Bozen – Ob privat oder in der Arbeit: Wer Entscheidungs- und somit Gestaltungsspielräume hat, ist besser dran. Menschen leisten mehr und haben weniger psychische Beschwerden, wenn sie in ihrer Arbeit bis zu einem gewissen Maß selbst entscheiden und so handeln können, wie sie es am besten finden. Im Beruf Neues lernen zu können, ist das Sahnehäubchen für die fachliche und persönliche Weiterentwicklung und das psychische Wohlbefinden. „Weniger psychische Beschwerden bedeutet weniger Fehlzeiten – das ist gut für die Arbeitsproduktivität der Unternehmen, aber auch für die Krankenkassen; psychisch bedingte Fehl-zeiten sind teuer“, wird AFI-Präsident Andreas Dorigoni in einer Aussendung des Afi zitiert.
64 von 100
Auf einer Skala von 0 (gar nicht gut) bis 100 (sehr gut) beträgt das Maß an Arbeitsgestaltungsmöglichkeiten – sprich Arbeitsmethoden, -reihenfolge und -tempo – für Südtiroler Arbeitnehmer:innen gesamtwirtschaftlich 64, wobei die Unterschiede zwischen den Branchen nicht signifikant sind, liest man in der Pressemitteilung. „Die Arbeitnehmer sämtlicher Branchen können sich ihre Arbeit also grundsätzlich gleichermaßen frei einteilen – das ist ein gutes Ergebnis“, so der Studienautor und AFI-Arbeitspsychologe Tobias Hölbling.
Große Unterschiede bei Kooperativen Entscheidungen
Die „Kooperativen Entscheidungen“ nehmen hingegen die organisationalen Rahmenbedingungen in den Blick: Können Mitarbeitende auch dann mitreden, wenn es um die Arbeitsziele geht? Bietet das Unternehmen den Mitarbeitenden Raum, um Vorschläge zu unterbreiten, welche die Arbeitsorganisation verbessern? Werden wichtige, die Arbeit betreffende Entscheidungen dem Team einfach vorgesetzt oder können sie diese Entscheidungen beeinflussen? Um diese Fragen geht es in einem zweiten Teil der Studie. Hier gibt es teils große Unterschiede.
In privatwirtschaftlichen Branchen, in denen ein hohes Maß an spontaner, nicht von vorneherein planbarer Zusammenarbeit nötig ist, um die Arbeitsaufgaben zu erfüllen, kann die Belegschaft auch deutlich häufiger über die Rahmenbedingungen der Arbeit sprechen. Hierbei stechen die Unternehmen des Baugewerbes (72 Punkte) und des Gastgewerbes (68) positiv hervor. In dieser Hinsicht deutlich unter dem Durchschnitt sind hingegen (meist) öffentlich geführte Dienste wie das Gesundheits- und Sozialwesen (61) und die öffentliche Verwaltung (59).
Im Beruf Neues lernen? Das geht nicht überall
In Bezug auf die Frage, wie häufig man im Beruf Neues lernt, unterscheiden sich die Branchen sehr deutlich voneinander: Arbeitnehmer:innen im Bildungswesen geben am häufigsten an, am Arbeitsplatz häufig oder immer Neues zu lernen (83 Prozent), mit einem gehörigen Abstand folgt die öffentliche Verwaltung (67 Prozent). An dritter Stelle folgt das Baugewerbe (64 Prozent).
Deutlich mehr Arbeitsroutine findet sich im „Verarbeitenden Gewerbe“ und im Gastgewerbe: Dort geben weniger als die Hälfte (46 Prozent bzw. 40 Prozent der Arbeitnehmenden) an, dass sie am Arbeitsplatz immer oder häufig etwas Neues lernen müssen. Fast jede dritte Person im Gastgewerbe (30 Prozent) sagt hingegen, dass ihre Arbeitstätigkeit selten oder nie mit sich bringt, etwas Neues zu lernen. Das erklärt sich daraus, dass vielfach Angelernte in diesem Metier arbeiten, die saisonal beschäftigt sind und dementsprechend selten formelle Fort- und Weiterbildungen besuchen, erklärt das Afi. In der öffentlichen Verwaltung und in Erziehung und Unterricht ist das anders: Dort gibt es verpflichtende Fort- und Weiterbildungen für alle Mitarbeitenden.