Bozen – Die Raiffeisen Landesbank hat in den vergangenen Tagen mit einem neuen Produkt überrascht. „Renefit“ heißt es, eine Wortkombination aus Raiffeisen und Benefit. Raiffeisen stößt damit in einen Bereich vor, den in Südtirol in den vergangenen Jahren der Wirtschaftsverband hds salonfähig gemacht hat und hierzulande seither in einer Quasi-Monopolstellung bedient: jenen von Gutscheinen, die vorwiegend von Arbeitgebern als Benefit an Mitarbeitende erworben werden.
Der Vorreiter
Der hds startete im Frühjahr 2017 mit der Gutscheinkarte „Monni Card“, die inzwischen Monni Bon heißt. Ziel war es, angesichts der zunehmenden Beliebtheit von Geschenkgutscheinen mehr Wertschöpfung im Land zu halten und so die lokalen Kreisläufe zu stärken. Für die technische Abwicklung des Gutscheinsystems holte sich der hds das Fintech-Unternehmen Moneynet mit Sitz in Palermo als Partner ins Boot.
Der Monni Bon kann seither in Betrieben eingelöst werden, die Mitglied des hds sind und an der Aktion teilnehmen. Inzwischen sind das über 1.400 Firmen. Für die Gutschein-Annahme ist ein eigenes Pos-Gerät nötig, für das eine Jahresgebühr zu zahlen ist (aktuell 66 Euro plus Mehrwertsteuer), wobei jedoch keine Kommissionen bei Monni-Transaktionen anfallen.
Wesentlich zum Erfolg von Monni beigetragen haben die steuerlichen Anreize des Staates. Schon beim Start vor sieben Jahren waren Benefits wie Einkaufsgutscheine für Mitarbeitende frei von Steuern und Sozialabgaben – damals bis zu einer Höhe von 258 Euro. Mittlerweile liegt die Freigrenze sogar bei 1.000 Euro bzw. bei 2.000 Euro für Beschäftigte mit zulasten lebenden Kindern.
Im Vorjahr wurden in Südtirol knapp 43.000 Gutscheine mit einem Gesamtwert von 11,5 Millionen Euro verschenkt.
Warum steigt Raiffeisen ein?
Und nun umwirbt auch Raiffeisen Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitenden Gutscheine schenken wollen. Ob der hds oder – besser gesagt – dessen Partner Moneynet ein zu großer Konkurrent wird, weil dessen Pos-Gerät neben den Monni-Transaktionen auch normale Bankomat- und Kreditkartenzahlungen ermöglicht? „Nein“, sagt Simon Ladurner, „der Zahlungsverkehr ist seit jeher sehr fragmentiert und es gibt immer wieder neue Player, Angebote und technische Lösungen. Bei Kreditkarten gibt es mehrere Angebote, bei Essenstickets ebenso – warum soll es also nicht auch beim Thema Fringe Benefits mehrere Angebote zum Vorteil der Kunden geben?“
Der Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank sagt zudem, dass es die Aufgabe der Landesbank sei, für die Raiffeisenkassen Lösungen für den Zahlungsverkehr bereitzustellen. Mit den steuerlichen Freibeträgen für Fringe Benefits habe sich ein interessantes Thema aufgetan – „und es ist uns gelungen, eine innovative Lösung zu finden, die für uns ein ergänzendes Produkt darstellt und unseren Mitgliedern und Kunden eine weitere Möglichkeit bietet, staatlich geförderte Fringe Benefits zu nutzen“, so Ladurner.
Renefit macht’s anders
Auch wenn Monni Bon und Renefit beides digitale Gutscheine sind, die über das Handy eingelöst werden können, so gibt es doch einige Unterschiede. Renefit funktioniert im Grunde wie eine aufladbare Mastercard. Und diese kann an praktisch jedem Pos-Gerät genutzt werden.
Für einen Betrieb heißt das, dass er für Renefit sein bereits bestehendes Pos-Gerät verwenden kann. Und die Besitzer:innen von Gutscheinen müssen sich nicht informieren, ob ein Geschäft, ein Restaurant oder eine Tankstelle den Gutschein überhaupt annimmt, sondern haben die Qual der Wahl. Raiffeisen wirbt damit, dass Renefit in Südtirol bei über 25.000 Betrieben eingelöst werden kann. Online-Zahlungen mit Renefit sind laut Simon Ladurner nicht vorgesehen.
