagegen hat Konkursrichterin Francesca Bortolotti die Verhandlung rund um die Zahlungsunfähigkeit des Drei-Sterne-Hauses „Schönblick“ in Naturns angesetzt.
Umfangreiche Investitionen
Zwei Vorkommnisse, mehr nicht! Man möchte meinen, dass es in der Hotellerie angesichts von deren umfangreichen Investitionen so manche Probleme gibt. Aber das trifft nicht häufig zu. Die Betriebe profitieren vom boomenden Tourismus. Sie sind so stark ausgelastet wie kaum einmal, obwohl die Preise auch wegen der gestiegenen Kosten vielfach deutlich angehoben worden sind. Und doch: Es ist nicht alles Gold, was da sternenreich glänzt, denn manche Beherbergungsbetriebe sind bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung von einer ständigen Aufwärtsentwicklung ausgegangen. Zusätzliche Zimmer sind entstanden, es gab qualitative Verbesserungen, und zahlreiche Hotels sind in die nächsthöhere Einstufungsklasse aufgestiegen. Inzwischen gibt es mehrere Dutzend Fünf-Sterne-Betriebe und beinahe unzählige Vier-Sterne-Häuser, davon viele mit der Zusatzbezeichnung S für „Superior“. Größere Zimmer, Suiten für Anspruchsvolle, luxuriöse Chalets, ein großzügiges Wellness-Angebot auf immer größeren Flächen: Das und mehr wurde durch umfangreiche Investitionen geschaffen.
Einige abgespeiste Handwerker
Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie die mit Arbeiten und Lieferungen betrauten Firmen, müsste man hinzufügen. Seit einiger Zeit häufen sich die Klagen etwa von Handwerksbetrieben, dass sie nicht alles kassieren konnten, was ihnen zusteht, und ihre Auftraggeber ihnen angeboten haben, nur einen Teilbetrag zu entrichten. Sonst, wurde ihnen mitgeteilt, liefen sie Gefahr, wegen Zahlungsunfähigkeit des Hotelbetriebes noch weniger zu erhalten. Solche Erscheinungen hat es in Südtirol schon einmal gegeben, inzwischen treten sie erneut auf.
Vorsichtige Banken
Viele Jahre lang haben die Banken die notwendigen Kredite gewährt, und sie wurden bisher sehr selten enttäuscht, denn die steigenden Erlöse ermöglichten es in Verbindung mit sehr niedrigen Zinsen den meisten Kunden, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Sogar die Zwangsschließungen und Beschränkungen während der Coronapandemie haben dank so mancher Stundungen und Streckungen der Laufzeit sowie umfassender öffentlicher Hilfen die Kreditqualität nicht nachhaltig beeinträchtigt. Nach der Pandemie kam die Reiselust zurück, und weil Fern- und Flugreisen noch unsicher blieben, haben Ziele wie Südtirol, die für Gäste aus den Hauptherkunftsländern Deutschland und Italien nahe liegen, profitiert.
Ein Selbstläufer war die Amortisierung der Darlehen nicht, wie das Beispiel des Hotels „Der Weinmesser“ in Schenna zeigt.
Ein Selbstläufer war die Amortisierung der Darlehen allerdings nicht, wie das Beispiel des genannten Hotels in Schenna zeigt. Was passiert, wenn die Investitionskosten höher sind, als die realisierbaren Reinerlöse rechtfertigen, hat seinerzeit das Meraner Thermenhotel gezeigt, in das das Land an die 40 Millionen investiert hat, zehn mehr, als es angesichts der erzielbaren Auslastung und realisierbaren Preise hätten sein dürfen. Am Ende musste das Hotel unter den Gestehungskosten und mit der Zusage, das Haus um ein Stockwerk erhöhen zu dürfen, veräußert werden. Probleme haben aber nicht nur jene wenigen, die zu waghalsig investiert haben, sondern auch jene, die nichts getan haben und jetzt nicht mehr attraktiv sind. Dazu gehören insbesondere Betriebe im benachbarten Trentino.
Die Banken haben aus der Krise von vor gut zehn Jahren gelernt.
