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Start-up e-kargo: Elektrischer Transport

SERIE START-UP SÜDTIROL (12) – Kein Ruhestand, sondern Start-up-Gründung:­ Stefan Berlanda und Klaus Giovannini, 56 und 59 Jahre alt, wollen mit einem innovativen Elektroschlepper einen breiten Markt erobern. Was es mit dem e-kargo auf sich hat und warum die beiden großes Potenzial darin sehen.

Heinrich Schwarz von Heinrich Schwarz
12. September 2024
in Start-ups, Südtirol
Lesezeit: 5 mins read

Stefan Berlanda (links) und Klaus Giovannini mit ihreme-kargo in Sinich (Foto: SWZ)

Meran – Jahrelang war am großteils aufgelassenen Ex-Memc-Gelände in Sinich wenig los. Jetzt wird dort mit schwerem Gerät an der Sanierung des verunreinigten Bodens gearbeitet. Und im großen, weißen Hauptgebäude haben sich inzwischen mehrere Betriebe angesiedelt. Gleich daneben, an der Brücke über den Sinichbach, haben Stefan Berlanda und Klaus Giovannini eine kleine Halle für ihr Start-up e-kargo angemietet und tüfteln dort an einem innovativen Fahrzeug.

Bei der ersten Kontaktaufnahme verrieten die Handynummern der beiden Meraner, dass sie wohl schon ein gewisses Alter haben und sich somit von den meisten Start-uppern unterscheiden. Ihre Nummern bestehen nur aus neun statt üblicherweise zehn Ziffern, sodass Berlanda und Giovannini zu den frühen Handybesitzern gehören müssen. Und tatsächlich: Ersterer ist 56-jährig, Letzterer 59-jährig.

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In der Garage entwickelt

Das Produkt von Stefan Berlanda und Klaus Giovannini ist ein elektrischer Transportwagen, auch Elektroschlepper genannt, den es am Markt in dieser Form noch nicht gebe, sagen sie. Die Besonderheit sei nämlich, dass das Fahrzeug, das für den Transport von Waren und Gegenständen gedacht ist, sowohl im Stand gefahren als auch zu Fuß begleitet werden kann. Ebenso sei das Verhältnis von Größe und Tragkraft besonders.

Es war Berlanda, der den Elektroschlepper in seiner eigenen Garage mit einem anderen Freund entwickelt hat. Ursprünglich wollte der leidenschaftliche Golfspieler ein Golfcart bauen, erkannte dann aber im Transport auf der sogenannten „letzten Meile“ den geeigneteren Einsatzbereich. Im Jahr 2021 wurde schließlich das Start-up e-kargo gegründet. „Es war Klaus, der mich überzeugte, auf Grundlage meiner Idee tatsächlich eine Firma aufzubauen, und der mir die nötige Unterstützung gab“, verweist Berlanda auf seinen Geschäftspartner. Die beiden – Klaus Giovannini ist ebenfalls Golfspieler – sind seit vielen Jahren Freunde.

Jahrzehntelange Unternehmer

Das Unternehmertum ist für beide kein Neuland. Stefan Berlanda versuchte sich zuerst als Mechanikerlehrling und stieg noch vor seiner Volljährigkeit in den Betrieb seines Vaters ein. „Wir führten Kleintransporte in der Meraner Altstadt durch – unter anderem von Bauschutt und Gartenmüll – und entwickelten den Minicontainerdienst“, blickt er zurück.

Nachdem sein Vater 1993 verstarb, rief Berlanda den Zwangsabschleppdienst in Meran ins Leben. 2000 stieg er aus diesem Geschäft aus und kaufte sich einen sogenannten Saugbagger – „den ersten in Italien“, wie er betont. Mit bis zu sieben Mitarbeitenden habe er damit für große Bauunternehmen von Norddeutschland bis Tunesien gearbeitet. Und jetzt will Berlanda mit e-kargo ein neues unternehmerisches Projekt vorantreiben.

