Sarnthein – Am Samstag nächster Woche sind die Beschäftigten der Lavarent und deren Angehörige sowie die Sarner Bevölkerung und Ehrengäste zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. Dabei erhalten sie Einblick in die „neue“ Lavarent. Das Betriebsgebäude ist in den letzten anderthalb Jahren um 3.500 Quadratmeter erweitert worden und hat eine neue Fassade erhalten. Auch die Produktionsprozesse wurden überarbeitet und innovative Maschinen implementiert. Dazu gehören zwei Roboter, welche die Handtücher falten und verpacken. Automation ist angesagt, denn es wird immer schwieriger, genügend Mitarbeiter:innen zu finden. Bei der Eröffnungsfeier gibt es Speis und Trank, Musik und ein Kinderprogramm. Gastgeber sind Lavarent-CEO Bea Eccel und ihr Vater Kurt, der Präsident des Verwaltungsrates, der sich seinen Worten zufolge nicht in das Tagesgeschäft einmischt, sondern als eine Art Berater fungiert, mit dem die junge Chefin weitreichende Entscheidungen abspricht. In Sachen Unternehmensnachfolge hat Kurt Eccel bereits Erfahrung, denn die Leitung seines Unternehmens Daunenstep am Ritten hat er bereits im Jahr 2006 seinem Sohn Marius übertragen.
Der Werdegang
Bea Eccel, Jahrgang 1990, entstammt einer alten Bozner Kaufmannsfamilie, hat das Humanistische Gymnasium in Bozen besucht und dann in London Wirtschaft studiert. Diesen Studienzweig hat sie gewählt, weil der Vater ihr schon nach der Matura in Aussicht gestellt hatte, einmal die Lavarent zu übernehmen, ein Unternehmen, das Wäsche an Hotels und Restaurants verleiht und diese reinigt. Und für den Studienort London hat sie sich entscheiden, weil sie Englisch liebt und ihr die USA zu weit entfernt schienen.
Das, auf was es in der Leitung eines Unternehmens ankommt, lernt man bei der Arbeit in diesem.
2012 übernahm Kurt Eccel nach dem Abgang des damaligen Geschäftsführers selbst die Leitung der Großwäscherei Lavarent, die er 1993 erworben hatte. Davor trug der 1989 auf dem Gelände der ehemaligen Sarner Skifabrik entstandene Betrieb noch einen anderen Namen. Im Jahr 2012 trat auch Bea nach Abschluss ihres Bachelorstudiums in das Unternehmen ein und sammelte Arbeitserfahrungen in verschiedenen Abteilungen, bevor sie die Verkaufsabteilung umstrukturiert hat. Nebenbei machte sie in Mailand ihren Master. Das zählt für sie jedoch wenig. „Die Hochschule“, sagt sie, „vermittelt theoretisches Wissen. Aber das, auf was es in der Leitung eines Unternehmens ankommt, lernt man bei der Arbeit in diesem. Und im Umgang mit Menschen, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sollte eine Führungskraft jenes Fingerspitzengefühl haben, das ihr vielleicht ein klein wenig in die Wiege gelegt ist.“ Bei einem Rundgang durch den Betrieb gewinnen Besucher den Eindruck, dass die Chemie zwischen Chefin und Belegschaft stimmt.

Geschäftsführerin mit 28
Bea Eccel scheint sich bewährt zu haben, denn mit 1. Mai 2018 übertrug der Vater der damals 28-Jährigen die Geschäftsführung. Ein Jahr später erreichte der Betrieb wegen des boomenden Tourismus allmählich seine Kapazitätsgrenzen. Erste Ausbaupläne fielen aber im März 2020 ins Wasser, denn Lavarent musste in der Coronapandemie für insgesamt sieben Monate schließen, zumal auch die Kunden den Betrieb eingestellt hatten. Die Belegschaft wurde in die Lohnausgleichskasse überstellt. Nach einem Jahr lief das Geschäft aber wieder an und erreichte bald seinen ehemaligen Umfang. Ende 2023 wurde deshalb der Erweiterungsbau in Angriff genommen.
Bea Eccel ist eine der wenigen Frauen, die an der Spitze eines für Südtiroler Verhältnisse recht großen Unternehmens stehen.
Bea Eccel ist eine der wenigen Frauen, die an der Spitze eines für Südtiroler Verhältnisse recht großen Unternehmens stehen. Aber obwohl sie sich bereit erklärt hat, angehenden Kolleginnen in einem Mentoringprogramm des Beirats für weibliches Unternehmertum der Handelskammer Bozen Tipps zu geben, hält sie wenig von den ständigen Klagen über die besonderen Schwierigkeiten von Frauen, Spitzenposten zu besetzen. „Sicher“, sagt sie, „gibt es Branchen, in denen eine Frau zuerst einmal skeptisch beurteilt wird. Aber auch ein Mann muss sich zu Beginn hineinknien, muss beweisen, was er kann. Ich denke: Wer kompetent ist, setzt sich am Ende durch.“ Als wichtig bezeichnet sie es, Einblick in die Arbeitsabläufe aller Abteilungen zu haben, um nachvollziehen zu können, wo es Schwierigkeiten und Verbesserungspotenzial gibt. Die Geschäftsführerin hat unlängst den Führerschein C erworben, um auch einmal einen der 19 Lkw fahren zu können, mit denen die Wäsche bei den Kunden geholt und diesen wieder zugestellt wird. 80.000 Wäschestücke, das sind etwa 42 Tonnen, werden im Schnitt pro Tag verarbeitet.
Die menschlichen Ressourcen
Das Human Ressource Management ist eine zentrale Aufgabe in der Lavarent-Geschäftsführung. Es gibt immer weniger einheimische Mitarbeiter:innen (etwa 50 Prozent der Belegschaft kommen aus anderen Regionen oder aus dem Ausland). Das Unternehmen setzt zahlreiche Kleinbusse ein, um jene, die nicht im Sarntal wohnen, Tag für Tag nach Sarnthein und wieder nach Hause zu bringen. „Das Wohnungsproblem ist für manche von ihnen gravierend, zumal Einwanderer, die in Übergangsunterkünften wohnen, diese verlassen müssen, wenn sie Arbeit gefunden haben und über ein stabiles Einkommen verfügen“, betont Bea Eccel. Lavarent-Mitarbeiter:innen arbeiten in zwei Schichten zu je acht Stunden, die in der Hochsaison auch neun Stunden umfassen können, in der Nebensaison zuweilen auch nur sechs Stunden. Die Regelung über Arbeitszeitkonten ist mit den Gewerkschaften vereinbart worden.
Neben den Personalkosten schlagen die Energiekosten stark zu Buche. Lavarent erzeugt selbst Strom aus Flüssiggas, und ein Teil des Verbrauchs wird von einer Photovoltaikanlage geliefert.
Freizeit ist Einteilungssache
Bea Eccel sagt von sich, dass ihr Arbeitstag um sechs Uhr beginnt und mit Essenspausen bis 17 Uhr dauert. „Danach und an den Wochenenden bin ich nie im Unternehmen. Wenn man sich die Arbeit gut einteilt und den Tag strukturiert angeht, bleibt schon Zeit für andere Dinge.“ Die da wären: Bergwandern, Radfahren, Skitouren, ihre Hunde. „Ich bin“, sagt sie, „sehr gerne auch einmal alleine unterwegs. Da kann ich abschalten und meine Batterien aufladen.“
Vielleicht deshalb hat sie sich viel Humor bewahrt und für dieses Porträt scherzhaft den Titel „Das Sarner Waschweib“ vorgeschlagen.