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Südtirol in der Hauptrolle

Während im Kino „Honig im Kopf“ läuft, zeigt das Erste am kommenden Donnerstag den Fernsehkrimi „Kripo Bozen“. Südtirol scheint endgültig zu einem Filmland geworden zu sein. Allerdings muss dieses noch an sich arbeiten, um zum echten Filmparadies zu werden.

Christian Pfeifer von Christian Pfeifer
23. Januar 2015
in Südtirol
Lesezeit: 3 mins read

Bozen – Noch vor einigen Jahren wäre so etwas undenkbar gewesen. Im Kino zeigt der Film „Honig im Kopf“ mit Til Schweiger und Dieter Hallervorden beeindruckende Südtirol-Landschaften, die Lust machen, das Land kennenzulernen – und nennt die Orte auch noch bei ihrem Namen. Parallel läuft im ersten deutschen Fernsehen (Das Erste) am kommenden Donnerstag um 20.15 Uhr das Krimidrama „Kripo Bozen – Wer ohne Spuren geht“, das nicht nur in Südtirol spielt, sondern die Landeshauptstadt sogar im Titel trägt. Im italienischen Hauptabendprogramm von Rai 1 erlebt Förster Pietro (Terence Hill) derweil jeden Donnerstag in „Un passo dal cielo“ seine Abenteuer, und zwar im Hochpustertal – die bereits dritte Staffel umfasst 20 Folgen. Und am kommenden Montag läuft ebenfalls auf Rai 1 um 21.10 Uhr der Spielfilm „Max & Hélène“ in Anlehnung an den gleichnamigen Roman des Juden Simon Wiesenthal – gedreht wurde in Bozen, Brixen, Margreid, Prösels und Oberbozen.

Südtirol ist als Filmkulisse derzeit allgegenwärtig. Dass internationale Sportveranstaltungen bewegte Südtirolbilder in die Welt tragen, wie an diesem Wochenende der Biathlon-Weltcup in Antholz, ist Gewohnheit. Noch recht ungewohnt hingegen ist, dass Südtirol in Kino- und Fernsehfilmen erkennbar wird. Möglich gemacht wird dies durch die Filmförderung, die noch unter Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann ersonnen wurde. Ende 2010 verabschiedete der Landtag ein Filmförderungsgesetz, seither kann die Business Location Südtirol (BLS) mit ihrer Filmsparte pro Jahr Landesgelder in der Höhe von rund fünf Millionen Euro einsetzen. Filmförderungen gibt es überall auf der Welt, aber die fünf Millionen sind vergleichsweise viel Geld für ein so kleines Land.

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Im vergangenen Jahr wurden aus dem BLS-Fördertopf 5,15 Millionen Euro verteilt, informierte die BLS unlängst. 35 internationale Produktionen und Ko-Produktionen mit 627 Südtirol-Drehtagen hat die BLS gezählt, was bedeutet, dass rein statistisch fast jeden Tag an zwei verschiedenen Orten in Südtirol gedreht wurde.

Die Millionen werden dabei nicht wahllos verteilt, sondern an Bedingungen geknüpft. Unter anderem muss die geförderte Produktionsfirma mindestens 150 Prozent der Fördersumme in Südtirol ausgeben: Kommen 100.000 Euro aus dem Filmfonds, müssen 150.000 Euro vor Ort ausgegeben werden, für die Unterbringung und Verpflegung des Filmteams, für Kulissen, für Komparsen und Sonstiges. Widmann sprach immer von einer Art indirekten Wirtschaftsförderung, und tatsächlich haben einzelne heimische Unternehmen in der Filmbranche ein zusätzliches Standbein gefunden: Handwerker bauen Kulissen und Kamera-Bühnen, Dienstleister organisieren Helikopterflüge und Castings, Gastwirte wickeln das Catering ab. An der Landesberufsschule für Handel, Handwerk und Industrie „Luis Zuegg“ in Meran gibt es inzwischen einen Lehrgang für Kostümbildassistenz.

Übrigens: Der sogenannte „Südtirol-Effekt“ betrug im vergangenen Jahr nicht die angepeilten 150 Prozent, sondern 184 Prozent. Wenn 5,15 Millionen Euro aus dem Filmfonds verteilt wurden, dann haben Südtiroler Unternehmen demnach Aufträge für 9,5 Millionen Euro erhalten. Zu dieser indirekten Wirtschaftsförderung gesellt sich der touristische Werbeeffekt, der bei Filmen wie „Honig im Kopf“ und „Kripo Bozen“ zweifelsohne gegeben ist.