„Aus meiner unternehmerischen Tätigkeit weiß ich, was es braucht, um Märkte zu öffnen: Geduld und Zeit“

Klaus Giovannini hingegen war sein ganzes Berufsleben lang Fahrlehrer und Fahrschulbetreiber. Im Jahr 1991 gründete er die Fahrschule Klaus, die 2013 mit der Fahrschule Rolli zu „Klaro“ fusionierte. Ende des vergangenen Jahres stieg Giovannini als einer von fünf Gesellschaftern aus dem mittlerweile größten Unternehmen dieser Branche in Südtirol aus. „Zuletzt betrieben wir 14 Fahrschulen und eine Bootsschule mit über 30 Mitarbeitern“, sagt er. Bei e-kargo ist Giovannini vor allem für die bürokratischen Angelegenheiten zuständig.

Der dritte Gesellschafter des Start-ups ist mit einem minimalen Anteil der Steuerberater der beiden. Stefan Berlanda erklärt dazu: „Unser Steuerberater hat uns auf unserem Weg begleitet und soll die Rolle des Schlichters einnehmen, falls es einmal zu einem Streit kommen sollte. Wir möchten einen Streit nämlich nicht über Prozentanteile austragen, sondern über die beste Idee. Unser Steuerberater soll entscheiden, wer diese hat.“

Was das Fahrzeug kann

Ein Korb als Aufsatz, etwa für Kurierdienste (Foto: e-kargo)

Das Fahrzeug von e-kargo ist 120 Zentimeter lang und 78 Zentimeter breit. „Es passt perfekt auf eine Europalette“, demonstriert Berlanda in der Firmenhalle. Das Eigengewicht (ohne einen Aufsatz für den Transport) beträgt 120 Kilo und das maximale Gesamtgewicht inklusive Fahrer 350 Kilogramm.

Die Höchstgeschwindigkeit des Standardmodells beträgt zwölf Stundenkilometer und sei bei besonderer Notwendigkeit der Kunden nach unten und bis auf 15 Stundenkilometer nach oben anpassbar. Die Reichweite nach dem vollständigen Aufladen wird mit 40 Kilometern angegeben.

„Mit dem e-kargo kann man problemlos auf Kopfsteinpflaster und Wiesen fahren“, sagt Tüftler Stefan Berlanda. Eine kurze Testfahrt am Firmengelände bestätigt, dass das Fahrzeug mit unebenem Gelände keine Probleme hat.

Als mögliche Einsatzbereiche hat das Start-up die unterschiedlichsten Branchen ausfindig gemacht. Im Wesentlichen lassen sie sich in drei Bereiche einteilen: betriebsinterne Logistik, Warentransport in Innenstädten (Kurierdienste) und öffentliche Dienste wie Abfallwirtschaft und Gärtnerarbeiten.

Je nach Bedarf können verschiedenste Aufsätze angebracht werden – unter anderem ein Werkzeugkasten oder ein Korb (wie auf den Fotos ersichtlich). Standardaufsätze bietet e-kargo nicht an – jeder könne unter Berücksichtigung bestimmter Sicherheitsvorgaben eigene Aufsätze anbringen. Auf spezielle Anfrage kümmere sich e-kargo selbst um eine Lösung.

In Italien gibt es ein Problem

„Wir sind überzeugt, dass das Produkt einen Markt finden kann. Aus meiner unternehmerischen Tätigkeit weiß ich, was es braucht, um Märkte zu öffnen: Geduld und Zeit“, sagt Stefan Berlanda. Bislang seien die Rückmeldungen der Kunden überaus positiv. „Und dank der Anregungen unserer Kunden können wir unser Produkt gemeinsam mit unserem externen Ingenieur Hanno Pardatscher laufend optimieren.“

Als Hauptmarkt hätten sich bis dato betriebsinterne Wartungsdienste he­rausgestellt. Sprich: Gibt es irgendwo am Gelände eines Betriebes ein technisches Problem, kann der oder die Zuständige auf dem e-kargo mitsamt den nötigen Werkzeugen und Ersatzteilen ausrücken. „Damit spart man sich jede Menge Zeit, weil man bereits alles dabeihat, um den Störungsfall zu beheben“, betont Klaus Giovannini.

