Bozen/Brenner – Ab 1. Jänner bis zur Fertigstellung des Neubaus wird die Luegbrücke an den meisten Tagen nur einspurig befahrbar sein. An 170 Tagen pro Jahr wird sie zusätzlich in Fahrtrichtung Süden und an 160 Tagen pro Jahr in Fahrtrichtung Norden zweispurig zu befahren sein.
Die SWZ hat mehrfach darüber berichtet – und schon im November 2022 gewarnt, dass damit ein Verkehrschaos auf der wichtigen Verkehrsroute droht, inklusive langer Staus auf Südtiroler Seite.
Heute wurde in der Handelskammer Bozen eine Studie zu mehreren Szenarien vorgestellt, die eintreten könnten. Uniontrasporti, eine In-House-Gesellschaft der italienischen Handelskammern, die sich mit Verkehrs- und Infrastrukturfragen auseinandersetzt, hat die Studie erarbeitet.
Auf der Grundlage der von ASFINAG angekündigten Kapazitätsreduzierungen wurden zwei Szenarien erstellt und mit dem jetzigen Szenario (das bereits durch die Tiroler Fahrverbote beeinträchtigt ist) verglichen. Dazu wurden Simulationen auf der Basis eines europaweiten Verkehrsmodells durchgeführt.
Szenario A
Im Szenario A wurde die Kapazität um 50 Prozent reduziert (mit einer Fahrspur pro Fahrtrichtung und in Zeiträumen mit großem Verkehrsaufkommen mit zwei Fahrspuren für den Leichtverkehr). Dieses Szenario entspricht dem aktuellen Plan für die kommenden Jahre
Das Autorenteam prognostiziert, dass in diesem Fall 90 Prozent des Wirtschaftsverkehrs auf der Brennerautobahn bleiben würden. Die Folgen wären „schwerwiegende Zeitverzögerungen und Mehrkosten“, heißt es in der Studie. Die restlichen zehn Prozent des Wirtschaftsverkehrs würden auf den Gotthardpass, den San-Bernardino-Pass und Tarvis ausweichen. Der Schienengüterverkehr würde um vier Prozent zunehmen.
Was den Leichtverkehr betrifft, würden 27 Prozent andere Routen vorziehen, größtenteils auf die B182 (die Brennerstraße von Innsbruck bis zum Brennerpass) auffahren oder über den Reschenpass, den San-Bernardino-Pass und Tarvis ausweichen.
Bei diesem Szenario würden sich allein die Mehrkosten, die durch den größeren Zeitaufwand verursacht werden, der Studie zufolge auf 174 Millionen Euro pro Jahr belaufen (80,5 Millionen für den Personenverkehr und 93,5 für den Güterverkehr).
Szenario B: Worst Case
Im Worst-Case-Szenario B wurde eine Totalsperre der Strecke mit gleichzeitigem Fahrverbot auf der Bundesstraße B182 für die Schwerfahrzeuge simuliert. Dazu könnte es aufgrund der fehlenden Notspur und der Trennelemente zwischen den Fahrbahnen kommen, heißt es vonseiten der Handelskammer.
Der Schwerverkehr würde in diesem Szenario auf Tarvis, den Gotthardpass und den San-Bernardino-Pass (mit einer beachtlichen Steigerung der Kosten und des Zeitaufwandes, auch unter Berücksichtigung der hohen Gebühren für den Wirtschaftsverkehr in der Schweiz) und nur ein sehr kleiner Teil auf den Reschenpass ausweichen. Der Großteil des Verkehrs würde sich auf die Schiene verlagern. Das wäre, so die Handelskammer, wohl mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die Linie gesättigt ist.
„In diesem Szenario ist vor allem die Massenverlagerung des Leichtverkehrs auf die B182 (Brennerstraße) mit einem (im Vergleich zum Durchschnitt) fünffachen Verkehrsaufkommen als sehr kritisch einzustufen“, heißt es in einer Kurzfassung der Studie. Ebenso würde sich der normale Verkehrsfluss über den Reschenpass mehr als verdoppeln, was zusammen mit dem zunehmenden Schwerverkehr die Bevölkerung zusätzlich belasten würde, so die Handelskammer. Der Personenverkehr auf Schiene würde um 18 Prozent zunehmen.
Bei diesem zweiten Szenario würden allein die Kosten infolge des größeren Zeitaufwandes zur Erreichung des Zielortes auf 640 Millionen Euro pro Jahr steigen (312,7 für den Personenverkehr und 327,3 für den Güterverkehr).
Was die Handelskammer fordert
Damit es nicht zum Worst Case kommt, hat die Handelskammer mehrere Forderungen formuliert. Die Transitkapazität an der Brennerachse und Handels- und Fremdenverkehrsflüsse müssten gewährleistet sein. Das erfordere zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung für den Leicht- und Schwerverkehr an 365 Tagen im Jahr; die Aufhebung des Nachtfahrverbots für die gesamte Dauer der Arbeiten, um einen sicheren und kontinuierlichen Verkehrsstrom zu gewährleisten, der auf den gesamten Tag verteilt ist, und die effizientere und erweiterte Nutzung der RoLa, die zumindest bis nach Trient ausgedehnt und ausgebaut werden müsse.