Der Weg über eine Mastercard bedeutet aber auch: Renefit-Guthaben sind nicht auf Südtirol beschränkt, sondern können auch im restlichen Italien und im Ausland ausgegeben werden. Und: Für die Betriebe fallen bei Renefit-Transaktionen Kommissionen an wie für eine übliche Kreditkartenzahlung.
Das Restguthaben als weiterer großer Unterschied
Eines haben Monni Bon und Renefit wiederum gemeinsam: Die digitale Gutscheinkarte ist jeweils ein Jahr gültig. Einen wesentlichen Unterschied gibt es aber im Umgang mit dem Restguthaben nach Ablauf des Gutscheins.
Bei Monni war das in Vergangenheit ein großer Kritikpunkt. Denn ein eventuelles Restguthaben ist futsch. Das Geld kassiert der hds-Partner Moneynet. Sofern es sich um mehr als fünf Prozent des gesamten Monni-Volumens handelt, geht der darüberliegende Betrag an den hds, der ihn für wohltätige Zwecke spendet. Bei Renefit hingegen wird nicht eingelöstes Guthaben an den Arbeitgeber zurückerstattet.
Ein weiterer Unterschied: Beim Monni Bon zahlt ein Arbeitgeber pro ausgestelltem Gutschein 1,55 Euro plus Mehrwertsteuer, bei Renefit sind die Aktivierung und Aufladung zumindest bis Ende 2025 kostenlos.
Monni Bon und Renefit haben jeweils andere Vorzüge und entsprechende Nachteile. Das Werben um die Arbeitgeber hat demnach begonnen.
Und noch ein Unterschied: Ein Monni Bon kann über die Monni-App eingelöst werden, während es bei Renefit neben der Renefit-App eine digitale Wallet wie Apple Pay oder Google Pay braucht.
Zum finanziellen Aspekt lässt sich sagen, dass hds und Moneynet ihr Produkt über die Ausstellungsgebühren und den Einbehalt abgelaufener Guthaben finanzieren. Bei Raiffeisen (laut Renefit-Website sind die Produktpartner das Unternehmen Eurotarget aus Bergamo und der große Zahlungsdienstleister Nexi) sind es hingegen die Transaktions-Kommissionen. In anderen Worten: Monni finanziert sich über Arbeitgeber und (unachtsame) Arbeitnehmer:innen und entlastet die kassierenden Betriebe – bei Renefit ist es umgekehrt. Freilich handelt es sich generell um keine riesigen Umsätze.
Das Buhlen hat begonnen
Das Fazit: Monni Bon und Renefit haben jeweils andere Vorzüge und entsprechende Nachteile. Das Werben um die Arbeitgeber hat demnach begonnen.
Denn die Arbeitgeber müssen beim Kauf abwägen, was ihnen lieber ist: dass die Gutscheine nur bei Südtiroler Betrieben eingelöst werden können und die kassierenden Betriebe keine Kommissionen zahlen müssen – wie beim Monni Bon. Oder dass die Gutscheine praktisch überall eingelöst werden können, für die Ausstellung keine Kosten entstehen und nicht eingelöste Guthaben an den Arbeitgeber zurückgehen – wie bei Renefit.
Warum keine Zusammenarbeit?
Abgesehen von den Vor- und Nachteilen stellt sich die grundsätzliche Frage, warum Raiffeisen und hds nicht zusammenarbeiten. Beide Seiten erklären, dass es durchaus mehrere Gespräche gegeben habe.
Hds-Präsident Philipp Moser sagt, bei der einstigen Entwicklung von Monni habe sich Raiffeisen technologisch nicht dazu imstande gesehen, sodass sich der hds nach einem anderen Partner umgesehen habe. Und als Raiffeisen in den vergangenen Jahren doch Interesse an einer Gutscheinkarte gezeigt habe, sei man angesichts unterschiedlicher Vorstellungen zu keiner Übereinkunft gekommen.
Raiffeisen-Landesbank-Generaldirektor Simon Ladurner formuliert es so: „Wir loteten das Potenzial einer Zusammenarbeit aus, haben uns dann aber für diesen Weg entschieden. Auch in anderen Regionen gibt es mehrere Anbieter.“
Philipp Moser kann nicht ganz verbergen, dass er sich über die Konkurrenz aus dem Hause Raiffeisen und die gescheiterte Zusammenarbeit ärgert. „Wir machen aber mit unserem Monni Bon weiter – auch weil es mit dem Essensgutschein Monni Food inzwischen ein weiteres wichtiges Produkt für die lokale Wertschöpfung gibt“, sagt er.
Dieser Artikel ist in der gedruckten SWZ mit folgendem Titel erschienen: Die Monni-Konkurrenz