Bozen/Trient – Fast stündlich gibt es derzeit neue Erkenntnisse, aber auch neue Mutmaßungen in jenem Fall, der am Dienstag dieser Woche eingeschlagen hat wie eine Bombe. Acht Personen wurden unter Hausarrest gestellt, darunter der bekannte Bozner Wirtschaftsberater und Unternehmer Heinz Peter Hager (als erste wurde am Freitagnachmittag Cristina Santi, die Bürgermeisterin von Riva del Garda, aus dem Hausarrest entlassen), gegen 77 Personen laufen Ermittlungen. Am Dienstag wurden zahlreiche Hausdurchsuchungen durchgeführt, um bestätigende Beweise für die Vorwürfe zu sammeln.
Die Vorwürfe wiegen schwer
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft von Trient wiegen nämlich tonnenschwer und sind das Ergebnis von mehrjährigen Untersuchungen im Zusammenhang mit Immobilienprojekten im oberitalienischen Raum. Die Rede ist von der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, unrechtmäßiger Parteienfinanzierung, unzulässiger Einflussnahme, Betrug, unrechtmäßigem Bezug von Leistungen zum Nachteil des Staates sowie von verschiedenen Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung. Die Rede ist auch von Korruption, unzulässiger Veranlassung zu Handlungen, Offenlegung von Amtsgeheimnissen und Unterlassung von Amtshandlungen, von Verstößen gegen steuerrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte. Das volle Programm eben.
Den Beschuldigten werden im knapp 1.200 Seiten starken Ermittlungsbericht mafiöse Methoden vorgeworfen, das ist ein besonders schwerwiegender Vorwurf.
Den Beschuldigten werden im knapp 1.200 Seiten starken Ermittlungsbericht mafiöse Methoden vorgeworfen, das ist ein besonders schwerwiegender Vorwurf.
Die Arbeit der Medien
Zwar wird in allen Medienberichten derzeit betont, dass für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung gilt. Das hindert aber nicht daran, die Personen durch den journalistischen Fleischwolf zu drehen, was höchst unangenehm für die Betroffenen ist (vor allem, falls die Anschuldigungen letztendlich widerlegt werden sollten), aber in solchen Fällen wohl unvermeidbar.
Die Öffentlichkeit will wissen, was passiert ist, und die Medien versuchen, ihrem Informationsauftrag gerecht zu werden – manche sensationsheischend, manche sachlicher.
Die Öffentlichkeit will wissen, was passiert ist, und die Medien versuchen, ihrem Informationsauftrag gerecht zu werden – manche sensationsheischend, manche sachlicher. Einige Personen, die in die Schlagzeilen geraten sind, haben sich auch bereits zu Wort gemeldet und ihre Unschuld betont. Das tut auch Carlo Bertacchi, der Anwalt von Heinz Peter Hager: Sein Mandant habe keine Straftaten begangen, sagt er.
Heinz Peter Hager polarisiert seit jeher
In Südtirol konzentriert sich das Medieninteresse auf ebendiesen Heinz Peter Hager. Hager hat sich zunächst als Wirtschaftsberater einen Namen gemacht und ist später ins Immobiliengeschäft eingestiegen, zum Teil an der Seite von Renè Benko, zum Teil auf eigene Faust. Er ist leidenschaftlicher Kunstsammler und gilt als Vielarbeiter („Menschen, die sich das ganze Jahr auf den Urlaub im Sommer freuen und untertags nur auf den Feierabend warten, kann ich einfach nicht verstehen“, sagte er im SWZ-Podcast).
Den einen gilt er als fleißiger und vor allem genialer Geschäftsmann. Für die anderen ist er ein suspekter Strippenzieher.
Hager ist einer, der seit jeher polarisiert. Den einen gilt er als fleißiger und vor allem genialer Geschäftsmann. Für die anderen ist er ein suspekter Strippenzieher. Dass er ein begnadeter Netzwerker ist und auch in der Landespolitik alle wichtigen Personen persönlich kennt, ist unbestritten – aber damit ist er im kleinen Land Südtirol beileibe nicht der einzige. Freilich erscheint jetzt in einem neuen Licht, dass er Wahlkampfspenden für die SVP geleistet (und daraus keinen Hehl gemacht) hat und dass er 2018 als Nicht-SVP-Mitglied im Spendenkomitee der Partei saß. Entsprechend werden jetzt Forderungen laut, Landeshauptmann Arno Kompatscher müsse zurücktreten, weil ein ungesundes Nahverhältnis mit Heinz Peter Hager nicht von der Hand zu weisen sei.
Wie geht die Sache aus?
Wie die Sache für Heinz Peter Hager und die anderen Beschuldigten ausgeht, kann noch niemand sagen – selbst wenn einige so tun, als könnten sie es. Es wird sich zeigen, ob da ein handfester Skandal aufgedeckt wurde, ob tatsächlich mafiöse Methoden angewandt wurden, ob Gelder geflossen sind, wer mit drinsteckt, ob versucht wurde, auf Entscheidungen von Politik und Verwaltung Einfluss zu nehmen (es geht um die Art und Weise, denn dass versucht wird, auf informellem Wege Überzeugungsarbeit zu leisten und Einfluss zu nehmen, ist überall auf der Welt gang und gäbe!) oder ob die Sache kleiner ist als derzeit angenommen. Für die Staatsanwaltschaft von Trient und die Ermittlungsbehörden freilich wäre das höchst peinlich.
Dass Hager und sieben weitere Personen unter Hausarrest gestellt wurden, hat Eindruck gemacht, denn Hausarrest ist eine harte Maßnahme, die nicht einfach so aus einer Laune heraus ergriffen wird.
Fakt ist: Dass Hager und sieben weitere Personen unter Hausarrest gestellt wurden, hat Eindruck gemacht, denn Hausarrest ist eine harte Maßnahme, die nicht einfach so aus einer Laune heraus ergriffen wird.
Klar ist in der Angelegenheit derzeit wenig. Nur dass die Arbeiten am Waltherpark im Bozner Zentrum derzeit gut sichtbar weiterlaufen. Eine Teileröffnung des Megakomplexes mit Kaufhaus, Büros, Wohnungen, Tiefgarage und einem Hotel ist für Frühjahr geplant.
Heinz Peter Hager war auch im SWZ-Podcast schon zu Gast. Dort erzählte er, was ihn laut seinem Selbstverständnis erfolgreich macht und wie er mit 50 eine schlimme Krankheit besiegt hat.