Das Abkommen zwischen der SVP und dem PD hat es in sich, da es viel Interpretationsspielraum bietet. Während Obmann Richard Theiner und die Mehrheit der Partei darin das Fundament für ein drittes, besseres Autonomiestatut sehen, meinen Kritiker, es handle sich um die Aufgabe der Selbstständigkeit der Partei in strategischen wie ideologischen Fragen – und das gegen insgesamt magere Zugeständnisse.
Von Bedeutung ist, dass Südtirol die Kompetenz für die Steuereinhebung übernehmen soll. Damit wird das derzeitige Prinzip umgekehrt. In Zukunft kassiert das Land und gibt dem Staat, was des Staates ist. Rom kann nicht mehr eigenmächtig einfach Geld zurückhalten. Allerdings bleibt das Abkommen sehr schwammig in der Definition dessen, was dem Staat zusteht. Die SVP hat eingewilligt, dass sich das Land an den Zinszahlungen für die riesigen Staatsschulden beteiligt, was einer Kehrtwende gleichkommt, denn die Partei und Landeshauptmann Luis Durnwalder vertraten bisher immer den Standpunkt, dass Südtirol die Staatsschulden nicht verursacht hat, sondern nur aus Gründen der Solidarität bereit ist, zur Sanierung des Staatshaushaltes beizutragen. Nun soll das Land zahlen, bis die Gesamtverschuldung auf 60 Prozent des BIP verringert worden ist. Wie groß der Anteil sein muss, ist (leider) nicht definiert, was erwarten lässt, dass die Summe entweder am BIP- oder am Bevölkerungsanteil bemessen wird, was bei rund 90 Milliarden Zinszahlungen im Jahr zwischen 700 Millionen und über einer Milliarde ausmachen würde. Natürlich können es auch weniger sein, aber da im Abkommen nichts darüber steht, ist dies reine Spekulation.
Dazu kommt, dass die Finanzbestimmungen des Autonomiestatuts mit einfachem Staatsgesetz festgelegt und geändert werden können, sodass es keine Sicherheit darüber gibt, wie Rom in näherer oder fernerer Zukunft entscheidet.
Schließlich wird die Übernahme der Zuständigkeit für die Steuereinhebung skeptisch gesehen. Wenn in Südtirol mit deutscher Gründlichkeit und damit weit rigoroser kontrolliert und kassiert wird als in anderen Regionen, dürfte das Geld reichlich zum Land fließen. Ob den Südtirolern und der Gerechtigkeit damit Genüge getan wird, ist eine andere Frage.