Bozen – Kaum etwas beeinflusst unseren Alltag so stark wie das Wetter. Es wirkt sich auf unser Konsumverhalten aus, beeinflusst, wie wir uns fühlen, was wir anziehen, essen und trinken, was wir in unserer Freizeit unternehmen und wie wir uns von A nach B bewegen. In Südtirol gibt es durchschnittlich rund 300 Sonnentage pro Jahr, auch deshalb ist die Lebensqualität so hoch und der Andrang der Urlauber so groß. Dass das Wetter auch anders kann, zeigte der diesjährige Mai, der etwa drei Grad Celsius kühler war als im Durchschnitt und somit der kälteste seit 1991. Dafür verantwortlich war eine stabile, langanhaltende Wetterlage über Europa mit Kaltluft aus dem Norden und einem Mittelmeertief, das für Niederschlag sorgte, wie Landesmeteorologe Dieter Peterlin erklärt. Sommerliche Gefühle kamen da keine auf. „An den vier Sonntagen im Mai könnte die Sonne in Bozen über 52 Stunden lang scheinen, heuer sah man sie aber gerade einmal 7 Stunden“, schreibt Peterlin auf Twitter.
Einige wenige dürfte der bockige Mai immerhin gefreut haben, Allergiker zum Beispiel. Die Pollenbelastung ist nach einem Niederschlag deutlich geringer als bei gutem Wetter. Den meisten schlug der Dauerregen dann doch aufs Gemüt, manch anderem vermieste er die Arbeit bzw. das Geschäft.
Für die Hoteliers und Gastwirte etwa habe es ein klares Minus bei den Ankünften und Nächtigungen gegeben, sagt HGV-Präsident Manfred Pinzger. Die für das Frühjahr üblichen kurzfristigen Buchungen seien zurückgegangen, da sich die Touristen aufgrund des schlechten Wetters für andere Destinationen entschieden hätten. Nun hoffe die Branche auf die kommenden Monate. „Aufzuholen ist dieses Minus aber nicht mehr“, resümiert Pinzger.
Auch in anderen Branchen hätte man sich besseres Wetter gewünscht. In der Landwirtschaft zitterten viele Bauern ob des Frostalarms, der in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai herrschte, als sich kalte, schwere Luft in den Tälern angesammelt hatte. Sowohl mit Frostschutzberegnung als auch mit Paraffin-Kerzen versuchten die Landwirte, die Pflanzen vor der Kälte zu schützen. Die überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen in den darauffolgenden Wochen seien ebenfalls „nicht sehr dienlich“ gewesen, sagt Georg Kössler, Obmann des Verbands der Südtiroler Obstgenossenschaften. Dennoch sei das Fazit am Ende des Monats insgesamt positiv, da bisher keine Schäden gemeldet wurden. Leo Tiefenthaler, Obmann des Südtiroler Bauernbundes, will ebenfalls nicht klagen: „Falls es beim angekündigten guten Wetter bleibt, waren die Niederschläge sicher nicht schlecht für die Natur.“ Dadurch, dass der Regen sehr regelmäßig gefallen ist, hätte ihn der Boden gut aufnehmen können, Quellen und Grundwasser hätten sich füllen können. Nun hoffe die gesamte Landwirtschaft aber auf gutes Wetter.
Nicht anders ergeht es den Unternehmen in der Baubranche. Hubert Gruber, Obmann der Baugruppe im lvh, berichtet: „Wir sind bei vielen Baustellen mindestens zwei Wochen in Verzug.“ Einzelne regnerische Tage könne man so planen, dass eher Innenarbeiten erledigt werden, doch nicht so bei einer Schlechtwetterperiode. Immerhin seien die Prognosen deutlich zuverlässiger als früher, sagt Gruber.
Möglichst genau zu wissen, wie das Wetter wird, ist für viele Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen enorm wichtig. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hat gar berechnet, dass 80 Prozent der Wirtschaft weltweit vom Wetter abhängt. Kein Flugzeug startet ohne Wettervorhersage, die Stromanbieter machen ihre Preise davon abhängig, Versicherungen stellen anhand von meteorologischen Daten fest, ob Hagelschäden zu erstatten sind. Meteorologen haben in der Zeitschrift Nature beschrieben, wie sich die Vorhersagen still und stetig verbessern. „Das, was wir heute fünf Tage vorhersagen können, konnte man vor zehn Jahren nur vier Tage vorhersagen“, bestätigt Dieter Peterlin. Bessere Wetterdaten und Computer mit größerer Rechenleistung haben dazu beigetragen, vor allem aber auch, wie die Daten in die Modelle eingebaut werden.
Die Zuverlässigkeit gilt freilich nicht für alle Anbieter von Wettervorhersagen. Google etwa nutzt automatisch ausgewertete Daten – was dazu führt, dass oft Meldungen generiert werden, die teils absurd erscheinen (siehe dazu „Frost im Mai“ in SWZ Nr. 21/18, nachzulesen in der SWZapp oder über SWZonline).
Insgesamt aber zeichne sich als Trend ab, dass die Prognosen in Zukunft noch besser werden, betont Peterlin. Kein Wunder, das Wetter geht uns schließlich alle etwas an.