Bozen – Südtirol soll – parallel zum Euro – eine Regionalwährung in Form eines digitalen Gutscheinsystems bekommen, wie es sie in anderen europäischen Regionen schon gibt. Dies ist das Ziel eines Beschlussantrages des Team K, der im Mai 2022 vom Landtag genehmigt wurde.
Konkret wurde die Landesregierung damals beauftragt, eine Studie zur Umsetzung eines solchen regionalen, öffentlich aufgebauten Gutscheinsystems zu erstellen. Laut Vorschlag des Einbringers des Beschlussantrages, Paul Köllensperger, sollen dabei die monnicard des Handels- und Dienstleistungsverbandes hds und der Südtirol Pass eine Rolle spielen. Die Regionalwährung solle lokale Kreisläufe und die Kaufkraft vor Ort stärken.
Nachdem sich Köllensperger mittels Landtagsanfrage über den Stand der Dinge erkundigte, kommt nun allerdings die Ernüchterung.
Keinen passenden Partner gefunden
Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher in seiner schriftlichen Antwort mitteilt, wurde zuerst das Forschungsinstitut Eurac gefragt, ob es die Studie ausarbeiten kann, in der die technischen, steuerlichen und rechtlichen Aspekte geprüft werden. Allerdings teilte Eurac mit, dass die Inhalte einer solchen Studie nicht vollauf in das eigene Forschungsprofil fallen.
Nächster Ansprechpartner war die Universität Bozen. „Nach langwierigen, notwendigen universitätsinternen Abstimmungen hat die Universität dem Land am 18. Januar 2023 einen Projektvorschlag zugesendet. Der Projektvorschlag sprengt allerdings den angedachten zeitlichen (die Vorstellung der Studie im Landtag sollte spätestens innerhalb 2023 erfolgen) und finanziellen (ca. 150.000 Euro) Rahmen“, erläutert Kompatscher.
Der Projektvorschlag der Uni sah eine Laufzeit von 24 Monaten und Kosten in Höhe von 300.000 Euro vor. Zudem, so Kompatscher, decke der Projektvorschlag inhaltlich nicht vollauf die im Beschlussantrag genannten Anliegen.
Auch die Anfrage beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo im Jänner 2023 blieb erfolglos. Dort habe man nicht die nötigen technischen Kenntnisse – etwa in Bezug auf die Blockchain-Technologie. Zudem fehle die nötige steuer-, wettbewerbs- und europarechtliche Expertise für eine fundierte Analyse.
„Umsetzung in Frage gestellt“
Das hat das Land dazu veranlasst, das Projekt auf Eis zu legen. Arno Kompatscher erklärt:
„Die Landesregierung hat den Beschlussantrag folgend mehrere Schritte gesetzt, um das Projekt voranzubringen. Die Erkenntnisse aus all diesen Schritten sind aber der Gestalt, dass die Umsetzung des Beschlussantrages aufgrund von Mangel an entsprechender fachlicher Expertise einerseits und hoher veranschlagter Projektkosten ohne Gewähr auf vollständige Deckung der inhaltlichen Anliegen des Beschlussantrages andererseits, in Frage gestellt und generell neu zu bewerten ist.“
„Eine verlorene Chance“
Paul Köllensperger wundert sich, wieso man nicht die Südtiroler Informatik AG gefragt hat. „Oder Experten außerhalb Südtirols, wenn man im eigenen Lande keinen Propheten findet. Aber es fehlt hier wohl am Willen. Schade, eine verlorene Chance.“
Das digitale Gutscheinsystem für Südtirol hätte laut dem Landtagsabgeordneten gleich mehrere Probleme gelöst: „Zum einen hätte es lokale Kreisläufe, vor allem die Geschäfte und die Nahversorgung, gestärkt und vor der Konkurrenz der großen Kaufhäuser und Amazon geschützt. Denn nur in lokalen Betrieben würden diese Voucher gelten. Zum anderen hätte es das Problem gelöst, dass Sozialleistungen des Landes ins Ausland fließen. Das Land könnte einige Sozialtransfers als digitale Voucher ausgeben, die dann nur im Lande Gültigkeit haben.“
Köllensperger verweist zudem darauf, im Landtag eigens ein interessantes Hearing zur digitalen Transformation mit Fachleuten aus aller Welt organisiert zu haben, um die Abgeordneten und vor allem die Landesregierung zu sensibilisieren. „Jetzt zu erfahren, dass wir alles auf Eis legen, weil wir nicht einmal imstande sind, eine Studie dazu zu erstellen, bezeugt wieder einmal, wie schlecht Südtirol in Sachen Digitalisierung dasteht.“