Rom – Für die Übertragung von Betrieben im Schenkungs- und Erbschaftsweg sind verschiedene Steuererleichterungen vorgesehen. Dies gilt auch für die Mehrheitsbeteiligungen an Gesellschaften. Der Fiskus will das Fortbestehen der Unternehmen gewährleisten, das unter Umständen durch eine hohe Steuerlast beeinträchtigt sein könnte. Die Unternehmen sind für den Fiskus nämlich auch als Einnahmenquelle zu sehen, die man im eigenen Interesse nicht abwürgen soll.
Für die Übertragungssteuern ist im Einzelnen eine Befreiung von der Schenkungssteuer und der Erbschaftssteuer vorgesehen, die allerdings an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (Art. 3 (4-ter) Dlgs Nr. 346/1990). Es werden für die Beteiligungen an Kapitalgesellschaften folgende zwei Voraussetzungen verlangt, die für Schenkungen oder eine Vererbung gleichermaßen gelten:
- Die Übertragung muss dem Begünstigten die Beherrschung bzw. Kontrolle der Gesellschaft ermöglichen bzw. diese ergänzen;
- der Begünstigte muss diese Kontrolle für eine Dauer von mindestens fünf Jahre beibehalten. Diese Erklärung und Verpflichtung muss ausdrücklich in der Schenkungsurkunde oder in der Erbschaftssteuererklärung festgehalten werden.
Es zählt die Mehrheit der Stimmrechte
Die Steuerbefreiung betrifft nicht die Übertragung einer Mehrheitsbeteiligung, sondern die Mehrheit und Kontrolle muss sich für den Begünstigten oder den Erben nach der Übertragung ergeben, und zwar durch dieselbe Übertragung, unabhängig von der Höhe der übertragenen Beteiligung. Es betrifft dies die Fälle, in denen der Begünstigte bereits eine Minderheitsbeteiligung besessen hat.
Es geht hier um die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung (Art. 2359 (1) Ziffer 1 ZGB). Es muss sich also nicht um die Mehrheit am Stammkapital handeln. Diese Mehrheit kann auch durch indirekte Beteiligungen oder Treuhandgesellschaften erzielt werden. Sie kann auch durch das Fruchtgenussrecht an bereits vorhandenen Beteiligungen erreicht werden, wenn das Stimmrecht – falls nicht anderweitig vorgesehen – dem Fruchtnießer zusteht.
Laut Doktrin hat man für die Bestimmung der Mehrheit der Stimmrechte auf die ordentliche Gesellschafterversammlung abzustellen. In der Substanz ist auf jene Mehrheit zu achten, mit welcher das Verwaltungsorgan bestellt oder abberufen wird. In diesem Sinn ist also die Satzung zu berücksichtigen, die unter Umständen für die ordentliche Gesellschafterversammlung eine höhere bzw. qualifiziertere Mehrheit vorsehen könnte. Mit anderen Worten: Reichen die Stimmrechte der betreffenden Beteiligung (einschließlich der bereits vorhandenen Anteile) nicht für die Beschlüsse der ordentlichen Gesellschafterversammlung aus, handelt es sich nicht um eine Mehrheitsbeteiligung, für welche die gegenständliche Steuerbefreiung beansprucht werden kann.
Mehrheit kann durch Miteigentum erzielt werden
Wenn Beteiligungen an mehrere Begünstigte übertragen werden, so z. B. im Falle einer Erbschaft, steht die Befreiung nur jenem Begünstigten zu, der durch diese Übertagung die Mehrheit der Stimmrechte erhält. Die Steuerbefreiung ist aber auch möglich, wenn die zu übertragende Beteiligung an Begünstigte übergeht, welche die Beteiligung im Miteigentum halten. Sie müssen dann einen gemeinsamen Vertreter benennen, der die einheitliche Vertretung und das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung ausübt.
Nachfolgend ein konkretes Beispiel: Herr Müller ist Eigentümer eines Anteils von 60 Prozent einer GmbH und schenkt jeweils 20 Prozent seinen drei Söhnen. Keiner der drei Söhne erhält die Steuerbefreiung, ausgenommen einer der Söhne hält bereits die restlichen 40 Prozent der GmbH. Bedeutungslos ist in diesem Zusammenhang, wenn die Söhne am Folgetag nach der Übertragung eine Nebenvereinbarung abschließen, wonach sie künftig alle Entscheidungen in der Gesellschaft gemeinsam treffen. Die Steuerbefreiung steht hingegen zu, wenn die Schenkung an die drei Söhne im Miteigentum erfolgt.
Die Personengesellschaften und einige Besonderheiten
Die Steuerbefreiung gilt auch für die Personengesellschaften. Hier wird jedoch nicht verlangt, dass durch die Übertragung die Mehrheitsbeteiligung erzielt wird (Rundschr. Nr. 3/E/2008 und Nr. 18/E/2013). Es bleibt allerdings die Verpflichtung, die Beteiligung für mindestens fünf Jahre halten zu müssen.
Ziel der Steuerbefreiung ist, wie eingangs erwähnt, die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen, wobei der Gesetzgeber an operative Betriebe gedacht hat. Die Befreiung wird daher für eine Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft ausgeschlossen, welche nur ein Immobilienvermögen ohne einen Gewerbebetrieb besitzt (Urteil Kassationsgerichtshof Nr. 6082/2023). Es besteht hier nämlich keine Unternehmenstätigkeit. Mit einer ähnlichen Begründung wird die Steuerbefreiung für die Übertragung der Mehrheitsbeteiligung an einer Holdinggesellschaft ausgeschlossen, die nur eine Minderheitsbeteiligung am Familienunternehmen besaß. Durch diese Übertragung wird nämlich nicht die Mehrheit am operativen Unternehmen übertragen.
Ist die Steuerbefreiung nicht anwendbar, hat man als Bemessungsgrundlage für die Schenkungs- oder die Erbschaftssteuer das anteilige Eigenkapital der Gesellschaft laut dem letzten genehmigten Jahresabschluss heranzuziehen. Nicht zu berücksichtigen ist jedenfalls der Firmenwert.