Bozen – Auf der Internetseite des Bozner Start-ups CORA GmbH – Markenname „CORA happywear“ – verrät Elisabeth Tocca, Geschäftsführerin und Gründerin des Unternehmens, dass ihre bisher mutigste Tat die Gründung ihrer eigenen Firma war. Und so steckt der Mut bei CORA auch im Namen, handelt es sich dabei doch um eine Abkürzung von „coraggio“, dem italienischen Wort für Mut.
„2013 – damals habe ich noch beim Bergsportunternehmen Salewa gearbeitet – habe ich nachts am Business Plan für meine Geschäftsidee geschrieben, bis schließlich nur noch ein Name gefehlt hat“, erinnert sich Tocca. „Am Jahrestag des Todes meines Vaters hat der Priester in der Kirche dann über den ‚coraggio‘, den es braucht, um Dinge zu verändern, gesprochen. Da dachte ich mir, das würde auch zu meinem Schritt in die Selbstständigkeit und zu meinem Unternehmen passen.“ Schließlich wurde daraus die eingängige und international verständliche Abkürzung CORA, ergänzt mit happywear, frei aus dem Englischen übersetzt: Kleidung, die glücklich macht.
Glücklich machen soll die CORA-Kleidung dank biologischer Naturmaterialien wie Eukalyptus- oder Buchenholzfaser nicht nur die Träger (Babys, Kinder und Frauen), sondern auch sozial Benachteiligte. „Mit einem Teil des Gewinnes von jedem verkauften Teil finanzieren wir einem Kind aus einem weniger privilegierten Land die Schule“, sagt Tocca, Jahrgang 1974 und Mutter von zwei Kindern.
Neben innovativen Materialien setzt CORA auf einen besonderen, sehr stark auf das Digitale ausgerichteten Vertriebsweg. Im Mittelpunkt stehen dabei Influser, User bzw. Nutzer, die die Produkte in der analogen Welt weiterempfehlen, eine Ableitung von Influencern, die Konsumenten über digitale Kanäle beeinflussen. Im Falle von CORA sind die Influser Frauen, die von zu Hause aus arbeiten, die sogenannten Lifestylerinnen, von denen jede auch ein eigenes Micro-Onlineportal hat. „Es geht dabei nicht allein um den Verkauf, sondern auch um geteilte Werte: Mut, Leidenschaft, Gemeinschaft, Verantwortung und Respekt“, sagt Tocca und ergänzt: „Wobei die gemeinsamen Werte einen speziellen Stellenwert einnehmen, bei den rund 280 Lifestylerinnen, die derzeit in ganz Italien für uns tätig sind.“
Die Werte waren es, die dazu geführt haben, dass Tocca CORA gründete. „Die Geburt meiner Tochter war für mich ein ausschlaggebender Moment“, so Tocca. „Die Frage ‚Was kann ich tun, um für meine Kinder Spuren zu hinterlassen?‘ hat mich immer mehr beschäftigt; irgendwann habe ich auch meine berufliche Laufbahn infrage gestellt.“ Durch ihren Wechsel von der Lebensmittel- in die Bekleidungsbranche habe sie dann begonnen, sich intensiver mit dem Thema Bekleidung zu beschäftigen. „Der Bekleidungsmarkt bietet heute alles, zu jedem Preis, immer und überall. Ein Trend, der gesamte Volkswirtschaften verändert hat – der allerdings nicht ewig so weitergehen kann und wird, auch weil immer mehr Müll im Sektor anfällt“, ist Tocca überzeugt. Schließlich sei die Geschäftsidee an einem Weihnachtsabend beim „Weltverbesserungsphilosophieren“ mit ihrem Bruder Daniel entstanden, dem Gründer von Re-bello, einem jungen Südtiroler Unternehmen, das ebenfalls nachhaltige Mode produziert. „Es gibt immer mehr Menschen“, unterstreicht Elisabeth Tocca, „die auch bei den Kleidern genauer hinschauen. Wenn man gezielt diese stetig wachsende Gruppe anspricht, gibt es – dank Web – Möglichkeiten, erfolgreich zu sein, trotz der starken Fragmentierung im Bekleidungssektor.“
Gegründet hat Elisabeth Tocca, die an der Universität Innsbruck Amerikanistik/Anglistik, Romanistik und Marketing studiert hat und dann in verschiedenen Südtiroler Betrieben tätig war, CORA happywear im Jahr 2014 gemeinsam mit vier Südtiroler Business Angels, inzwischen ist auch ein großer Investor – ebenfalls Südtiroler – eingestiegen. Tocca selbst ist seit der Gründung in Vollzeit für ihr Unternehmen tätig. Neben ihr gibt es noch zwei weitere fixe Mitarbeiter, für Design, Grafik und E-Commerce sowie die Produktion wird auf externe Ressourcen zurückgegriffen.
Und wo möchte Elisabeth Tocca mit CORA happywear hin? „In drei Jahren sollen die Märkte Italien und DACH gefestigt sein“, so die Start-upperin, fügt aber an: „Unsere Vertriebsart braucht sehr viel Struktur und Organisation, deshalb kann Wachstum nur relativ langsam erfolgen.“ Auf den italienischen und die deutschsprachigen Märkte sollen Europa und schließlich auch andere Kontinente folgen. „CORA soll sich zu einem Marketplace für Familien entwickeln, die respektvoll einkaufen wollen“, sagt Tocca. „Und wenn es – vielleicht in zehn Jahren? – groß genug sein wird, könnte ich mich meinem Charity-Traumprojekt widmen: Schulen in weniger privilegierten Ländern aufzubauen.“
Bis dahin muss wohl noch das eine oder andere Hindernis aus dem Weg geräumt werden – doch Tocca lässt sich von Schwierigkeiten nicht aus der Bahn werfen. „Die Kurve der Erfolge und Misserfolge ist wie eine Achterbahn“, sagt die Boznerin. „Es gibt laufend Erfolge, die für das ‚Benzin‘ im Alltag sorgen – und Misserfolge, aus denen man lernt.“
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