Die Welt befindet sich in einem Umbruch, und im Zuge der Veränderungen erleben wir eine konstante Verschiebung von Wohlstand und Macht in aufstrebende Schwellenländer. Die reichen postindustriellen Staaten haben in den letzten 30 Jahren ständig über ihre Verhältnisse gelebt und ständig mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Im globalen Wettbewerb besitzen sie deshalb jetzt schlechte Karten, zumal die eigene Bevölkerung schon seit längerer Zeit nicht mehr über die Finanzkraft verfügt, die Staatsschulden zu finanzieren. Am stärksten kommen jene unter die Räder, die hoch verschuldet und zugleich in vielerlei Hinsicht ineffizient sind, darunter Italien. Die Anleger weltweit glauben immer weniger, dass die Politik die Lage noch beherrscht, und deshalb verlangen sie für italienische Schuldverschreibungen inzwischen hohe Risikoaufschläge; Zinsen von bald sieben Prozent kann Italien aber langfristig nicht zahlen, ohne auf einen Staatsbankrott zuzusteuern.
Was zu tun ist (und schnell zu tun ist), haben EU-Kommission, IWF und EZB genau gesagt – Als Empfehlung schon vor Jahren, als Diktat und Bedingung für jede weitere Hilfe zuletzt. Nur: Die Botschaft ist zwar angekommen, aber der Glaube, das Bewusstsein über den Ernst der Lage ist in Italien noch nicht angekommen. Statt die schlechten Karten offen auf den Tisch zu legen und in einem gemeinsamen Kraftakt mit harten Maßnahmen die Wende einzuleiten, verteidigen zu viele Parteien und gesellschaftliche Gruppen weiterhin Rechte, die angesichts der prekären Lage, und der leeren Staatskassen längst überholt sind: vom hemmenden Entlassungsschutz über die Dienstaltersrenten, von den Politikkosten bis zu tiefen Einschnitten beim unproduktiven öffentlichen Dienst, von den bürokratischen Belastungen der Unternehmen bis zum ungerechten Steuersystem muss – nach Verabschiedung von Notmaßnahmen – alles auf den Prüfstand. Aber anstatt zu handeln, verteidigen alle ihr Gärtchen, die einen das Arbeiterstatut, die anderen das Rentensystem, die dritten den Politikapparat.
Auch in Südtirol tun wir so, als könne mit dem Landeshaushalt alles weitergehen wie bisher – halt mit ein paar Prozent weniger. Wir rüsten uns nicht wirklich für das, was kommt, weshalb es uns schmerzlicher treffen wird als notwendig.