Bozen – Rund um die Diskussion um leistbares Wohnen und die möglichen Wege zur Erreichung dieses Ziels hat sich das Arbeitsförderungsinstitut (Afi) eingeschalten. Am Mittwoch veranstaltete es ein Webinar mit vier Experten zum Konzept des gemeinnützigen Wohnbaus nach österreichischem Vorbild. Nachgegangen wurde insbesondere der Frage, inwiefern dieser Ansatz in Südtirol marktverändernd bzw. preisdämpfend wirken könnte.
„In Österreich“, so das Afi, „gibt es seit 1979 das sogenannte Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften absteckt. Konkret geht es darum, dass Genossenschaften, Stiftungen oder Kapitalgesellschaften leistbaren und sozialverträglichen Wohnraum errichten und nach dem Kostendeckungsprinzip bereitstellen.“
In Österreich lebe rund ein Viertel aller Haushalte in Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen, in denen die Mieten etwa 20 Prozent unter denen von gewinnorientierten Anbietern liegen. Doch der ökonomische Vorteil gehe über die betroffenen Mieter:innen hinaus.
Das sagen österreichische Experten
„Wir haben herausgefunden, dass ein höherer Anteil gemeinnütziger Bauvereinigungen nachweislich zu einer Preisdämpfung auch auf dem privaten Mietmarkt führt. Eine Steigerung des ‚Gemeinnützigen-Anteils‘ um zehn Prozent kann die Mieten auf dem freien Markt durchschnittlich bereits um 30 bis 40 Cent pro Quadratmeter senken“, erklärte Michael Klien, Ökonom am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung.
Mit dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz werde außerdem sichergestellt, dass das Kostendeckungsprinzip gewahrt wird, der Veräußerung enge Grenzen gesetzt werden und die öffentliche Verwaltung die notwendigen Kontrollen durchführt. „Im Gegenzug erhalten die gemeinnützigen Bauträger steuerliche Vorteile und einen erleichterten Zugang zu öffentlichen Förderungen“, so Klien.
Gerald Kössl vom Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen, mahnte: „In Österreich ist der gemeinnützige Wohnbau zu einer zentralen Säule auf dem Wohnungsmarkt geworden. Doch es braucht einen langen Atem. Eine nachhaltige Wohnversorgung kann nicht von heute auf morgen erreicht werden, sondern es sind langfristige Anstrengungen von verschiedenen Akteuren notwendig.“
In Südtirol umsetzbar?
Gottfried Tappeiner, Professor an der Universität Innsbruck, meinte auf die Frage, ob das österreichische Modell des gemeinnützigen Wohnbaus auch auf Südtirol umgemünzt werden kann: „Südtirol braucht neue Ideen, insbesondere um leistbare Mietwohnungen auf den Markt zu bringen. Der gemeinnützige Wohnbau kann hier, neben anderen Maßnahmen, durchaus die notwendigen Impulse setzen. Selbstverständlich wären bei der Umsetzung aber lokale Rahmenbedingungen mitzudenken und gegebenenfalls anzupassen.“
Tappeiner hob vor allem die Rolle der Gemeinden in der Umsetzung künftiger Wohnbauprojekte hervor: Diese könnten Projekte unterstützen, indem sie kostengünstigen oder kostenlosen Baugrund zur Verfügung stellen.
Leonhard Resch, Referatsleiter der Arche im KVW, berichtete über ein möglicherweise zukunftsweisendes Pilotprojekt in Brixen: „Wir versuchen damit in eine ähnliche Richtung zu gehen wie in Österreich und gleichzeitig das Potential des gemeinnützigen Wohnbaus in Südtirol auszuloten. Doch aller Anfang ist schwer. Wir mussten viele Hürden überwinden, haben aber auch immer die Unterstützung der Gemeinde erhalten.“
Für die Zukunft wünscht sich Resch, dass auch andere Gemeinden mitziehen und vielleicht auch bei der Finanzierung noch stärker mithelfen – etwa indem sie den Erlös für die Vergabe des geförderten Baulandes wieder in die Stiftung einbringen. Schon einmal positiv hervorzuheben sei, dass die geplanten Förderungen für gemeinnützige Bauträger im erwarteten Sammelgesetz zum Wohnbau in die richtige Richtung weisen würden.