Bozen/Hamburg – Ein gebürtiger Olanger ist derzeit einer der erfolgreichsten Fernsehmoderatoren Deutschlands: Markus Lanz. Drei Mal pro Woche läuft spätabends im ZDF seine Talkshow, die heißt wie er. Damit gehört Lanz zu den ganz wenigen Fernsehmoderatoren, die eine Sendung mit ihrem Namen haben. Auch führt Markus Lanz durch andere Sendungen, letzthin etwa durch den ZDF-Jahresrückblick. Die Kultshow „Wetten, dass…?“ hat er ebenfalls moderiert. Immer freitags diskutiert er im Podcast „Lanz & Precht“ mit dem Philosophen Richard David Precht über aktuelle Themen.
Nun hat sich Markus Lanz, der einst beim Privatsender RTL begonnen und nach 13 Jahren zum ZDF gewechselt war, für den SWZ-Podcast Zeit genommen. Er erzählt, wie er sich auf seine Talkshow vorbereitet, wie ein typischer Sendetag aussieht, wie er als öffentliche Person in einer polarisierten Gesellschaft die – zum Teil heftige – Kritik aushält, ob er ungestört auf die Straße gehen kann und wie er seine Heimat Südtirol – von der er immer noch in Wir-Form spricht – von außen sieht. In der Podcast-Folge inbegriffen sind Weihnachtswünsche von Markus Lanz im Pusterer Dialekt.
Es gibt wirklich wenige so schöne Flecken wie dieses kleine Südtirol. Dann stellt sich die Frage, ob man sich so verhalten sollte, als hätte man noch ein zweites Südtirol im Keller.
Nachfolgend ein Gesprächsauszug, in dem es um Südtirol geht, wo Lanz laut eigenen Aussagen „so oft es geht“, „aber viel zu wenig“ ist.
SWZ: Wie erleben Sie Südtirol sozusagen von außen?
Markus Lanz: Wenn man von dort kommt, wenn man selber Teil davon ist, dann darf man – glaube ich – auch mal ein bisschen deutlicher werden in der Kritik, weil’s immer liebevoll gemeint ist. Südtirol ist ein unglaublich schöner Flecken Erde und vielleicht einer der schönsten überhaupt. Ich habe viele schöne Landschaften gesehen durch meinen Beruf und durch Reisen, die ich gemacht habe. Wenn du zurückkommst, wird dir immer wieder klar: Es gibt wirklich wenige so schöne Flecken wie dieses kleine Südtirol. Dann stellt sich die Frage, ob man sich so verhalten sollte, als hätte man noch ein zweites Südtirol im Keller. Ich bin der Auffassung, man sollte das nicht tun, weil es kein zweites Südtirol im Keller gibt. Will heißen: Wir werden Antworten finden müssen auf den Wahnsinnsverkehr in unserem Land, wir werden Antworten finden müssen auf die Frage, wie viele riesige Hotelbauten wir noch haben wollen, wir werden Antworten finden müssen auf die Frage, ob wirklich auf jeden Pass jeder Motorradfahrer fahren darf. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir die Antworten schon gefunden haben.
Muss Südtirol aufpassen, nicht am eigenen Erfolg zugrunde zu gehen?
Ein bisschen. Südtirol ist Opfer seines eigenen Erfolgs. Das hat auch irgendwie etwas Tragisches, denn die Südtirolerinnen und Südtiroler haben mit unglaublichem Fleiß, mit Kreativität und mit einer beeindruckenden Aufbauleistung aus diesem Land richtig was gemacht. Aber sie sind auch dabei, einen Preis dafür zu bezahlen. Ich habe in den letzten Jahren vermehrt von Einheimischen den Satz gehört: „Es ist ja alles nur noch für Touristen.“ Das ist ein Problem. Wenn die eigene Bevölkerung irgendwann glaubt, dass alles nur noch für Touristen ist, dann wird’s schwierig. Dann kann man der Bevölkerung natürlich sagen: „Davon profitierst du indirekt ja auch.“ Aber es geht halt um viel mehr. Es geht auch um Identität. Die Menschen erleben zum Teil die Politik als dysfunktional. Man muss aufpassen, dass man eine Infrastruktur und letzten Endes auch eine Bevölkerung nicht überfordert.
Die Frage ist, wie es Südtirol gelingen konnte, von einer armen Region zu einer der reichsten Regionen Europas aufzusteigen: War es Glück, war es Fleiß …
… es war Tüchtigkeit und natürlich das Glück, in dieser atemberaubend schönen Landschaft zu leben. Stellen Sie sich jemanden vor, der aus dem Ruhrgebiet kommt: Der will doch nicht weiteres Zugebautes sehen, sondern was ganz anderes. Für mich ist der Pragser Wildsee ein Beispiel dafür. Im vorderen Teil des Sees den ganzen dunklen Wald abzuholzen, um Parkplatz zu schaffen, das ist etwas, worüber man hätte nachdenken müssen. Denn Teil des Zaubers dieses schönen Sees war genau dieser dunkle Wald. Der Wald gehört zum See, und der See gehört zum Wald. Dahinter ist der Seekofel. Das gehört alles zusammen. Da denke ich manchmal, das muss man doch begreifen.
Abrufbar unter swz.it/podcast
Das gesamte Gespräch mit Markus Lanz kann – genauso wie alle bisherigen Episoden des SWZ-Podcasts – unter swz.it/podcast abgerufen werden oder hier, ebenso über Spotify, Apple Podcasts und Google Podcasts.
Neue Folgen von „Die SWZ trifft“ gibt es ebendort jeden zweiten Freitag.