Für den Einsatz auf der letzten Meile in Innenstädten hingegen gibt es ein wesentliches Problem: Das Fahrzeug hat in Italien keine Straßenzulassung, da es keinem Fahrzeugtyp zugeordnet werden kann. „Wir versuchen nun, Genehmigungen auf Gemeindeebene zu erhalten, die zeitlich befristet möglich sind. Gleichzeitig bemühen wir uns um eine effektive Straßenzulassung“, so Giovannini. Im Ausland bestehe das Zulassungsproblem indes nicht.

Ziel: in einem Jahr 100 Stück

Die Bestandteile des e-kargo werden vorwiegend von italienischen Unternehmen hergestellt und in Sinich zusammengebaut. Der Listenpreis des elektrischen Fahrzeugs liegt bei 13.500 Euro.

Bislang wurden laut Stefan Berlanda rund 20 Stück verkauft. In einem Jahr sollen es weitere 80, also insgesamt 100 sein, so das Ziel. „Erreichen wir das, haben wir alles richtig gemacht“, ist er zuversichtlich.

Geografisch gesehen ist e-kargo längst über Südtirol hinausgekommen. Dank guten Kontakten habe man unter anderem Kunden in Deutschland. Südtirol soll künftig aber ein wesentlicher Markt für das Start-up sein. Es gibt laut Berlanda bereits zahlreiche Gespräche mit potenziellen Partnern.

„Viele unserer Partner sehen in e-kargo eine Lösung für vorhandene Probleme. Teilweise wird der Einsatz des Elektroschleppers in der Planung von Betriebshallen bereits mit berücksichtigt“, unterstreicht er.

Hält die Nachfrage an, wollen Berlanda und Giovannini, die Vollzeit im Start-up arbeiten, nach einer größeren Produktionshalle und ersten Mitarbeitenden Ausschau halten. Und: Die beiden Gründer seien offen für Investoren, die Kapital zuschießen.

„Mindestens ein Jahr Vorsprung“

Angst vor der Konkurrenz haben Berlanda und Giovannini indes keine. Ihr Produkt sei einzigartig – „und wenn es jemand kopiert, ist das auch nicht schlimm, denn es gibt Platz für mehrere Hersteller. Schließlich fährt auch nicht die ganze Welt VW. Außerdem hilft Konkurrenz, einen Markt zu öffnen.“

Berlanda glaubt, mit e-kargo einen technologischen Vorsprung von mindestens einem Jahr zu haben: „Ein chinesischer Hersteller braucht vielleicht ein Jahr, um unser Produkt nachzubauen, ein europäischer sicherlich zwei Jahre.“

Gedanken an die mögliche Konkurrenz wollen die beiden Gründer aber erst einmal nicht verschwenden. Vielmehr wollen sie jetzt mit e-kargo Aufmerksamkeit gewinnen.

DIE SERIE Die SWZ stellt in diesen Wochen in der Serie „Start-up Südtirol“ junge Unternehmen und deren Gründer:innen vor, so wie bereits in den vergangenen Jahren. Alle Artikel können auf SWZonline und in der SWZapp gelesen werden.

Schlagwörter: 35-24free

Ausgabe 35-24, Seite 6

Heinrich Schwarz

Heinrich Schwarz

Der Passeirer arbeitete ab 2013 bei der „Südtiroler Tageszeitung“ in den Bereichen Wirtschaft und Politik und ist seit 2022 Teil der SWZ-Redaktion. Er liebt die Recherche und Aufbereitung wichtiger und spannender Themen.

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