Die Banken haben aus der Krise von vor gut zehn Jahren gelernt, als sich manche von ihnen zu stark im Bauträgergeschäft engagiert haben, sodass sie viel Geld verloren haben, als die dort engagierten Gesellschaften ins Straucheln gerieten. Danach wurden laufend mehr Kredite an den als krisenresistent eingestuften Tourismussektor vergeben. Aber inzwischen ist der Anteil dieser Mittel an den Gesamtausleihungen angewachsen, und die Risikomanager so mancher Banken treten auf die Bremse, weil eine zu starke Exponierung gefährlich scheint. Zwar deutet wenig darauf hin, dass in der Hotellerie mit Schwierigkeiten zu rechnen ist, aber die unsichere internationale Lage, die gestiegenen und nach wie vor recht hohen Zinsen und die Rezession in Deutschland machen es ratsam, alle Finanzierungsanfragen mit besonderer Sorgfalt zu bearbeiten und große Vorsicht walten zu lassen. Dazu kommt, dass manche Banken mehr Eigenkapital bräuchten, um ihre Finanzierungen weiter ausweiten zu können.
Die Hilfe externer Geldgeber
Im vergangenen Jahr wurden gar einige Darlehensanträge abgewiesen, sodass Hoteliers Pläne abspecken mussten oder sie zeitlich gestreckt bzw. aufgeschoben haben. Brancheninsider berichten auch, dass einige Eigentümer von Spitzenhotels private Teilhaber an Bord geholt haben. Mit deren ergänzenden Kapital wurden Finanzierungen über ein Darlehen möglich. Ein neuer, gewissermaßen institutioneller diesbezüglicher Partner ist die Euregio Plus SGR AG, eine öffentlichen Kapitalverwaltungsgesellschaft in Südtiroler und Trentiner Hand. Sie hat den Fonds „Euregio+ Turismo“ aufgelegt, einen italienischen Investmentfonds, der auch in Hotels investiert. „Der Fonds zielt unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfaktoren des Tourismussektors in der Region Trentino-Südtirol darauf ab, das Qualitätsniveau des Hotelangebots in der Region zu verbessern, und will so dazu beizutragen, die Qualitätslücke zu den konkurrierenden Alpengebieten zu schließen“, heißt es auf der Euregio-Plus-Homepage. Und weiter: „Ziel des Fonds ist die kollektive Anlage von Kapital in Immobilien. Dieses Ziel wird durch ein kohärentes Portfoliomanagement verfolgt, das den Generationswechsel in der regionalen Beherbergungswirtschaft begünstigt, um eine Reduzierung des Kapazitätsangebots infolge einer personellen Krise in der Unternehmensführung zu vermeiden.“

Der Fonds sammelt Geld von privaten Investoren ein und ist seit kurzer Zeit auf der Suche nach interessierten lokalen Beherbergungsbetrieben, die „mit seiner Unterstützung die qualitative und quantitative Erweiterung ihres Betriebs ins Auge fassen“. Darüber hinaus arbeitet der Fonds mit den lokalen Banken zusammen, um die Umsetzung von Projekten zu unterstützen. Die Beteiligung kann in verschiedenen Formen erfolgen, auch so, dass dadurch das Eigenkapital der betreffenden Hotelgesellschaft gestärkt wird, sodass sie von Banken leichter ein Darlehen erhalten. In Südtirol sind bereits erste derartige Geschäfte abgeschlossen worden. Geld von diesem Fonds hat die Familie Gerstl für ihr Familienhotel Gerstl Alpine Retreat am Reschensee erhalten, sodass ihr die Finanzierung letztendlich gelungen ist. Die Eröffnung ist für Mai vorgesehen. Kapital vom Euregio+ Turismo hat auch das Hotel Diana in Torbole am Gardasee erhalten, ein Hotel in Ratschings kommt in diesen Tagen dazu, weitere Kontakte dürften in nächster Zeit konkretisiert werden. Da es sich gewissermaßen um Pilotprojekte handelt, liegen noch keine Erfahrungsberichte vor. Nach Informationen der SWZ gibt es aber auch Hoteliers, die zwar in Kontakt mit den Financiers der Euregio+ Turismo standen, dann aber davon abgesehen haben, deren Hilfe in Anspruch zu nehmen – aus Kostengründen oder auch Hemmungen, einen Geldgeber abseits von Banken an Bord zu nehmen. Dabei steht fest: Der Fonds ist auch bereit einzuspringen, wenn sich in Zukunft eine Schieflage ergibt.
Die gesunkenen und vermutlich weiter sinkenden Zinsen sind allerdings eine Entwicklung, die den Hoteleigentümern entgegenkommt.
Dieser Artikel ist in der gedruckten SWZ mit folgendem Titel erschienen: Partner für alle Fälle