Trotzdem ist nicht alles Gold, was da glänzt. Produzenten loben zwar das Bemühen der BLS bei der Unterstützung der Filmteams, sie stellen im Filmland Südtirol aber genauso gewisse Schwächen fest – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand, weil es sich nicht geziemt, in den (Filmförderungs-)Teller zu spucken, aus dem sie essen. Beispielsweise bemängeln sie, dass an der Professionalität der Filmdienstleistungen vor Ort noch gearbeitet werden muss. Teilweise könne die Qualität nicht mit dem Preis Schritt halten, wohl auch deshalb, weil es noch zu wenig Wettbewerb gibt in der jungen Südtiroler Filmdienstleistungsbranche. Das (noch) geringe und teilweise teure Angebot an Dienstleistern in Kombination mit der recht großen Dichte an Filmproduktionen und der Pflicht, 150 Prozent der Förderung in Südtirol auszugeben, schmeckt nicht allen Produzenten. Allerdings handelt es sich wohl um eine unvermeidliche Kinderkrankheit eines noch jungen Filmlandes, die sich durchaus ausmerzen lässt.

Christiana Wertz, die Verantwortliche für die Filmsparte der BLS, kennt die kritischen Anmerkungen mancher Produzenten und wertet sie als Anreiz, besser zu werden. „Der allgemeine Tenor ist, dass Südtirol tolle Locations zu bieten hat und dass bemerkenswert ist, was da in nur fünf Jahren aufgebaut wurde. Aber zweifelsohne existiert Entwicklungspotenzial, wenn wir Südtirol mit etablierten Filmstandorten vergleichen“, so Wertz. Entwicklungspotenzial ortet Wertz auch beim Südtirol-Effekt, falls sich die Dienstleistungsbranche entwickelt: Andere Länder lägen weit über den 184 Prozent in Südtirol.

Unterm Strich spricht gerade die Tatsache, dass es der BLS gelingt, so viele Produktionen nach Südtirol zu holen, dafür, dass der Filmstandort Südtirol zwar verbesserungswürdig ist, aber keineswegs schlecht. Der Anfang ist gemacht. Jetzt muss Südtirol daran arbeiten, dass die Filmförderung nur ein Argument unter vielen ist, in Südtirol zu drehen. Dabei sollte sich Südtirol nicht allzu sehr auf seine Schönheit verlassen – schöne Filmkulissen gibt es überall auf der Welt.

Schlagwörter: 03-15freenomedia

Info

„Kripo Bozen“ am 29. Jänner im Ersten
Am Donnerstagabend, 29. Jänner, zeigt das Erste um 20.15 Uhr das Krimidrama „Kripo Bozen – Wer ohne Spuren geht“ mit Chiara Schoras und Xaver Hutter. Es laufen bereits Verhandlungen für zwei weitere Folgen. Tirol hat sein „Soko Kitzbühel“, Südtirol hat nun sein „Kripo Bozen“. Es handelt sich um eine Produktion von Jojo Film von Produzent Eberhard Jost im Auftrag von ARD Degeto und um die Geschichte der deutschen Großstadtkommissarin Sonja Schwarz (Chiara Schoras), die ihren Topjob in Frankfurt aufgibt, um ihrem Mann Thomas (Xaver Hutter) ins provinzielle Südtirol zu folgen. Gleich nach ihrer Ankunft gerät „Frau Commissario“ in eine wüste Schießerei. Außerdem findet sie schon am ersten Tag die Leiche eines seit vielen Jahren vermissten Mädchens. Und in der Familie kracht es auch: Ihr Mann Thomas will das verschuldete Weingut seiner Ex-Schwiegermutter übernehmen, die Sonja alles andere als mit offenen Armen empfängt.
23 Tage lang wurde für den Film im vergangenen Frühjahr in Bozen und Sexten gedreht, damals noch unter dem Arbeitstitel „Frau Commissario“. Derzeit laufen mit ARD Degeto und der BLS-Filmförderung Verhandlungen für zwei weitere Folgen, verrät Produzent Eberhard Jost. Die Drehbücher, so sagt er, seien bereits geschrieben. Sollten die Verhandlungen ein gutes Ende finden, soll bereits zwischen März und Mitte Juli mit einem Filmteam bestehend aus 30 bis 60 Personen im Raum Bozen gedreht werden.

Ausgabe 03-15, Seite 4

Christian Pfeifer

Christian Pfeifer

Erste journalistische Gehversuche bei der Tageszeitung "Alto Adige", seit 1995 bei der SWZ, seit 2015 deren Chefredakteur. Moderiert nebenberuflich das Wirtschaftsmagazin Trend im Fernsehen von Rai Südtirol. Findet Ausgleich bei seiner Familie und beim Sport, vorwiegend bei Tennis, Ski und Langlauf.

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