Die von der Regierung Meloni geplante Erhöhung der Gewinnsteuer auf Kryptowährungen von 26 auf 42 (!) Prozent mag zwar kurzfristig viel Geld in die angeschlagenen Staatskassen spülen, könnte sich aber als Bärendienst für die Zukunft Italiens erweisen. Dazu vorab ein kurzer Rückblick: Bis vor zwei Jahren wurden Bitcoin und Co. in Italien steuerlich noch als Fremdwährung behandelt – so als ob man US-Dollar in bar halten würde. Zu besteuern waren bis dahin nur Gewinne im Falle von Investitionen von mehr als rund 50.000 Euro. Seit Jänner 2023 werden Kryptogewinne gleich wie Finanzerträge besteuert – also mit 26 Prozent, sofern sie 2.000 Euro im Jahr nicht übersteigen. Daran gibt es wenig auszusetzen, denn Investitionen in Kryptowährungen können durchaus als Finanzanlagen betrachtet werden. Wer damit Geld verdient, soll wie bei anderen Investitionen Steuern zugunsten der Allgemeinheit zahlen.
Mit der geplanten Erhöhung auf 42 Prozent entfernt sich die Regierung aber von jeglicher Verhältnismäßigkeit. Diese Steuererhöhung, die wohl nur darauf abzielt, schnell Kasse zu machen, betrifft in Italien je nach Schätzung zwischen zwei und vier Millionen Krypto-Investierende, Tendenz stark steigend. Viele von ihnen nutzen Kryptowährungen nur als reine Spekulationsprodukte für schnelle Gewinne, aber gerade Bitcoin wird aufgrund seiner mengenmäßigen Limitierung immer häufiger als langfristiger Schutz vor Inflation und somit als neue Möglichkeit des Sparens angesehen.
Für betroffene Italiener:innen, die im Stiefelstaat wenig Perspektiven für sich sehen, ist die 42-Prozent-Steuer ein weiterer Grund, ihrer ohnehin abwanderungsgeplagten Heimat den Rücken zu kehren. Und für potenzielle Rückkehrer:innen, die Ersparnisse in Bitcoin und Co. haben (was wohl auf manch Auslandssüdtiroler:in zutrifft), gesellt sich die hohe Gewinnsteuer zu den Gegenargumenten für eine Rückkehr.
Wissen Sie, wie hoch die Steuer auf Kryptogewinne in Deutschland ist – einem Land, das nicht gerade als Steueroase und genauso wenig als kryptofreundlich bekannt ist? Wer in Deutschland Kryptowährungen weniger als ein Jahr hält, muss etwaige Gewinne dem normalen Einkommen anrechnen und darauf den persönlichen Einkommensteuersatz zahlen. Werden Gewinne aber erst nach der Haltefrist von lediglich einem Jahr realisiert, sind sie völlig steuerfrei. Das heißt: In Italien zwackt der Fiskus von einem Gewinn von 10.000 Euro künftig 4.200 Euro ab, in Deutschland hingegen mitunter null Euro. Freilich kann sich die Steuergesetzgebung in Deutschland jederzeit ändern, doch die Signalwirkung Italiens ist allemal fatal.
Mit seiner unverhältnismäßig hohen Steuer von 42 Prozent treibt das wachstumsschwache Italien nicht nur den Exodus junger Menschen weiter an, sondern verschließt sich auch einer weltweiten Zukunftstechnologie (wenngleich sie sich in praktischen Anwendungen noch nicht wirklich durchgesetzt hat). In Italien gibt es zahlreiche Start-ups rund um die Blockchain-Technologie und den Bitcoin-Kosmos. Sie könnten sich nach offeneren Standorten umsehen, die es zur Genüge gibt. Innovative Köpfe und Investitionskapital entfalten sich dann anderswo.